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Die Saat Der Makellosen

Die Saat Der Makellosen

Titel: Die Saat Der Makellosen
Autoren: May R. Tanner
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wird…
    Nico war trotz ihres Wissens um die Zeremonie überaus nervös, weil sie so viele Augen auf sich ruhen spürte. Unter ihren nackten Fußsohlen spürte sie die zarte Seidenbahn, deren Farbe sie im Dunkeln nicht erahnen konnte. Sie wusste nur, dass sie dunkelrot war, weil sie beim Öffnen der Tür einen kurzen Blick darauf erhascht hatte. All ihre Sinne waren zum Zerreißen gespannt, sie spürte die Anwesenheit der anderen wie das Krabbeln von tausenden Insektenfüßen auf ihrer Haut.
    Instinktiv wusste sie, wann sie die Worte der alten, fremden Sprache flüstern musste, die sie gestern und heute den ganzen Tag lang noch gelernt hatte. Eine der Helferinnen des Orakels hatte sie ihr beigebracht, weil sie diese Sprache noch niemals gehört hatte. Es schien eine Mischung aus Alt-Ägyptisch, Aramäisch, Hebräisch und Ugaritisch zu sein. Ein Beweis dafür, wie lange die Immaculate schon auf Erden wandelten. Sie hatten schließlich die relativ moderne Sprache Latein als Amtssprache gewählt, um sozusagen ein neues Zeitalter einzuläuten. Nico musste sich erst daran gewöhnen, in solchen Dimensionen zu denken. Ihr stand die Umwandlung schließlich erst noch bevor.
    Nico blinzelte überrascht, als eine Flamme sich plötzlich in der Mitte der Schale entzündete, die sie bisher vorsichtig auf ihren Handflächen balanciert hatte und auf Brusthöhe vor sich hertrug. Das Orakel hatte ihr gesagt, dass sie über genug Magie verfügte, um dieses Ritual zu beginnen, doch tief in ihrem Herzen hatte sie bisher daran gezweifelt.
Bei jedem Schritt glitten die Seidenlagen des rituellen Gewandes über ihre nackten Beine. Genau genommen trugen sie alle nicht sehr viel am Leib, auch wenn die Gewänder bodenlang waren. Die Stoffe waren so fein gesponnen als wären es Lagen von feinen Spinnweben, aus denen man sie zusammengenäht hatte. Ihren Blick nach links gerichtet erreichte sie das Spalier, das die Krieger des Volkes bildeten.
    Nico hielt die Schale dem ersten Krieger hin und die Flamme übertrug sich wie von Geisterhand auf die Schale, die er in Händen trug. Kurz hob sie den Blick und schnappte dann leise nach Luft, weil sie den Mann erkannte. Es war Ray Avery! Der Spezialist, der die Alarmanlage in ihrer Wohnung installiert hatte. Schnell senkte sie die Lider, bevor sie sich zu sehr ablenken ließ. Sie musste die Krieger einzeln abschreiten, also wandte sie sich an den rechten Mann, wo sie ebenfalls die Flamme anzündete.
    Dann geschah es. Eine Hitzewelle stieg in ihr auf und ihr stockte der Atem. Ihre Hände zitterten und sie hätte beinahe die Schale fallen lassen, wenn Mélusina nicht beherzt zugegriffen hätte, um ihr Halt zu geben. Mit zitternden Knien sah sie zu dem Mann auf, von dem sie seit Tagen träumte.
    Damon! Er war ein Krieger! Ein Warrior der Immaculate!
    Nico wollte am liebsten im Boden versinken, weil sie es nicht erkannte hatte. Oder einfach zu naiv gewesen war, um es zu sehen.
All die im Geheimen gehegten kleinen Hoffnungen zerfielen zu Staub, als wären sie von den tanzenden Flammen vertilgt worden. Sie spürte ihre Augen brennen und blinzelte wieder und wieder. Einen Moment, der ihr wie die Ewigkeit erschien, versank sie in seinem Blick, doch sie brachte es nicht einmal fertig, ihn vorwurfsvoll anzublitzen. Er hatte sicher gute Gründe gehabt, ihr diese Tatsache zu verschweigen. Das hier änderte alles. Der Warrior Damon hatte damit ein deutliches Statement abgegeben, sie aus seinem Leben heraushalten zu wollen.
    - Du wusstest es! DU hast es gewusst! -
    - Nico! Das Ritual! Bitte… Es ist doch nicht wichtig, ob er ein Warrior ist oder nicht! -, antwortete Mélusina auf den Vorwurf und drängte sie, weiterzugehen.
    Nico fühlte sich, als würde sie innerlich vor Hitze vergehen und wünschte sich, ihr Körper würde sie nicht verraten, aber ihre Haut war mit heiligem Öl gesalbt worden, das den ihr eigenen Duft nur noch verstärken würde. Vor allen Dingen weil sie nicht mehr jung genug war… Sie war voll geschlechtsreif.
    Das weitere Anzünden kam Nico wie eine unendliche Folter vor. Schließlich kam sie beim letzten Krieger an. Jagannatha vom Hause Draco, den sie nun ein bisschen besser kannte oder vielmehr die letzten Tage öfters zu Gesicht bekommen hatte, weil sie ja so viel Zeit mit Catalina verbracht hatte wie nur möglich. Ihretwegen durfte sie sich keine Fehler erlauben. Der Krieger wäre bestimmt sehr enttäuscht, wenn sie seine Seelenverwandte vor den wichtigsten Vertretern seines Volkes
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