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Die Saeulen der Macht

Die Saeulen der Macht

Titel: Die Saeulen der Macht
Autoren: Maja Winter
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golddurchwirktes Gewand gehüllt, saß sie stocksteif auf dem Polster, die Hände um einen Zweig gekrampft, den sie als Zeichen des Respekts bei sich trug.
    Als sich die Kutsche dem großen Schlossportal näherte, ging ein Raunen durch die Menge. Das Tor öffnete sich, und ein einzelner Reiter auf einem schwarzen Pferd ritt hindurch. Diesmal glühte Ralnir innerlich vor Stolz. Der Junge machte entschieden eine gute Figur, und er war so hübsch, dass die umstehenden Frauen leise Rufe des Entzückens von sich gaben. Sein Gesicht, von schwarzen Locken umrahmt, hatte Farbe angenommen, seine dunklen Augen strahlten eine Macht aus, die auf weit mehr als seinem Rang beruhte. Wie blaue Adern zogen sich dünne Fäden über seine Wange. Der Baum mochte immer noch nach Prinz Tahan rufen– Ralnir wusste es nicht. Er wusste nur, dass sie jetzt eine Einheit waren, Noan und der brennende Baum von Terajalas. Und dass Noan den Preis bezahlte, den der Thron von ihm verlangte.
    Seine erste Amtshandlung hatte darin bestanden, das Heer aus Helsten zurückzurufen und den Krieg zu beenden. Dasnarees Glassoldaten waren mit dem Tod ihres Regenten zu Sand zerflossen und in die Erde gesunken, aus der sie gekommen waren. Noan hatte Hamyjane das Jakont-Tal überschrieben, wodurch ihre Unterschrift auf dem magischen Dokument sie dazu gezwungen hatte, ihren Teil der Abmachung einzuhalten. Die beiden würden König und Königin sein, und da die Prinzessin nicht über Noan verfügen konnte, wie sie über Tahan hatte verfügen wollen, nützte ihr der Zugriff auf die Glastürme nichts. Ihre Priester waren tot. Zudem waren die neuen Glastürme anders als der alte– sie waren so hart wie sastanischer Stahl, und weder mit einem Schwert noch mit anderem Werkzeug ließen sich Glassplitter davon entfernen. Es konnte keine neuen Brüder des Turms geben.
    Helsten und Terajalas würden in komplizierten Verhandlungen ihre Grenzen neu bestimmen und eine neue Verfassung entwerfen. Ein neues Reich, bestehend aus Helsten und Terajalas, regiert von König und Königin, zeichnete sich ab. Meister Berias würde viel zu tun haben, um darauf zu achten, dass alles einen guten Gang nahm. Noan hatte bereits angekündigt, was er als Nächstes vorhatte– die Aufhebung der Leibeigenschaft, was zu großen Unruhen unter dem Adel gesorgt hatte. Seine Regentschaft war nicht unumstritten, und er brauchte Hamyjane dringend, um seine Macht zu festigen.
    Ralnir wandte den Blick von den beiden Hauptpersonen des Festes ab und ließ ihn über die Zuschauer schweifen. Er war sich sicher, dass er da war.
    Jener Mann, für den er sein eigenes Gebot gebrochen hatte. Den er aus der Säulenhalle hatte entkommen lassen, obwohl er hätte sterben müssen. Er würde immer eine Gefahr für das Königreich und den König darstellen. Er würde immer ein Stachel sein im Glück von Terajalas. Und dennoch– wie hätte Ralnir Berias erlauben können, ihn zu töten, nach allem, was geschehen war? Man brauchte nicht aus der Quelle der Gerechtigkeit getrunken zu haben, um zu wissen, dass es falsch war, einen Mann wie ihn zu opfern. Nicht einmal für das Königreich. Einen Helden, der gerade auf alles verzichtet hatte, um das Leben seines tödlich verwundeten Freundes zu retten.
    Der Auserwählte des Baums, immer noch, bis an sein Lebensende– Prinz Tahan Dor Ilan.
    Als Erstes entdeckte Ralnir das Mädchen. Sie stand nicht weit von ihm entfernt. Ihr Haar war gewachsen, dennoch trug sie es nicht mehr geflochten. Sie sah ernst aus, und die Trauer in ihren Augen würde sie nie verlassen. Nichtsdestotrotz war sie viel schöner als die goldgeschmückte Prinzessin, so schön, dass es selbst einen alten Mann wie ihn berührte.
    Ohne auf die Schimpfworte zu achten, mit denen man ihn bedachte, schob Ralnir sich durch das Gedränge und blieb ein Stück hinter ihr stehen, versunken in den Anblick ihrer schmalen Schultern. Den Mann an ihrer Seite hätte er dagegen fast nicht erkannt. Er hatte sein weizenhelles Haar dunkel gefärbt, doch statt unauffällig zu bleiben und in der Menge unterzugehen, konnte er nicht einmal jetzt leugnen, wer er war. Er stach heraus wie ein flammender Löwe in einem Rudel brauner Hunde, und instinktiv machten die anderen Zuschauer ihm Platz.
    Ãœberall standen sie dicht an dicht, aber niemand wagte es, diesen Kerl anzurempeln. Statt der
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