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Die Saga vom Eisvolk 07 - Das Spukschloß

Die Saga vom Eisvolk 07 - Das Spukschloß

Titel: Die Saga vom Eisvolk 07 - Das Spukschloß
Autoren: Margit Sandemo
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verschwieg, daß er selber von hohem Stand war, sie wirkte so einfach… Bei seinen Worten schrie das Mädchen auf und konnte sich losreißen, vor allem, weil Tancred sie nicht zu fest halten wollte. Sie lief weiter, schnell wie der Wind, dieses Mal hob sie ihre Röcke hoch und kam so viel besser vorwärts.
    Aber Tancred war neugierig geworden. Er wollte mehr über diese flüchtende kleine Erscheinung wissen. Der Wald war tiefer, als er gedacht hatte, und ihm kam der Gedanke, daß es schwierig sein würde, das Pferd wieder zufinden. Aber er gab nicht auf.
    Sir hält mich wohl für einen Gewaltverbrecher, dachte Tancred belustigt und verärgert zugleich.
    Zum Schluß war sie völlig erschöpft. Mit einem leisen Stöhnen sank sie auf das vertrocknete Laub.
    Tancred hob sie wieder auf. Sie konnte kaum stehen. »Habt keine Angst vor mir«, sagte er weich. »Ich will Euch nichts Böses. Wer seid Ihr, und warum versteckt Ihr Euch?«
    Sie versuchte, wieder zu Atem zu kommen. »Molly«, schnaufte sie. »Molly, gnädiger Herr. Ich bin nur ein gewöhnliches Dienstmädchen.« »Und wer sind ›die‹?«
    Ihre Augen blickten ihn unruhig an. »Niemand, gnädiger Herr. Nur… nur solche Männer, die … Ja, Ihr wißt, was die mit Mädchen machen.«
    Tancred lächelte. »Ja, aber ich bin nicht so. Darf ich Euch nach Hause begleiten?« »Ich habe kein Zuhause, gnädiger Herr.«
    »Aber Ihr sagtet, Ihr seid Dienstmädchen!?«
    Das Mädchen war sehr niedlich. Er hatte so etwas noch nicht gesehen. Ihre Augenwimpern flatterten vor Schreck. »Jetzt nicht mehr. Ich bin entlassen worden.« »Und wo wollt Ihr jetzt hin?«
    »Ich dachte, ich suche mir Arbeit im nächsten Kirchspiel, Herr.«
    Tancred kramte ein Geldstück hervor. »Nehmt das, dann braucht Ihr nicht zu hungern.«
    Ihr Gesichtsausdruck versetzte ihn in Erstaunen. Ihre Augen funkelten, und die Nasenflügel weiteten sich für einen Augenblick.
    So nahm sie das Geldstück entgegen und knickste. »Danke, gnädiger Herr. Ihr seid zu freundlich.« Er wollte sie nicht gehen lassen. »Molly… Falls Ihr Schwierigkeiten bekommen solltet, sucht mich auf! Ich wohne auf dem Gut der Gräfin, aber nur für ein paar Wochen. Danach reise ich nach Seeland, und dann sehen wir uns nicht mehr. Ich wohne im Eckzimmer gegenüber der Kirche. Versprecht Ihr es mir?« Sie nickte. »Ich verspreche es.« »Werde ich… Euch wiedersehen?«
    Ein ängstlicher Schatten fuhr über ihre Augen. »Lieber nicht, gnädiger Herr. Aber vielen Dank für Eure Freundlichkeit! Und…«
    »Ja?«
    Sie schien zu zögern. »Sagt niemandem, daß Ihr mich getroffen habt!«
    »Das werde ich nicht tun«, antwortete er verwundert. Sie nahm Abschied und beeilte sich, den Wald zu durchqueren. Tancred fand sein Pferd schneller als erwartet und ritt in Gedanken versunken zurück zum vornehmen Gut der Tante.
    Während des restlichen Tages war er sehr geistesabwesend. Die schlichte Molly ging ihm einfach nicht aus dem Kopf.
    Das ist doch wie verhext, dachte er. In unserer Familie haben wir so eine Tendenz, von Menschen unter unserem Stand angetan zu sein. Das ging meinem Vater so, das ging meiner Schwester so - und meinem Großvater Dag von Meiden.
    Naja, das Mädchen sehe ich wohl nie wieder. Aber süß war sie. Und so sanfte Augen! So gut anzufassen…
    »Tancred!« Tante Ursulas scharfe Stimme störte seine schönen Erinnerungen. »Die Gäste kommen bald, und du bist noch nicht umgezogen!«
    Er beeilte sich, seine schönsten Kleider anzuziehen, einen prachtvollen Anzug aus moosgrünem Samt mit Goldspitzen an den Kanten, ein weißes Seidenhemd mit Spitzenkragen selber zugeben, daß er richtig gut aussah. Er schnitt seinem Spiegelbild eine ironische Grimasse und ging dann nach unten, um zusammen mit der Tante die Gäste zu empfangen.
    Das, was Ursula mit »ihren Nachbarn« gemeint hatte, waren kaum die kleinen Bauern, die zum Gut gehörten.
    Oh nein, sie verkehrte nur mit den Bewohnern der vornehmsten Herrengütern in der Umgebung. Darum kamen dann auch nicht so viele Gäste. Aber die dann erschienen, waren um so feiner. Natürlich nur Hochadel, was sonst? Grafen, Barone und Nachfahren des Reichsrates, und deren Familien sollten möglichst schon seit 300 Jahren adlig sein.
    Wie den meisten älteren Damen bereitete es auch Ursula große Freude, junge Verwandte zu verheiraten. Gabriellas Heirat mit »diesem Kaleb« hatte ihr ganz und gar nicht gefallen. »Das liegt daran, daß du ihn noch nie getroffen hast«, hatte Alexander ruhig
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