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Die Runen der Macht - Göttliche Rache (German Edition)

Die Runen der Macht - Göttliche Rache (German Edition)

Titel: Die Runen der Macht - Göttliche Rache (German Edition)
Autoren: Philippa Ballantine
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erreichte. Hier war die Zeit der Anflehung dargestellt – der letzte Nagel im Sarg des Glaubens. Anhänger aller Religionen waren um einen zentralen Punkt versammelt, und Blut floss aus ihren Knien, auf denen sie wochenlang gebetet hatten, die Hände flehentlich zu den Göttern emporgestreckt.
    Es war keine Erlösung gekommen. Und diejenigen, denen sie gehuldigt und vertraut hatten, wurden danach für alle Zeit als kleine Götter bezeichnet. Zofiya traten Tränen in die Augen, und sie konnte sich nicht daran erinnern, wann das zuletzt geschehen war. Zumindest hatte der Tempel ihrer Göttin überlebt. Viele andere waren verfallen, als ihre Anhänger sie aufgegeben hatten.
    Doch sie hatte Glauben, sie hatte Zuversicht, und sie würde niemals aufgeben. Der Gedanke war warm und tröstlich. Als sie sich gegen den Fries lehnte, lächelte sie sanft. Sie spürte, dass sich unter ihrer Hand etwas bewegte wie das glatte und geschmeidige Gleiten einer Schlange.
    Zofiya trat einen Schritt zurück, während das alte Wandbild sich bog und krümmte. Blut sickerte aus den selbst verschuldeten Wunden der Bittsteller, und frische Tränen strömten ihnen aus den Augen, rannen an der Wand hinab und tropften auf den Boden. Darüber dräuten die Symbole der Götter grau und dick wie Gewitterwolken, doch unter ihnen erkannte sie eins. Hatipai. Das Zeichen ihrer Göttin glänzte hell und golden inmitten der anderen.
    Das Lächeln der Großherzogin wurde breiter, als sie das Symbol berührte. Sofort war sie von Herrlichkeit erfüllt. Sie riss den Kopf zurück und stieß ein Stöhnen aus, denn Lust drang ihr bis ins Mark. Alle körperlichen Freuden verblassten im Vergleich zu dieser. Kein Edelmann oder Prinz konnte ihr ein solches Gefühl schenken. Die Göttin war bei ihr und freute sich daran, dass ihre Tochter an ihrem Glauben festgehalten hatte, wo so viele gestrauchelt waren.
    Das Symbol setzte sich in Bewegung, und Zofiya folgte ihm und nahm kaum die Stufen unter ihren Füßen wahr. Ihre Göttin wisperte ihr direkt in die Seele.
    Gemeinsam gingen sie zwei weitere Treppen in die Erde hinab, dann wurde der Fries von einer nackten Steinmauer unterbrochen. Zofiya beugte sich vor, berührte die Mauer und war nicht überrascht, als ihr Medaillon heißer wurde.
    Der glatte, weiße Stein der Mauern war so fest aneinandergefügt, dass sie nicht einmal ihre schmalste Klinge hätte dazwischenschieben können. In die Wände eingelassen waren kleine Wehrsteine, die ein kühles, blaues Licht verströmten. Diese empörende Verwendung solch gefährlicher Machtgefäße hätte ihr Angst machen sollen, aber sie wusste, dass die Göttin ihre Dienerin nicht fallen lassen würde. Das goldene Symbol lief weiter, und die Großherzogin folgte ihm mit den Fingern – zufriedener und ruhiger als je zuvor im Leben.
    Doch der Fries hatte sich verändert. Er zeigte jetzt nur noch abstrakte Formen, Umrisse von Vögeln und Säugetieren – aber nichts Menschliches. Wäre sie allein gewesen, wäre sie stehen geblieben, um sie zu untersuchen, doch die Göttin hielt sie noch immer in Bann.
    Sie ging weiter und kam in ein kleines Nebenzimmer. Hier war ein Stein zu solchem Glanz poliert, dass Zofiya den Blick abwenden musste, während Hatipais Symbol unter ihren Fingerspitzen verblasste. Das Verschwinden der Göttin war schmerzhaft, aber die Großherzogin weinte nicht.
    Hatipai musste sie aus gutem Grund hierher gebracht haben. Zofiya beschirmte die Augen gegen das grelle Licht und sah sich um. Im Zimmer befanden sich keinerlei Möbel; außer dem nackten Stein, der so hell leuchtete, gab es hier nichts. Etwas in der Großherzogin sagte ihr, dass es nicht richtig wäre, bewaffnet und stolz weiterzugehen. Dies war der Ort der Göttin.
    Zofiya nahm ihren Schwertgürtel ab, legte ihn neben die Tür, ließ sich auf die Knie fallen und rutschte vorwärts, wobei sie die Gesten der Büßer aus fernen Zeiten nachahmte. Als sie den glänzenden Stein erreichte, legte sie die Finger darauf und neigte den Kopf.
    Das Licht erstrahlte so hell, dass es sie selbst durch geschlossene Lider blendete. Als es nachließ, riskierte Zofiya, die Augen wieder zu öffnen.
    Der Stein hatte sich in feinsten Bergkristall verwandelt. Was sich dahinter befand, ließ Zofiya staunen wie ein Kind, das gerade sein erstes Luftschiff gesehen hatte.
    Es war ein Engel. Seine Gestalt war in Licht gehüllt, sodass kaum mehr als seine menschenähnliche Form zu erkennen war – doch hinter ihm flatterten seidenfeine
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