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Die Saga vom Eisvolk 02 - Hexenjagd

Die Saga vom Eisvolk 02 - Hexenjagd

Titel: Die Saga vom Eisvolk 02 - Hexenjagd
Autoren: Margit Sandemo
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erfüllte.
    Er war aufgestanden. »Sol«, sagte er bedrohlich tonlos.
    Sie drehte sich um und sah ihn an, und was sie sah, lähmte ihre Willensstärke.
    Es war Tengel, der dort stand, aber trotzdem war er es nicht. Es war ein Geist der Finsternis, schien ihr. Seine Zähne waren gefletscht, die Nasenflügel weiß, und die Augen… aus den Augen schossen Blitze.
    »Gib mir den Korb«, sagte er unterdrückt.
    Sie preßte den Korb an sich und versuchte bis zum Äußersten, Widerstand zu leisten. »Nein! Das sind meine kostbarsten Schätze. Hanna hat mir die Grundlagen gegeben, und sie hat mich gelehrt, welche Kräuter ich sammeln muß und wie sie verwendet werden. Es würde ihr nicht gefallen… » Sol verstummte. Sie verspürte ein seltsames Gefühl. Die Umgebung löste sich in einem grauen Nebel auf. Das einzige, was sie klar erkennen konnte, waren Tengels Augen und dieses entsetzliche Gesicht, und die Hand, die sich nach dem Korb austreckte. Eine solche Macht hatte Sol noch nie gespürt.
    Sie hatte immer geglaubt, ihre Fähigkeiten seien stärker als Tengels. Nun wußte sie, daß sie sich geirrt hatte.
    Sie schwankte. Eine unbekannte Furcht erfüllte sie von Kopf bis Fuß, und widerstandslos reichte sie ihm den Korb »Das dürfte wohl noch nicht alles sein«, sagte Tengel ohne in den Korb hinunter zu sehen. Sogar seine Stimme war verändert, sie war heiser und abstoßend, so als ob sie einem unmenschlichen Wesen gehörte. »Du hast bestimmt zu Hause auch noch einen Vorrat, da ist vermutlich das meiste. Ich will alles haben, du wirst nichts vor mir verstecken.«
    Sol nickte nur. Sie war vollkommen willenlos.
    »Ich weiß, woran du denkst«, sagte Tengel, während das unheimliche Gesicht, das sie nicht kannte, näher kam.
    »Du denkst, du kannst neue Kräuter suchen. Aber wenn du das tust, werde ich dich töten. Du weißt, daß ich das kann. Du bist lebensgefährlich, Sol, und ich muß die Umwelt vor dir beschützen. Und du weißt, daß du nicht die Macht hast, mich zu töten, denn ich weiß immer, woran du denkst.«
    Das wußte sie. Ihre ganze Trotzigkeit und Selbstsicherheit verschwand wie Tau in der Sonne, und ihre Augen füllten sich mit Tränen.
    »Ich habe es nur gut gemeint, Vater«, weinte sie. »Ich wollte euch alle doch nur vor einem bösen Menschen beschützen.«
    Tengel entspannte sich, und sein Gesicht wurde wieder menschlich. Er setzte den Korb ab und streckte ihr die Arme entgegen. Sol stürzte weinend hinein.
    »Bitte mach so etwas nicht mehr, Vater«, bat sie. »Mach es nie wieder! Ich ertrage das nicht. Es war so schrecklich!«
    Auch er hatte Tränen in den Augen, als er sie langsam streichelte.
    »Sol, Sol, mein geliebtes Unglückskind, was sollen wir nur mit dir machen? Ich möchte so gerne, daß Silje stolz auf dich ist und dich lieb hat. Du weißt, du bist meine Nichte, ich empfinde für dich wie für eine enge und geliebte Verwandte. Du bist immer wie ein eigenes Kind für mich gewesen. Aber Silje war nicht verpflichtet, sich um dich zu kümmern, sie hat es aus Güte und Liebe getan. Ich will nicht, daß du sie enttäuschst.«
    Sol schniefte heftig. Wie immer, wenn sie sehr aufgewühlt war nannte sie ihn Vater. »Ich habe wirklich versucht, brav zu sein, Vater. Ich habe es wirklich versucht. Ich will so gerne tun, was gut und richtig ist, aber es macht solchen Spaß, unartig zu sein.«
    »Das weiß ich, meine Kleine. Es ist der Fluch unserer Sippe.«
    »Es ist, als würdest du mir das Leben nehmen, wenn du mir meine Kräuter wegnimmst.«
    »Das Leben? Nein, das tue ich nicht. Aber…«
    Tengel verstummte. Endlich ging ihm auf, was er vor langer Zeit schon hätte tun sollen. Er hielt sie mit gestreckten Armen von sich und sah in ihre scheinbar unschuldigen Augen, die jetzt in Tränen schwammen.
    »Sol, ich war ein Idiot! Natürlich, das ist die Lösung!«
    »Was meinst du?«
    Er wurde eifrig, und der Glanz kehrte in seine Augen zurück. »Du weißt, daß ich erschöpft bin, beinahe verbraucht von all der Arbeit mit den unglücklichen Menschen, die mich aufsuchen und auf Rettung hoffen.
    Manchmal denke ich, wie lange ich das wohl noch durchhalte. Und du hast zu wenig zu tun, nicht wahr? Wir haben Hilfe im Haus, Charlotte kann dich nichts mehr lehren - du hast einfach zu viel Zeit, um deinen eigenen, gefährlichen Interessen nachzugehen.«
    »Das ist wohl richtig«, gab sie zu.
    »Sol… würde es dir gefallen, mir zu helfen? Du bist zwar noch sehr jung, aber… Ich weiß, daß du es kannst, wenn du
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