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Die Satanischen Verse

Die Satanischen Verse

Titel: Die Satanischen Verse
Autoren: Salman Rushdie
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Traums annahm. »Jetzt weiß ich, was ein Geist ist«, dachte er.
    »Nämlich eine unerledigte Sache.«
     
    Allies Anwesenheit in Bombay beschäftigte ihn während der nächsten zwei Tage mehr und mehr. Seine Gedanken beharrten darauf, seltsame Verbindungen zu ziehen zwischen, beispielsweise, der offensichtlichen Wiederherstellung ihrer Füße und dem Ende ihrer Affäre mit Gibril: als hätte er sie mit seiner eifersüchtigen Liebe verstümmelt. Sein rationales Denken wusste , dass ihr Problem mit den Plattfüßen in Wirklichkeit ihrer Beziehung mit Gibril vorangegangen war, doch befand er sich in einer eigenartig träumerischen Stimmung und schien jeglicher Logik unzugänglich. Was tat sie wirklich hier? Warum war sie wirklich gekommen? Ein schreckliches Verhängnis, davon war er überzeugt, stand bevor.
    Zeeny, der Sprechstunden, Collegevorlesungen und die Arbeit für die Menschenkettendemonstration vorerst keine Zeit für Salahuddin und seine Stimmungen ließen, verstand sein introvertiertes Schweigen als Ausdruck von Zweifeln - an seiner Rückkehr nach Bombay, daran, dass er in eine Art politischer Aktivität hineingezogen wurde, die ihm seit jeher verhasst war, an ihr. Um ihre Angst zu verbergen, redete sie mit ihm in Form einer Vorlesung. »Wenn es dir ernst damit ist, dein Fremdsein abzuschütteln, Salad Baba, dann begib dich statt dessen nicht in irgendein wurzelloses Abseits . Okay? Wir sind alle da. Wir stehen direkt vor dir. Du solltest diesmal wirklich versuchen, dich mit dieser Stadt wie ein Erwachsener vertraut zu machen.
    Versuche, sie so anzunehmen, wie sie ist, und nicht als irgendeine Kindheitserinnerung, die dich nostalgisch und krank macht. Öffne dich ihr. So, wie sie tatsächlich ist. Mach dir ihre Fehler zu Eigen . Werde ihr Geschöpf; sei ein Teil von ihr.« Er nickte abwesend; während sie, in der Meinung, er wolle sie erneut verlassen, wutentbrannt hinausstürmte und ihn völlig verwirrt zurückließ.
    Sollte er Allie anrufen? Hatte Gibril ihr von den Stimmen erzählt?
    Sollte er versuchen, sich mit Gibril zu treffen?
    Bald geschieht etwas, warnte ihn seine innere Stimme. Es wird geschehen, und du weißt nicht, was es ist, und du kannst verdammt nichts daran ändern. O ja: es ist etwas Böses.
     
    Es geschah am Tag der Demonstration, die entgegen allen Erwartungen ein ziemlicher Erfolg war. Ein paar kleinere Handgreiflichkeiten wurden aus dem Mazagaon-Bezirk berichtet, doch im Großen und Ganzen verlief das Ereignis problemlos. Beobachter der KPI(M) berichteten von einer geschlossenen Kette von Männern und Frauen, die einander quer durch die Stadt die Hand reichten, und Salahuddin, der zwischen Zeeny und Bhupen in der Muhammad Ali Road stand, konnte die Kraft des Bildes nicht leugnen. Viele in der Kette hatten Tränen in den Augen. Die Aufforderung, einander an den Händen zu fassen, war von den Organisatoren - herausragend unter ihnen Swatilekha, die hinten auf einem Jeep saß, ein Megaphon in der Hand - um Punkt acht Uhr morgens ausgegeben worden; eine Stunde später, als der Berufsverkehr der Stadt seinen hupenden Höhepunkt erreichte, begann die Menge, sich zu zerstreuen. Doch trotz der Tausende, die daran teilnahmen, trotz des friedlichen Ablaufs und der positiven Botschaft, wurde die Menschenkette in den Doordarshan-Fernsehnachrichten nicht erwähnt. Auch All-India Radio berichtete nicht darüber. Die Mehrheit der (regierungsnahen) landessprachlichen Blätter unterließ ebenfalls jegliche Meldung… eine englischsprachige Tageszeitung und eine Sonntagszeitung brachten die Story, das war alles. Zeeny, den Umgang mit der Kette von Kerala in Erinnerung, hatte dieses ohrenbetäubende Schweigen vorausgesagt, als sie und Salahuddin nach Hause gingen. »Es ist eine kommunistische Show«, erklärte sie. »Offiziell also ein Nicht-Ereignis.«
    Wie lauteten die Schlagzeilen der Abendblätter?
    Was schrie die Leser in zentimeterhohen Lettern an, während der Menschenkette nicht einmal ein kleingedrucktes Flüstern zugestanden wurde?
    EVEREST-KÖNIGIN , FILM-MOGUL TOT
DOPPELTRAGÖDIE IN MALABAR HILL
GIBRIL FARISHTA VERSCHWUNDEN FLU CH VON EVEREST VILAS HAT WIEDER ZUGESCHLAGEN

    Die Leiche des angesehenen Filmproduzenten S. S. Sisodia war vom Personal mitten auf dem Wohnzimmerteppich in der Wohnung des berühmten Schauspielers Mr. Gibril Farishta mit einem Loch im Herzen aufgefunden worden. Miss Alleluja Cone war, und hier sah man einen Zusammenhang, vom Dach des Wolkenkratzers in den Tod
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