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Die Saeulen der Macht

Die Saeulen der Macht

Titel: Die Saeulen der Macht
Autoren: Maja Winter
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opferte. Er entschied, wohin die Reise ging, ob das Land blutete oder blühte, ob die Menschen ihr Gesicht in den Regen goldener Blüten hielten oder sich abwandten und flohen.
    Â» Gib dich uns « , sagten die Vier.
    Sie brauchten keine Mönche, keinen Orden, sie antworteten nicht auf Gebete und Fragen, sie lenkten keine Geschicke. Sie wollten nur einen Menschen, einen einzigen, in dem sie wohnen konnten.
    Â» Du bist mein, Geliebter. Du bist einer von uns. Du bist Wir. «
    Er verstand, warum das so war, verstand in einem Augenblick alles, sein ganzes Schicksal. Das göttliche Blut, das in dem ersten König und in seinen Nachkommen strömte. Das dünner und dünner wurde und in der Erde versickerte. Nur ein paar Tropfen, von Generation zu Generation weitergegeben. Der vertraute Geschmack des dunklen Pulvers, das sich in seinen Körper und seinen Geist und seine Seele eingegraben hatte, als er in dem dunklen Wasser im Leib seiner Mutter herangewachsen war, der banoasüchtigen Königin. Er war von Banoa durchdrungen, atmete den bitteren Duft aus, er schmeckte nach Banoa, und selbst seine Träume waren Banoaträume.
    Der Baum war wie ein Tier, das dem vertrauten Geruch folgte, dem Geruch seiner eigenen Art. Der Rang seines Dieners interessierte ihn nicht, die Kämpfe der Menschen um Erbfolge und Thron. Ganz gleich ob Dasnaree, Noan oder sonst ein Auserwählter vom Blute des alten Königshauses– es war zu dünn geworden, um den schlafenden Baum zu wecken, ihn aus den verlorenen Träumen einer vergangenen Zeit herauszulocken. Auf seinen eigenen Duft hingegen war er wild wie ein brünstiger Hirsch.
    Tahan hätte am liebsten gelacht, während das Sehnen des Baumes durch ihn hindurchzog, der Hunger und die Gier des fremdartigen Wesens, das ihn für sich beanspruchte. Er lachte darüber, wie sehr die Mönche sich getäuscht hatten und wie leicht es war, den Baum zu täuschen, zu beeindrucken, zu verführen. Während ihm das schwarze Wasser in die Lunge floss, durch die Nase in den Rachen, während er ertrank und doch nicht sterben konnte, öffnete der Baum sein Herz und tastete mit tausend Fingern nach ihm, streichelte ihn, wiegte ihn, stellte tausend Mal dieselbe Frage, auf die er immer noch kein Ja erhalten hatte.
    Â» Ergibst du dich? «
    Tahan öffnete den Mund, um zu sprechen. Schwarzes Wasser flutete in seine Kehle, löste seine Zweifel auf, seine Furcht…
    Etwas klopfte. Etwas störte. Es war, als würde jemand unablässig an eine Tür hämmern, ausdauernd, ohne Zweifel daran, dass er nicht damit aufhören würde, bevor er Gehör fand.
    Poch. Poch. Poch.
    Ã„rger flutete durch den Baum, von den am weitesten entfernten Wurzeln an den Grenzen des Königreichs bis hinauf in die Spitzen seiner Zweige.
    Poch. Poch. Poch.
    Der Strudel wirbelte Tahan herum, ihm war, als würde ihm gleich das Gehirn zu den Ohren hinausgezogen, da glomm wie eine Linie Licht auf. Strahlte, blendete. Er fiel, mitsamt einem Schwall Wasser, und stürzte auf den glatten Boden der Säulenhalle, hinter sich den dunklen Spalt der Wurzel.
    Â» Da seid Ihr ja, Prinz Tahan, Eure Hoheit « , sagte Meister Ralnir munter. » Wie frisch geschlüpft. «
    Auf einmal konnte Tahan nicht mehr atmen. Er spuckte und würgte das Wasser aus, hustete sich die Seele aus dem Leib, lag keuchend und stöhnend auf dem Boden. Es dauerte eine ganze Weile, bis er klar sehen konnte.
    Das Gewölbe, von den dunklen Säulen der Wurzeln getragen. Ralnir und Berias. Ein schwacher Lichtschein vom hinteren Ende der Halle; sie mussten die Trümmer abgetragen haben, um hier einzusteigen. Zu ihren Füßen lag Dasnaree, gefesselt. Wütend strampelte er, um sich zu befreien, sein Gesicht war rot angelaufen. Ein blutiger Streifen zog sich über seine Wangen, wo die gläserne Schwinge ihn getroffen hatte. Hinter ihm standen Noan und Jalimey.
    Â» Lasst mich frei! « , brüllte Dasnaree. » Ich habe die Macht des Baums, ich bin unbesiegbar! «
    Â» Oh, tatsächlich « , sagte Ralnir zu Berias. » Das muss ich vergessen haben, als ich ihn überwältigt habe. Ich habe gar nicht mehr daran gedacht, dass er unbesiegbar ist, weil er die größte Macht von allen besitzt. «
    Â» Ich auch nicht « , sagte Berias. » Uns ist ein Fehler unterlaufen, Meister. «
    Â» Vielleicht auch ihm. « Ralnir tippte Dasnaree mit der Schuhspitze
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