Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Saeulen der Macht

Die Saeulen der Macht

Titel: Die Saeulen der Macht
Autoren: Maja Winter
Vom Netzwerk:
Du warst es! « , schrie Dasnaree. » Es war immer dein Zorn, der den Baum zu einem reißenden Tier gemacht hat. Du warst es, wenn er Menschen und Tiere verschlungen hat! Ich weiß es, ich kenne eure Träume! « Er brüllte, während die schwarzen Tentakel sich durch seine Haut bohrten, sich in seine Beine und seinen Rumpf fraßen. » Ich habe gewonnen. Sie wird weinen! Hörst du, sie wird weinen! Kiriell ist längst tot, hörst du, Jalimey? Ich habe nach ihm suchen lassen, er ist tot! «
    Er lachte, während der Baum ihn verschlang. Tahan konnte die Augen nicht von ihm abwenden, während sein Zorn mit dem Zorn des Baums verschmolz. Dann drehte er sich um und sah Jalimey auf dem Boden knien, blass und zitternd. Sie hatte die Arme um Noan geschlungen, der schwer atmete, auf seiner Brust eine Wunde wie eine große Blüte.
    Â» Er ist tot? Kiriell ist tot? «
    Tahan konnte sich nur flüchtig an das Gesicht des Mädchens erinnern, das er Dasnaree geraubt hatte. Arinee. Hübsch und zart mit großen Augen, ein flatterndes Herz an seiner Brust, ein Seufzen in seinem Ohr. Eine leise, verzagte Stimme unter einer weiten Kapuze. Fühlst du denn nichts, mein Prinz? Es war so leicht gewesen, ein Leben zu zerstören, im Vorbeigehen, und nichts dabei zu empfinden, außer flüchtiger Befriedigung.
    Seine Beine gaben unter ihm nach. Er streckte die Hand nach Noan aus und begegnete dem unsteten Blick seines Freundes.
    Â» Pass auf sie auf « , flüsterte Noan, während Jalimeys Tränen auf seine Stirn tropften.
    Hatte Tahan nicht immer gewusst, wen sie wirklich liebte? Einen jungen Fürstensohn mit rabenschwarzem Haar und einem edlen Herzen. Einen Mann, der sie gerettet hatte, bevor er sie kannte, weil er immer erst handelte und danach die Kosten überschlug. Es gab niemanden, der wie Noan war.
    Der Baum rief, wartete, öffnete seine Kammer. Der Baum ächzte, während er Dasnaree verzehrte, den falschen König, und auf den richtigen wartete.
    Â» Ergib dich mir. «
    Eine Verlockung wie keine zweite. Ein ganzes Meer aus Banoa, Rausch und Traum und Macht.
    Â» Ergib dich. «
    Tahan bückte sich und hob Noan hoch, er wankte unter dem Gewicht des jungen Mannes, während er auf die Kammer zutorkelte, auf die finstere Öffnung ins Herz des Baumes, wo die Macht der Vier dunkel träumte und tanzte. Die Tänzerin und die Richterin, der Eroberer und der Wächter.
    Â» Du wirst ja sagen « , flüsterte Tahan mit rauer Stimme, während er zum Spalt stolperte. » Wenn er dich fragt, sag ja. «
    Â» Ergib dich! « , schrie das dunkle Gesicht.
    Aber er hatte schon immer den Mächtigen getrotzt. Seinem Vater, dem irren Tyrannen. Den Göttern selbst. Dem Fluch. Den Mönchen, die sein Geschick lenken wollten. Der Sucht nach Banoa, die einst jede Faser seines Lebens beherrscht hatte. Und nun trotzte er der Macht der Vier.
    Â» Nein « , antwortete er und stieß Noan ins Herz der Wurzel.

34
    D ie Menschen standen so dicht, dass kaum ein Durchkommen war, und der Lärm schmerzte in den Ohren. Dass die Leute immerzu reden mussten, wenn sie zusammenkamen, war eins der Rätsel, die Ralnir nie durchschauen würde.
    Er liebte die Stille. Hatte sie immer geliebt. Die Einsamkeit, in der Entscheidungen heranwuchsen. Es störte ihn nicht halb so sehr, allein dazustehen, wie er befürchtet hatte.
    Der ehemalige Mönch benutzte seinen Bauch wie einen Rammbock, um sich durch die Reihen zu schieben. Die Prachtstraße, die vom Stadttor von Ghi Naral zum Palast des Königs führte, war nicht nur von Menschen allen Alters zum Bersten gefüllt, sondern darüber hinaus mit Bannern und Girlanden geschmückt. Von Rajalan her wehte der Duft des Baumes über die Ebene. Noch waren die Spuren der Katastrophe deutlich zu sehen, es würde seine Zeit dauern, bis das Land heilte. Aber es würde heilen. Das tat es immer.
    Â» Da kommt sie! «
    Ralnir zwängte sich zwischen zwei Frauen, die blühende Zweige schwenkten, um einen Blick auf die Kutsche der Prinzessin zu werfen. Sie wurde von acht schneeweißen Pferden gezogen. Ritter in den Farben von Helsten– das schwarze Schloss prangte auf ihren Bannern und Schilden– begleiteten den Wagen. Hamyjane wirkte schmal und ein wenig verloren, und kurz streifte Mitleid Ralnirs Züge. Letzten Endes war sie doch nur ein Mädchen, das Angst vor seiner Hochzeit hatte. In ein
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher