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Die Schatten von La Rochelle

Die Schatten von La Rochelle

Titel: Die Schatten von La Rochelle
Autoren: Tanja Kinkel
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Vor zwei Jahren ließ er sie vom König zur Herzogin m achen, in eigenem Recht. So etwas haben noch nicht ein m al die königlichen Mätressen in unserer glorreichen Vergangenheit geschafft; denen gab m an in solchen Fällen herzogliche Ehe m änner oder erhob diejenigen Gatten, die sie schon hatten, aus dem einfachen Adel in diesen Stand.«
    Talle m ant lächelte m aliziös. Er m erkte, daß Paul d ’ Irs d m asens leic h t gela n gweilt w i rkte, und gab nun zum besten, was er sich bis zum Schluß aufgehoben hatte.
    »Natürlich ist sie keine königli c he Mätresse, aber… wenn m an einigen Pa m p hleten glauben darf, dann ist sie die Mätresse eines Kardinals.«
    Befriedigt stellte er fest, daß er jetzt Paul d’Irsd m asens’ ungeteilte Auf m erks a m keit besaß. Er hob den Kopf und schnupperte in die Luft. »Ist das ein Braten, den ich da rieche? Irsd m asens«, sagte er, zu Raoul gewandt, »glaubst du, wir könnten unsere e m pfindsa m e Seele von einem W irt dazu überreden, uns auch m it Fleisch zu verköstigen ? «
    Paul d’Irsd m asens zuckte die Ach s eln und holte eine Börse hervor.
    » W irt«, rief er, und Talle m ant fiel auf, daß seine Stim m e so m ühelos trug wie die eines Schauspielers, » e in Stück Braten für m eine Freunde hier.«
    »Das ist doch nicht nötig…«, weh r te Raoul ab, peinlich berührt, doch Talle m ant fiel ihm ins W ort.
    »O doch, das ist es. Meinen innigsten Dank, Monsieur. Nun, Ihr wißt vielleicht von Raoul, daß ich s e lbst Pa m phlete verfasse, die Ihr selbstverständlich auch käuflich e r werben könnt, aber als ehrlicher Mann m uß ich Euch warnen sehr v i el m ehr findet Ihr nicht darin, falls Ihr nicht ein Bewunderer klangvoller Metaphern seid.«
    Raoul lachte. »Paul hat früher s e lbst geschrieben«, sagte er, »er weiß, was Metaphern wert sind.«
    Der W i rt brachte ihnen den gewünschten Braten und nahm m it erleic h terter Miene die Bezahlung, an die er bei Talle m ant nic h t gewohnt war, in E m pfang. Als er w i eder verschwunden war, fragte Paul d’Irsd m asens kühl: » W orauf gründet sich das Gerücht, sie sei seine Mätresse ? «
    Talle m ant schnitt eine Gri m asse. Mittlerweile war ihm d i e ungeteilte Aufmerksa m keit des Mann e s beinahe unbehaglich. »Nun ja«, mu r m elte er zwischen zwei Bissen. » S ie ist die einzi g e Nichte, die er nicht wieder verheiratet hat, s ie führt ihm den H aushalt, sie soll eine Schönheit sein.«
    »Ein wenig dünn als Beweisführung«, kommentierte Raoul, dem es Spaß m achte, Talle m ants Selbsteinschätzung hin und wieder ins Wanken zu bringen. Paul erhob sich. »Geh noch nicht«, protestierte sein Bruder.
    » W ir sehen uns noch«, sagte Paul d’Irsd m asens unverbindlich.
    Raoul biß sich auf die Lippen. » I ch habe ein Zimmer bei Ragueneau«, ent g egnete er leise. »Versuch lieber nicht, Philip p e zu besuchen. Er denkt im m er noch genau wie Vater.«
    »Oh, Phili p pe«, gab Paul d’ I rsd m asens auf eine W eise zur ü ck, die Talle m ant plötzlich zum Frösteln brachte.
    » W as hat es auf sich m it ih m ? « erk u ndigte er s ich später, als er s e inen Braten verzehrt und Raoul d azu gebracht hatte, noch einen Krug Wein zu bestellen. »Und weswegen hast du m i ch getreten, als ich ihn fragen wollte, ob er m einen Vater kennt ? «
    Raoul ließ s i ch Z e it m i t der Antw o rt. Er rüc k te seinen St u hl hin und her und zog sich ein wenig m ehr in die unbeleu c htete Ecke der Garküche zurück, ehe er erwider t e: »Paul war während der Belagerung in La Rochelle. Danach verschwand er, und wir hörten nur sehr selten von ih m , hauptsächlich lapidare Mitteilungen, daß er noch lebte. Er ist noch nicht lange wieder hier, aber glaub m ir, i ch habe bereits g el er nt, ihn nach nic h ts zu fragen, was irgendwie m it La Rochelle zu tun hat.«
    Talle m ant starrte auf seine Hände, und ein irrationales Schuldgefühl kroch ihm die Kehle hoch. Sein Vater h a tte nicht n u r r e chtz e itig den größten Teil seines Kapitals nach Bordeaux verlagert, sondern war auch w ährend der Belagerung auf die Seite des Königs übergelaufen.
    »Soll er si c h deswegen nicht bei e urem ältest e n Bruder Philip p e sehen lassen ? « fragte er, um den Gedanken an La Rochelle loszuwerden.
    Raoul nickte. »Mein V ater hat ihn da m als enterbt. Es g ab einen fürchterlichen Streit…«
    »Aber weswegen ? « unterbrach Talle m ant verblüfft. »Ich denke, ihr seid Protestanten? Alle Hugenotten, die ich
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