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Die Schatten von La Rochelle

Die Schatten von La Rochelle

Titel: Die Schatten von La Rochelle
Autoren: Tanja Kinkel
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sich mit der Hand an die W ange, und als er sie wieder senkte, starrte er ungläubig auf das Blut.
    »Bei Gott«, sagte er leise, »das werdet Ihr m i r büßen!«
    Er griff nach ihrem Ausschnitt und r i ß m i t e i n er b r u t a l en S t är k e, die s i e ihm nicht zugetraut hätte, i h r Kleid fast bis z u r Taille auseinander. Dann schlug er sie m it der Faust ins Gesicht, drückte sie gegen die W and und begann, m it einer Hand an seiner Hose zu zerren.
    In diesem Mo m ent, während die W i rkung se i nes Schlages gerade erst einsetzte, nahm sie undeutlich eine Bewegung in den A ugenwinkeln wahr. Dann verschwanden Cinq Mars’ Hände und der Druck seines Gewichts, und sie erkannte, daß je m and ihn fortgezerrt hatte. Sie kni f f die Augen z u sam m en; in ihrem Kopf hallte Ci n q Mar s ’ wütende Stimme wider, ihre W ange schien aufgeplatzt zu sein, denn sie sch m eckte Blut, aber ihr Sehver m ögen kehrte wieder in aller Deutlich k eit zurück. Ci n q Mars wa n dte i h r halb den Rücken zu und schrie einen in Schwarz gekleid e ten Mann an, der neben ihm wie ein Rabe neben einem Pfau wirkte.
    » W ie könnt Ihr es wagen!« brüllte er gerade.
    Die Stim m e des Unbekannten kla n g ruhig, unbeteiligt, fast belustigt. »Ich würde Euch raten, zu gehen, Monsieur.«
    »Ihr ratet…«, Cinq Mars hielt ku r z inne, um Atem zu s c höpfen. Dann zog er seinen Degen.
    »Das würde ich Euch nicht e m pfehl e n.«
    » W ehrt Euch, Feigling!«
    Es geschah so schnell, daß Mar i e ver m utete, Cinq Mars’ Schlag habe ihr W a hrneh m ung s ver m ögen doch stärker beeinträchtigt, als sie geglaubt hatte. Der Degen des Man n es in Schwarz saß an Cinq Mars’ Kehle, und seine eigene W a ffe lag schon auf dem Boden, während sie noch dabei war, sich aufzurichte n . Das war kein Duell, d a chte s i e ungläubig, das war eine D e m ütigung.
    Der Unbekannte senkte seinen Degen und las Cinq Mars’ Waffe auf, m achte aber kei n e Anstalten, sie ihm zurückzugeben. Cinq Mars starrte ihn an. »Dafür werdet Ihr b ez ahlen!«
    »Das glaube ich nicht«, sagte M a rie. Ihre eigene Stim m e klang fr e m d in ihren Ohren, heiser, als habe sie tatsächlich geschrien, und das sehr lange. »Es sei denn, Ihr legtet W ert darauf, in die B a stille zu wandern, Monsieur le G rand. Das i s t nä m lich die Strafe, die auf Duelle steht, und wie Ihr wissen dürf t et, ist das V erbot von D uellen ein großes Anliegen von Monseigneur le Cardinal.«
    Dieser Hinweis und die soeben e r littene Niederlage genügten, um ihn einiger m aßen abzukühlen. Er w a rf ihr noch einen haßerfüllten Blick zu, dann stür m te er davon. Erst jetzt w urde ihr der Zustand bewußt, in dem sie sich befand. Hastig versuchte sie, die Überreste ihres Kleides zusam m enzuzerren.
    Wortlos reichte ihr der Unbek a nnte seinen Umhang, den sie dankbar entgegennah m .
    »Ich…«, begann sie.
    »Es besteht kein Grund, um m ir zu danken. Es gibt ein paar Dinge, die m i r zuwider sind, und das eben gehört dazu. Seid Ihr in der Lage zu gehen, Mada m e ? «
    Sie nickte, leicht verwundert über seinen abweisenden Tonfall. E r bot ihr seinen Ar m , und in dem Augenblick, als sie ihn berührte, geschah etwas Merkwürdi g es. Sie wandte sich jäh zu ihm um.
    »Der Sch m erz«, flüsterte sie, ohne zu wissen, weswegen, »warum all d ieser Sch m erz…«
    Und das Seltsa m ste war, daß er nicht fragte, was sie m einte. Für einen Mo m ent sah sie etwas in seinen Augen aufblitzen, dann lief er los, und ihr blieb keine Wahl, als es ihm gleichzutun. An der Stelle, wo der Seitengang in die Galerie mündete, wartete ihre neue Zofe auf sie, Maries eige n e n Mantel über dem A r m .
    »Monsieur«, sagte Marie und entschied, über das, was ihr geschehen war, später nachzudenken, »Ihr w i ßt es vielleic h t n i cht, aber d er Mann, den Ihr Euch eben zum Feind ge m acht habt, ist hier bei Hofe sehr einflußreich. Es könnte se i n, daß Ihr Hilfe braucht. Ich…«
    »Oh«, unterbrach er sie wieder, »ich weiß, wer Ihr seid Mada m e . Euer Diener . «
    D a m it ließ er sie los und verschwand. W ortlos bedeutete sie dem Mädchen, ihr zu folgen. Erst als sie in der Kutsche saß, die sie zum Palais Cardinal brachte, wo sie sich u m kleiden konnte, erkannte sie, daß die wenigen W orte des Unbekannten sie stärker gekränkt hatten als Cinq Mars und sein ganzes wid e rwärtiges V erhalten. Es war das eigentü m liche Gefühl, s agte sie sich, das sie bei der kurzen Berührung über w
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