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Die Saat Der Makellosen

Die Saat Der Makellosen

Titel: Die Saat Der Makellosen
Autoren: May R. Tanner
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schneien durften?
Diese Immaculate trug nicht nur eine Corsage, die ihre Oberweite, wie Bekky fand, überaus vulgär betonte, sondern auch verboten enganliegende Hosen aus braunem Wildleder zu pelzgefütterten, flachen Stiefeln, an denen kleine Glöckchen bimmelten, als wäre sie die Frau vom Weihnachtsmann. Außerdem, als wäre das hier in diesem Haus selbstverständlich, trug sie ganz offen Waffen zu ihrer Verteidigung an ihrem Gürtel, die Bekky einen weiteren Schauer über den Rücken jagten. Einen Dolch, eine Wurfaxt, deren rötlich schimmernde Schneide mit ledernen, von der Witterung bereits rissig werdenden Bändern über Kreuz geknüpft an einem roh geschnitzten Holzgriff gehalten wurde und ein kleines weißes Säckchen, deren Inhalt aufgrund der spitzen Ausbuchtungen des angeschmutzten Stoffes lieber unerkannt bleiben wollte.
    Sie war fast groß wie Bekky auf hohen Absätzen und dem äußeren Anschein nur wenig älter als Romy und sie hatte ebenfalls so blondes Haar wie Rebeka. Jedoch hing ihres lang und glatt über die Schultern. Ihre Gesichtszüge waren ursprünglich sicher einmal wunderschön und begehrenswert gewesen. Jedoch war die linke Hälfte ihres einst makellosen Gesichts mit Narben entstellt, die sie offen und ohne Scham präsentierte.
Der Länge nach gezogen, weiß glänzend. Schrecklich. Das war ganz sicher kein Unfall gewesen, sondern vorsätzlich zugefügt worden. Mit einem sehr scharfen Gegenstand, der durch die Haut geschnitten haben musste, als wäre diese nichts weiter als weichgeschmolzene Butter. Bekky, die noch nie in ihrem Leben so etwas gesehen hatte, schluckte schwer und jeder Gedanke an eine schnippische Erwiderung verpuffte. Sie war so gefesselt von diesem Anblick, dass sie sogar vergaß, weiterhin aktiven gedanklichen Widerstand gegen diese Gesellschaft zu leisten. Sie konnte nur noch darüber nachdenken, wer diese Tat begangen hatte, wie schmerzhaft das gewesen sein musste und ob sie gesühnt worden war.
    „Wie klug du doch eigentlich bist, Mädchen.“, fuhr die Unbekannte fort und schenkte der geschockten Bekky ein spöttisches Lächeln, bevor sie ein pelzbesetztes Bündel, das zu ihren Füßen von Rebeka unbemerkt gelegen hatte, aufnahm.
„Wenn es auf jedem Gebiet so wäre, dann hättest du garantiert ein paar Probleme weniger. Vor allem mit dir selbst, Mädchen.“
Mit diesen Worten ließ sie Rebeka, die ihr mit großen Augen hinterher starrte und zusah, wie ihr ein paar der anderen Gäste mit einer höflichen Verbeugung oder einem Knicks Platz machten, stehen.
Sie musste sich umziehen gehen. Denn so, wie sie jetzt aussah, konnte sie weder dem Orakel noch ihrem Vater und ganz sicher keiner Devena nach dem Einführungsritual gegenüber treten, ohne deren Auge zu beleidigen. Sie war eben erst angekommen. In letzter Minute sozusagen. Das musste man zu ihrer Entschuldigung akzeptieren.
    „Oh, sieh mal einer an. Die Tri’Ora beehrt uns mit ihrer Anwesenheit. Schicken Sie nur die eine oder gibt es einen Auftritt zu Dritt?“ Malcolm lenkte die Aufmerksamkeit seiner Geschwister auf die nicht allen Unbekannte, die sich mit leise klingelnden, anmutigem Schritt einen Weg in die oberen Räume bahnte. Fiona sah ihr bewundernd hinterher. Diese Frau war etwas ganz Besonderes und verdiente, ähnlich der Devena und dem Orakel eine Verehrung der höchsten Form.
    „Sie ist wunderschön. Sie hat eine reine Seele.“
    „Und ein Gesicht, als hätte sich Freddy persönlich daran vergriffen.“ Theodor hatte diese Worte unbedacht geäußert und erstarrte im nächsten Moment, als sich ein sternförmiges Wurfgeschoss haarscharf neben seinem Kopf in die Wand bohrte, zur Salzsäule. Über die Köpfe der anderen Immaculates hinweg fing er in der letzten Sekunde das wissende Lächeln der Frau auf, auf deren Kosten er sich lustig zu machen gedachte, bevor sie ihren Weg nach oben fortsetzte. Sie hatte ihn gehört. Selbst über das Geschnatter der anderen hinweg.
    „Tja, Theodor, sieht so aus, als wäre da jemand scharf auf dich.“, bemerkte Malcolm ironisch.
    Theodor zog den silbernen Stern aus der Tapete und wog das schwere Metall abschätzend in seiner Hand. Die Waffe war mit geschickter Hand geschmiedet worden. Einer ihm nicht unbekannten Hand. Seine Miene verdüsterte sich etwas.
„Danke, ich glaube, meine Gesundheit und mein Leben sind mir dann doch etwas wichtiger als ein flüchtiges Abenteuer.“
    Fiona gab einen schockierten Laut der Verwunderung von sich. Theodor entschuldigte sich
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