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Die Saat

Die Saat

Titel: Die Saat
Autoren: Guillermo Del Toro
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erfüllten Katakombe mit rauen Wänden. Eph schaltete die Luma-Lampe gerade noch rechtzeitig ein, um zu sehen, wie sich ein Vampir aus seiner Lauerstellung aufrichtete und auf ihn zukam. Er konnte das Silberschwert jedoch nicht schnell genug hochreißen, und so schleuderte der Vampir ihn gegen die Wand. Seine Lampe fiel dabei klappernd neben ein Rinnsal aus Abwasser, das über den dreckigen Boden floss. In ihrem heißen blauen Licht erkannte Eph, dass der Angreifer eine Frau war - oder es zumindest einmal gewesen war. Sie trug einen Blazer über einer verschmutzten Bluse, und ihr schwarzer Lidschatten war zu Waschbäraugen verschmiert. Der Unterkiefer fiel herab, die Zunge rollte sich zurück ... und genau in diesem Moment sprang Vasiliy aus dem Durchgang und rammte ihr seinen Dolch in die Seite, so dass sie herumwirbelte. Mit einem Schrei stach Vasiliy erneut auf sie ein, genau ins Herz. Sie taumelte rückwärts ... um gleich wieder nach vorne zu stürmen, doch Vasiliy versenkte seine Klinge in ihrem Bauch. Sie krümmte sich und fauchte - jedoch eher aus Verwirrung als aus Schmerz.
    Eph hatte sich inzwischen wieder aufgerappelt, und als der weibliche Vampir erneut auf Vasiliy losstürmte, hieb er mit dem Schwert, das er mit beiden Händen umfasste, auf ihren Rücken ein. Der Impuls zu töten war ihm immer noch fremd, und vielleicht nahm er deshalb etwas Schwung aus dem Hieb, so dass die Klinge ihren Weg nicht ganz vollenden konnte. Aber es reichte trotzdem, um das Rückgrat des Vampirs zu durchtrennen. Der Kopf der Kreatur sackte nach vorne, der Körper verkrampfte sich, als er in das Rinnsal aus Abwasser kippte.
    Platschende Geräusche hallten in den Katakomben wider - die Schritte des zweiten Vampirs, der losgerannt war, um die anderen zu alarmieren.
    Eph hob die Luma-Lampe auf und hastete mit dem Schwert an der Seite hinterher. Er stellte sich vor, dass er denjenigen jagte, der Kelly hierhergelockt hatte, und die Wut, die dabei in ihm aufstieg, trieb ihn so schnell weiter durch den dunstigen Gang, dass das Wasser unter seinen Stiefeln nur so aufspritzte. Das feuchte Klima hatte Algen und Pilze wachsen lassen, die im Licht der Lampe glühten. Vage konnte Eph die Gestalt des Vampirs vor sich erkennen.
    Dann machte der Tunnel eine scharfe Biegung, und der Vampir war verschwunden. Eph wurde langsamer, sah sich um, leuchtete die Umgebung panisch ab - bis er die Beine der Kreatur entdeckte, die sich durch ein schmales Loch unten in der Seitenwand zwängten. Das Wesen bewegte sich mit einer geradezu wurmartigen Effizienz. Eph hieb auf die schmutzigen Füße ein, aber da sie zu schnell hin und her schlingerten, stach er nur in den Dreck. Dann waren sie weg.
    Eph ging in die Knie, konnte auf der anderen Seite des Lochs aber nichts erkennen. Vasiliy und Setrakian waren immer noch weit hinter ihm - er konnte nicht auf sie warten. Er legte sich auf den Rücken und schob sich durch das Loch.
Bloß nicht stecken bleiben!
Als seine Arme und sein Kopf den nächsten Raum erreicht hatten, strampelte er sich frei und stand auf.
    Schwer atmend schwenkte er die Luma wie eine Taschenlampe. Zu seiner Linken, keine hundert Meter weiter, schien Licht. Tageslicht.
    Ein Bahnsteig. Er eilte die Gleise entlang und kletterte hinauf. Diese Haltestelle hatte nichts von dem Prunk der City Hall. Hier gab es nur nackte Stahlträger und über Putz laufende Leitungen. Eph meinte eigentlich, jede U-Bahn-Station in Downtown zu kennen, doch diese hier war ihm neu.
    Am Ende des Bahnsteigs standen einige Waggons mit AUSSER-BETRIEB-Schildern über den Türen, davor eine alte Aufsichtskabine, die mit Graffitis überzogen war. Er drückte die Türklinke der Kabine. Verschlossen.
    Hinten im Tunnel hörte er Geräusche. Es waren Vasiliy und Setrakian, die ihm nacheilten. Da begriff Eph, dass es nicht gerade schlau gewesen war, einfach allein vorneweg zu laufen, und beschloss, hier in dieser Oase des Lichts auf sie zu warten. Doch dann hörte er, wie ein Steinchen in das nahe Gleisbett fiel. Er wirbelte herum und sah den Vampir, der aus dem letzten Waggon stürzte, um so schnell wie möglich dem Licht der U-Bahn-Station zu entkommen.
    Eph rannte ihm bis zum Ende des Bahnsteigs hinterher, sprang auf die Gleise und folgte ihm in die Dunkelheit. Während er rannte, verschwammen die Tunnelwände vor seinen Augen. Er konnte hören, wie die nackten Fußsohlen des Vampirs auf die scharfkantigen Steine trafen. Die Kreatur stolperte, wurde langsamer. Eph holte auf. Das
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