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Die Schnapsstadt

Die Schnapsstadt

Titel: Die Schnapsstadt
Autoren: Mo Yan
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Bauer gekleidet ist, mit zwei fetten schwarzen Eseln vorbei. Mo Yan spricht ihn an und fragt: «Sag, Onkel, verkaufst du die?»
    Der alte Mann blickt Mo Yan stumm und unfreundlich an und geht dann weiter. Li Yidou fragt: «Wollen Sie sehen, wie ein Esel geschlachtet wird?»
    «Ja, natürlich», sagt Mo Yan.
    Sie drehen sich um und gehen hinter dem Bauern her, der die Esel die Straße entlangführt. Als sie vor der Eselsmetzgerei Sun stehen, ruft der alte Bauer: «Chef! Die Esel sind da.»
    Ein kahlköpfiger Mann mittleren Alters kommt aus dem Laden. «Wo hast du so lange gesteckt, Jin?»
    «Ich bin beim Fährhaus hängen geblieben», erklärt der alte Jin.
    Der Kahlkopf öffnet ein Tor neben dem Laden. «Bring sie rein», sagt er.
    «Guten Tag, Meister Sun», begrüßt ihn Li Yidou.
    «Siehe da», sagt der Kahlkopf verwundert. «Ist es nicht ein bisschen früh am Tage für dich, alter Knabe?»
    Li Yidou zeigt auf Mo Yan und sagt: «Das da ist ein bekannter Schriftsteller aus Peking», sagt er, «Mo Yan, der Mann, der den Film Das rote Kornfeld geschrieben hat.»
    «Übertreib nur nicht, Yidou», sagt Mo Yan.
    «Das rote Kornfeld?», sagt der Kahlkopf und sieht Mo Yan an. «War das nicht etwas mit roter Hirse, dem Zeug, aus dem man den besten Gaoliang brennt?»
    «Mein Freund Mo Yan würde gerne zusehen, wenn ein Esel geschlachtet wird.»
    Dem Kahlkopf ist die Idee ein wenig unheimlich. Er fängt an zu stottern: «Also … ja … also … da spritzt das Blut überallhin. Das ist nicht jedermanns Sache …»
    «Keine Ausreden», sagt Li Yidou. «Herr Mo ist ein Gast von Parteisekretär Hu. Er soll für Jiuguo werben.»
    «Ach so!», sagt der Kahlkopf. «Ein Reporter. Ja dann. Kommen Sie rein und sehen Sie sich alles an. Mein Laden kann ein bisschen Reklame brauchen.»
    Mo Yan und Li Yidou folgen den schwarzen Eseln in den Hinterhof. Der Kahlkopf umkreist die Tiere und betrachtet sie kritisch. Als die Esel ihn sehen, scheuen sie und drängen zurück.
    «Für einen Esel ist der alte Sun so etwas wie der Fürst der Hölle», bemerkt Li Yidou.
    «Ich habe schon bessere gesehen, Jin, alter Knabe», sagt der Kahlkopf schließlich.
    «Zartes Fleisch, glänzendes schwarzes Fell, mit Bohnenkuchen gemästet, was willst du mehr?», antwortet der alte Jin.
    «Willst du es wirklich wissen?», fragt der Metzger. «Diese Esel sind mit Hormonen gefüttert. Die schmecken nicht.»
    «Wo zum Teufel soll ich denn Hormone hernehmen?», fragt der alte Jin empört. «Entschließ dich schon! Willst du sie nun haben oder nicht? Wenn nicht, nehm ich sie wieder mit. Du bist schließlich nicht der einzige Metzger in der Straße.»
    «Beruhige dich, mein Freund», sagt der Kahlkopf. «Wir kennen einander seit Jahren, und selbst wenn du mir ein Paar Pappesel brächtest, würde ich sie dir abkaufen. Ich könnte sie ja immer noch als Opfer für den Küchengott verbrennen.»
    Der alte Jin streckt die Hand aus. «Wie viel?»
    Der Kahlkopf streckt seine Hand aus und ergreift die Hand des anderen. Beide Männer haben die Hände im Ärmel versteckt.
    «So macht man das hier», flüstert Li Yidou einem offensichtlich verwirrten Mo Yan zu. «Die Viehpreise werden immer mit den Fingern angezeigt.»
    Die Gesichter des Kahlkopfs und des alten Jin sprechen Bände. Sie sehen aus wie die Hauptdarsteller in einer Pantomime.
    Der Gesichtsausdruck der beiden fasziniert Mo Yan.
    Der Arm des Kahlkopfs zuckt. «Das ist mein letztes Angebot», sagt er. «So viel und nicht einen Heller mehr.»
    Der Arm des Verkäufers zuckt ebenfalls. «Ich will soviel!»
    Der Kahlkopf zieht die Hand zurück. «Ich habe dir gesagt, dass ich nicht höher gehen kann. Nimm es oder verschwinde mit deinen Eseln.»
    Der andere seufzt. «Kahlkopf Sun», sagt er, «Kahlkopf Sun, du Schweinehund. Fahr doch zur Hölle. Da werden dich alle Esel deines Lebens beißen und auf dich spucken.»
    «Die werden dich zuerst beißen, du elender Eselshändler», antwortet der andere.
    Der Mann löst die Stricke. Das Geschäft ist abgeschlossen.
    «Mutter meiner kleinen Tochter, bring Onkel Jin etwas zu trinken.»
    Eine ungepflegte Frau mittleren Alters taucht mit einer großen Schale voll Schnaps auf und gibt sie dem alten Jin.
    Der alte Jin nimmt die Schale an, aber er trinkt nicht. Stattdessen blickt er die Frau an und sagt: «Schwägerin, heute habe ich dir zwei Männchen gebracht. An den zwei fetten Eselspimmeln wirst du eine Weile zu kauen haben.»
    Sabbernd erwidert die Frau: «Egal wie viele es sind,
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