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Die Saeulen der Macht

Die Saeulen der Macht

Titel: Die Saeulen der Macht
Autoren: Maja Winter
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überrumpeln. Der Baum wird auseinanderbrechen, wenn ich sterbe, und zurück in die Dunkelheit fallen. Denn ich bin derjenige, der sein König sein muss, das weiß er so gut wie ich. «
    Sie stiegen über die Überreste der alten Stadtmauer. Noan drehte sich um und stöhnte auf.
    Â» Sag nichts « , murmelte Tahan. » Unsere Lieblingsmönche? «
    Â» Sie müssen uns die ganze Zeit gefolgt sein. «
    Zwei Punkte am Horizont, die mit der Erde zu verschmelzen schienen; nur weil sie sich bewegten, fielen sie überhaupt auf.
    Â» Dann müssen wir uns beeilen « , sagte er. » Nie im Leben werden sie zulassen, dass wir dem Baum etwas antun. «
    Â» Genauso wenig wie ich. «
    Tahan fuhr herum.
    Es regnete glühende Blüten und Blätter, als aus den Ästen Menschen herabschwebten. Dass sie auf gewaltigen gläsernen Tieren saßen, nahm Tahan erst im zweiten Moment wahr.
    Dasnaree auf einem Greif – Adlerkopf, Löwenleib, Adlerschwingen. Ein Wächter auf einem geflügelten Pferd mit Leopardentatzen– Graf Zandarian, Rees alter Freund. Der Regent hatte nicht darauf geachtet, die Vier vollzählig zu machen. Daher folgte nur ein drittes Glaswesen, ein Kranich mit drei Köpfen und langen Reißzähnen, auf dem Jalimey saß.
    Â» Ich weiß, was du planst « , sagte Dasnaree, während die fliegenden Bestien sich senkten. » Ich weiß, wer du bist. Ich weiß alles über dich. Jeder, dem du dich je anvertraut hast, verrät dich, ohne mit der Wimper zu zucken. Dein Mädchen, das du im Stich gelassen hast. Dein… Baum. Ja, sogar der Baum verrät dich, er flüstert von dir, unüberhörbar. Ich kenne seinen Hunger… und deine Angst. «
    Tahan zog beide Schwerter.
    Â» Ich halte sie auf « , sagte Noan leise. » Lauf. «
    Nie und nimmer konnte Fürst Garlawin gegen diese Bestien bestehen, doch er lächelte und hob die rechte Hand, die der Glassplitter dunkel färbte. » Lass mich herausfinden, wie die Macht bei mir wirkt. Ich will nicht sterben, ohne meine Kraft zu kennen. Geh. «
    Tahan musste schlucken, er konnte keins der Worte aussprechen, die ihm auf der Zunge lagen. Nicht einmal danke.
    Stattdessen duckte er sich unter einem Torbogen hindurch und rannte. Hinter sich hörte er ein Krachen, der Boden bebte, und der Schein der Flammen schien den Himmel zu überstrahlen. Gläserne Schwingen schnitten durch die Luft. Er warf einen Blick über die Schulter– Dasnaree hechtete hinter ihm her. Natürlich. Tahan duckte sich unter einem Vorsprung hindurch und stand in einer Ruine, die noch ein brüchiges, von stämmigen Säulen getragenes Dach besaß. Hierhin konnte ihm der riesige Greif nicht folgen. Mit wenigen Sätzen hatte Tahan den Raum durchquert und kletterte auf der anderen Seite aus dem Fenster. Der Greif hatte auf dem Dach gewartet und stieß herab, gerade als eine weitere Erschütterung die Luft erzittern ließ; ein Windstoß schleuderte die Bestie gegen eine Mauer. Glas splitterte, sein unnatürliches Kreischen schrillte Tahan in den Ohren. Dasnaree fluchte und sprang ab.
    Â» Warte! Du kannst mir nicht entkommen! «
    Tahan rannte schneller. Ein Stück vor ihm war schon der Eingang in die Säulenhalle unter dem Baum. Verschüttet, natürlich. Damit hatte er zwar gerechnet, doch er hatte erwartet, dass er die Trümmer mit Hilfe seines brennenden Schwertes entfernen konnte. Die Zeit dafür fehlte ihm jetzt. Er sprang über die Steine und drehte sich zu Dasnaree um, der amüsiert lachte.
    Â» An deiner Stelle hätte ich mich so weit wie möglich von hier ferngehalten. Es ist wirklich traurig mit dir, Tahan. Du weißt nie, wann du verloren hast. «
    Das Wetterleuchten hinter den Mauern hielt an. Dann ein Schrei, gläsern und ohrenzerreißend, der Tahan durch Mark und Bein ging.
    Â» Wer das wohl war? « , sinnierte Dasnaree. » Vielleicht der junge Garlawin? Oder Jalimey? «
    Â» Du hast sie nur mitgenommen, damit sie hier stirbt! « , rief Tahan.
    Â» Oh nein, du missverstehst da etwas. Sie soll gewiss nicht sterben. Du und sie, vereint im Tod– das hättest du wohl gerne, wie? « Dasnaree trat näher, er lächelte, aber dahinter sah Tahan etwas anderes. Winzige dunkle Adern zogen sich über sein Gesicht. Er wirkte wie eine Statue, marmorn, uralt, über die der wilde Wein gewachsen war, jahrhundertelang. »
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