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Die Sakristei Des Todes

Die Sakristei Des Todes

Titel: Die Sakristei Des Todes
Autoren: Paul Harding
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zu
benehmen.
    Cranston schien wie vom Teufel
besessen. Er bestand darauf, Athelstan eigenhändig zu rasieren, und
brüllte das Hausmädchen an, sie solle heißes Wasser und Tücher
bringen. Ein Diener wurde in die nächste Garküche geschickt, um
frische Pasteten zu holen, und Cranston goß sich derweil einen
Becher Roten ein - Athelstan hatte den Verdacht, daß es nicht der
erste an diesem Morgen war. Als der Diener zurückkam, folgte ihm
Leif, der Bettler, auf den Fersen; der würzige Duft des Fleisches
unter der frischgebackenen Kruste ließ ihm das Wasser im Munde
zusammenlaufen. »Hau ab, du fauler Hund!« tobte Cranston. »Danke
schön, Sir John.« Leif, der Cranstons Gewohnheiten kannte, setzte
sich und wartete geduldig, bis der Coroner ihm zu essen gab. Sir
John tat das auch sogleich, nicht ohne ihm einen kernigen Vortrag
darüber zu halten, daß er einem armen Pfaffen das Essen aus dem
Munde raube. Athelstan war immer noch nicht ganz wach; er trank ein
wenig verdünntes Ale und brachte auch ein wenig Pastete herunter,
bevor Cranston und Leif den Rest gemeinsam verschlungen
hatten.
    »Wir sollten jetzt gehen, Sir
John.«
    »Stimmt, stimmt.« Der Coroner stand
auf und griff nach Mantel und Schwert. »Nimmst du das Buch mit,
Bruder?« Er blieb stehen und lauschte mit schräggelegtem Kopf. Er
hörte das entfernte Brüllen seiner beiden Kerlchen. »Ich sollte
Lady Maude auf Wiedersehen sagen. Andererseits«, brummte er, »soll
man schlafende Hunde ruhen - oder, in diesem Fall, reizende
Kerlchen brüllen lassen. Leif, du fauler Hundesohn, sag Lady Maude,
daß wir nach Blackfriars gegangen sind. Es dauert nicht lange. Ach,
und übrigens …«
    »Ja, Sir John?« Leif hatte immer
noch den Mund voll Fleischpastete.
    »… laß meinen verfluchten Rotwein in
Ruhe!«
    »Selbstverständlich, Sir
John.«
    Athelstan folgte Sir John zur
Küchentür hinaus, und Leif zwinkerte ihm zu und goß sich einen
Becher ein. Der Coroner ließ sich von einem schüchternen
Dienstmädchen an der Haustür den wunderbaren Weinschlauch
aushändigen und sah sie streng an. »Nichts der Lady Maude
verraten!«
    »Nein, Sir John.«
    »Du mußt wissen, Athelstan«, raunte
Cranston, »ich habe nämlich zwei solche Weinschläuche. Den einen
lasse ich in der Speisekammer liegen, damit Lady Maude denkt, ich
sei auf dem Trockenen, und den anderen nehme ich mit.« Er
schüttelte den Kopf. »Lady Maude ist ein Engel, aber sie begreift
nicht, wie notwendig eine Erfrischung sein kann.«
    Athelstan schloß die Augen und
murmelte ein Gebet. »Herr, errette uns, denn es wird wieder einer
von diesen Tagen werden.«
    »Was sagst du, Mönch?«
    »Gar nichts, Sir John. Ich bete nur
um Geduld.« Es war Sonntag, und so lag die Cheapside verlassen da;
nur wenige Leute hasteten zur Frühmesse, herbeigerufen von den
Glocken, die den ganzen Vormittag über von einem Ende der Stadt zum
anderen läuten würden.
    »Sollten wir zuerst zur Messe gehen,
Sir John? Es ist Sonntag.«
    »Du bist doch Priester, Bruder. Du
wirst in Blackfriars selbst eine Messe lesen, oder?«
    Athelstan bejahte, und sie gingen
die Westcheape hinauf und bogen an der
Paternoster Row links ab.
    »Sag mal, Bruder«, begann Cranston
unvermittelt, »wie bist du eigentlich zu
dem Schluß gekommen, daß es das Bett war?
    Deine Erklärung war zwar logisch,
aber wie hast du sie gefunden?«
    »Um ganz ehrlich zu sein, Sir John,
Benedicta hat mich darauf gebracht. Ich habe zugesehen, wie sie
sich das Gesicht puderte und der Staub durch die Luft trieb. An das
Bett hatte ich wohl schon gedacht, aber erst als ich ihr zusah,
hatte ich den Schlüssel zur Lösung vor mir.« Er schaute die Häuser
an, die sich ringsum erhoben. »Aber was mir jetzt Sorge
macht, Sir John, ist unser Zusammentreffen
in Blackfriars. Unser Mörder könnte gewalttätig werden.«
    Cranston schlug ihm kräftig auf die
Schulter. »Vertrau auf den Coroner, mein guter Pfaffe! Setze dein
Vertrauen auf den braven Sir John. Und auf Bruder Norbert«, fügte
er schelmisch hinzu. »Ihn möchte ich dabei haben, bewaffnet mit dem
guten Knüppel, den wir im Gästehaus zurückgelassen
haben.«
    Athelstan griff nach Sir Johns Arm.
»Wartet ein Weilchen, Mylord Coroner. Ihr müßt Euch die ganze
Beweisführung gegen den Mörder in Blackfriars anhören und dürft
Euch nicht von der Freude hinreißen lassen, einen Mann in die Falle
gehen zu lassen, den Ihr haßt.«
    Sie waren mitten auf der Straße
stehengeblieben; Athelstan redete in ernstem Ton, und Sir
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