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Die schoene Helena

Titel: Die schoene Helena
Autoren: Jacqueline Navin
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bringen, indem Sie auf meine Habgier anspielen.“
    „Wirklich nicht?“
    „Wie raffiniert Sie sind!“, stieß er zwischen den Zähnen hervor.
    „Wurde das nicht erwähnt, als man in London meine Schönheit und meinen Geist rühmte?“
    „Ihre Schönheit und Ihren Charme. Auf gewisse andere Dinge wurde ich allerdings nicht hingewiesen.“
    Ihre Mundwinkel bebten. Dann presste sie die Lippen zusammen und bezähmte jedes Anzeichen einer schwachen Belustigung. „Sicher zürnen Sie den Leuten, die Sie hierhergeschickt haben.“
    „Im Augenblick gelten meine Gedanken nur Ihnen.“
    „Ja, selbstverständlich ... Aber Sie können mich wohl kaum entführen und zur Heirat zwingen.“
    „Da mich Ihr Vater für einen geeigneten Bewerber hält, sollten Sie seine Meinung ernst nehmen.“
    Verächtlich schüttelte sie den Kopf. „Mein Vater ist ein Trunkenbold, der seine Liebe zu mir längst im Whisky ertränkt hat.“
    „Mir erschien er sehr vernünftig. Immerhin nahm er mir das Versprechen ab, Sie gut zu behandeln, Lady Helena, Sie nicht allein zu lassen und ... für Ihre Bedürfnisse zu sorgen.“
    „Wunderbar!“ Aus ihren Augen schienen blaugrüne Funken zu sprühen. „Dann ist ja alles geregelt.“
    „Dieser Sarkasmus steht Ihnen nicht.“ Ganz im Gegenteil -sobald ihre Gesichtszüge Gefühle verrieten, wirkten sie sehr ausdrucksvoll. Viel lebhafter. Er musterte wieder ihre kleinen Brüste, die schmale Taille. Was war bloß in ihn gefahren? Warum fragte er sich, wie dieser gertenschlanke Körper nackt aussehen würde? Nur Haut und Knochen? Würden rosige Knospen ihre Brüste schmücken? Würden sanft geschwungene Hüften die Liebkosung eines Mannes herausfordern?
    „Wie schade!“, spottete sie. „Wo ich mich doch so bemühe, Ihnen zu gefallen!“
    Über seine eigenen Gedanken erschrocken, riss er sich zusammen. Helena gehörte keineswegs zu dem Frauentyp, der ihn normalerweise reizte. Dafür war sie viel zu hochnäsig und zu dünn. „Jedenfalls beeindrucken Sie mich.“
    „Warum sollte mich das interessieren? Die Meinung anderer Leute ist mir längst egal.“
    „Offensichtlich“, erwiderte er gedehnt.
    „Gar nichts dürfen Sie für offensichtlich halten, Mr Mannion. Nichts in diesem Haus ist so, wie es scheint. Falls Sie einen guten Rat annehmen wollen ... verlassen Sie Rathford Manor so schnell wie möglich, und seien Sie froh, dass Sie ungeschoren davonkommen.“
    „Tut mir leid, Helena, ich bleibe hier.“
    „Soviel ich mich entsinne, habe ich Ihnen nicht erlaubt, mich mit meinem Vornamen anzureden.“
    „Finden Sie das unpassend, obwohl wir bald heiraten werden?“
    „Oh, ich habe mich keineswegs bereit erklärt, Sie zu heiraten!“ Entrüstet begann sie umherzuwandern. „Sie haben keine Ahnung, worauf Sie sich einlassen ... Sie wissen nichts ... Vielleicht werden Sie Ihr fabelhaftes Abkommen mit meinem Vater bald bereuen.“
    „Was weiß ich nicht? Warum Sie sich mit Ihrem Vater in diesem halb verfallenen Haus verkriechen? Nun, dieses Rätsel werde ich in absehbarer Zeit lösen.“ Verwirrt wandte sie sich zu ihm, und er empfand den sonderbaren Wunsch, sie zu trösten. Stattdessen 'fügte er in scharfem Ton hinzu: „Soll ich Sie wirklich diesem trostlosen Leben ausliefern? Gefällt es Ihnen so gut? “ Mit bebenden Fingern griff sie an ihre Kehle. „Vermutlich hat Ihr Vater nur deshalb meinen Antrag für Sie angenommen, um Ihnen eine etwas angenehmere Zukunft zu ermöglichen. Werden Sie seinen Wunsch erfüllen? Heiraten Sie mich? Sie sind doch eine pflichtbewusste Tochter, nicht wahr?“
    Mit großen Augen starrte sie ihn an, und er erkannte ihre Verletzlichkeit. In diesem Moment gewann er den vagen Eindruck, dass sie ihn brauchte. Eine erregendes Machtgefühl stieg in ihm auf.
    Entschlossen verdrängte er seine Gewissensqualen und nutzte die Gunst der Stunde. „Werden Sie mich heiraten?“, wiederholte er. Angespannt wartete er auf die Antwort.
    Angst und Resignation schienen ihren Kampfgeist zu verdrängen. Kraftlos und resignierend ließ sie die Schultern hängen. „Gehen Sie.“ Es war kein Befehl, sondern eine Bitte. „Lassen Sie mich in Ruhe.“
    „Antworten Sie!“
    „Wahrscheinlich habe ich keine Wahl“, flüsterte sie.
    Erleichtert und triumphierend atmete er auf. Er hatte sein Ziel erreicht, ihr Vermögen gehörte ihm.
    „Falls Sie in Ihrem Erfolg schwelgen wollen, tun Sie’s woanders, Mr Mannion.“ Geringschätzig fuhr sie fort: „Dafür wäre ich Ihnen sehr dankbar.
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