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Die Saga vom Eisvolk 02 - Hexenjagd

Die Saga vom Eisvolk 02 - Hexenjagd

Titel: Die Saga vom Eisvolk 02 - Hexenjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Sandemo
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mit einem Haufen Schergen hinter sich.
    »Die armen Buben«, jammerte Silje. »Aber sie lenken die Aufmerksamkeit hierher. Wir werden es nicht schaffen!« Stolpernd lief sie auf Tengel und das Pferd zu. »Nein, seht nicht hin, Kinder!« befahl er, nahm Silje an die Hand und trieb das Pferd weiter.
    Ein herzzerreißender Schrei gellte zu ihnen hinauf. Silje wollte nicht zurücksehen, aber sie wußte, daß die Flucht der Jungen beendet war.
    Tengel warf einen Blick zurück. »Die Schergen stehen noch dort und beraten sich. Wir müssen ganz still sein, denn hier sind wir vor ihren Blicken verborgen.« Es war fast unerträglich, nur ganz ruhig dazustehen, ohne davonlaufen zu dürfen, obwohl der Abstand beruhigend war. Silje sah zwischen den Birkenstämmen hinunter, während ihre Lunge schmerzte. Vor ihren Augen flimmerte es vor Erschöpfung. Überall zwischen den Häusern sah sie Schergen. Eine kleine Karawane von Kühen wurde auf das Eistor zu getrieben. Mehr Kühe gab es nach dem harten Winter im Tal nicht. Aber kein einziger Mensch aus der Siedlung war zu sehen. Silje schauderte es.
    »Ich weiß nicht, wo die Schergen hinter uns geblieben sind«, sagte Tengel ruhig. »Entweder sind sie auf dem Weg hinauf zu uns, oder sie haben kehrtgemacht. Wir müssen weiter. So schnell wie möglich.«
    Bergauf, bergauf, schwerer und schwerer ging es. Silje fiel schwerfällig wieder zurück. Sie hatte Krämpfe im Bauch, und ihr wurde langsam wirklich angst und bange, wie es mit dem kleinen Leben weitergehen sollte, dessen Existenz sie so eifrig zu verbergen versucht hatte. Sie spürte ihr Herz bis in den Kopf hinauf klopfen, die Beine waren taub, und es war eine Qual, Atem zu holen. Aber Tengel wartete nicht.
    Und dann war der Birkenwald zu Ende. Sie mußten hinaus auf die offenen Bergwiesen.
    Dort konnte sie jeder sehen. Die schwache Mittsommerdämmerung reichte nicht aus, um sie zu verbergen.
    Und dort, am Waldrand, gab Silje auf. Sie verschwand hinter einem großen Felsblock und übergab sich unter furchtbarem Würgen. Der Krampf im Bauch hatte die Grenze dessen überschritten, was sie aushalten konnte. Anschließend richtete sie sich auf und trocknete sich den Schweiß vom Gesicht. Sie atmete ein paarmal tief durch und taumelte vorwärts. Tengel kam ihr entgegen.
    »Sag mal, mein Mädchen«, sagte er unheilverkündend weich, »hast du mir nichts zu erzählen?«
    Ihre Beine waren wie Gelee und hatten keine Widerstandskraft. »Doch«, schniefte sie schluchzend. Er legte den Arm um sie und stützte sie auf dem Weg zurück zum Pferd. »Du Dummerchen«, sagte er zärtlich. »Meine kleine Verrückte. Und du hast dich nicht getraut, etwas zu sagen?«
    »Nein«, sagte sie und trocknete sich die Nase. »Wir sind in dem Punkt ja nicht einer Meinung.«
    »Nein, das sind wir nicht. Aber laß uns jetzt nicht darüber nachdenken. Hab keine Angst vor mir, mein Kleines! Du brauchst jetzt Hilfe.«
    »Du bist so schnell gegangen«, schluchzte sie. »Ich konnte nicht Schritt halten.«
    »Das habe ich nicht gemerkt, denn du bist ja einigermaßen hinterher gekommen. Ich war verzweifelt vor Angst, wegen der Kinder, wir mußten den Schergen entkommen. Vergib mir, mein liebster Schatz. Sol und Dag! Runter vom Pferd, Mutter muß sich ausruhen!« Der Marsch ging weiter, langsamer jetzt, wo die Kinder zu Fuß gehen mußten. Silje hatte ein schlechtes Gewissen, aber sie schaffte es kaum, sich auf dem Pferd zu halten. Liv saß hinter ihr, die kleinen Händchen klammerten sich an ihrem Rock fest.
    Sie sah hinunter auf die beiden, die neben dem Pferd gingen. Sowohl die Kinder wie auch Tengel waren in Umhänge gekleidet, mit Kapuzen hinunter bis auf die Schultern. Jetzt hatten sie die Kapuzen nach hinten auf den Rücken geschoben, denn ihnen war warm geworden vom schnellen Bergaufgehen. Die Kinder hatten einen verbissenen Ausdruck im Gesicht, und Silje fragten sich, wieviel sie verstanden. Die Katze fauchte ärgerlich in ihrem Sack, aber Sols Griff um ihn wurde nur noch fester. Unfreiwillig warf Silje einen Blick zurück.
    »Tengel, sie sehen uns! Wir können ja direkt hinunter auf die Siedlung sehen.«
    »Es ist zuviel Rauch.«
    »Aber was ist, wenn einige von ihnen weiter hinauf gegangen sind? Hinter uns her?«
    »Reite weiter«, sagte er nur.
    Er selbst blieb stehen. Silje wandte sich verwundert um. Es versetzte ihr innerlich einen Schlag, als sie sah, was er tat. Er stand am äußersten Rand einer Felsnase, dem Tal zugewandt, beide Arme gerade vor sich

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