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Die Runen der Macht - Göttliche Rache (German Edition)

Die Runen der Macht - Göttliche Rache (German Edition)

Titel: Die Runen der Macht - Göttliche Rache (German Edition)
Autoren: Philippa Ballantine
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gewesen, und ihre Augen hatten nur gesehen, was sie sehen wollte. Nach so langer Zeit beschwor sie praktisch Geister in allen Ecken. Sie ballte die Fäuste im glatten Leder ihrer Handschuhe.
    Seufzend drehte Sorcha sich wieder zu Merrick um. »Ihr hattet offenbar recht. Die Frau ist einfach schreckhaft. Hier ist nichts.« Die Enttäuschung in ihrer Stimme war nicht zu überhören.
    Ihr Partner zuckte die Achseln. »Vielleicht hat sie gesehen, was …«
    In diesem Moment standen Sorcha alle Haare zu Berge. Es lief ihr eiskalt den Rücken hinunter, und in der Ecke klapperte etwas Metallisches. Sorcha fuhr herum und riss das Tuch von einer knapp zwei Meter hohen Konstruktion, einem Kalender mit den Mondphasen und dem Datum auf einer riesigen Scheibe – wahrscheinlich für ein Lagerhaus gedacht. Wie gerufen begann das Gerät laut zu ticken, fast im gleichen Rhythmus wie ihr Herz.
    Sorcha!
Merrick brüllte in ihrem Kopf, als sich ihre gemeinsame Sicht klärte. Etwas hatte sich um den Fuß der Uhr geschlungen und drehte und wand sich wie ein Bündel Schlangen. Sorcha bekam große Augen. Erschrocken machte sie einen Schritt rückwärts und hob die Handschuhe. Schatten waren die Überreste eines jüngst verstorbenen Menschen, Gespenster deren bösartige Vettern. Verdorben durch die Anderwelt, waren sie menschliche Seelen, die Rache suchten. Für gewöhnlich jedoch manifestierten sie sich allein – was sie jetzt vor sich hatte, war etwas ganz anderes. Ein spukender Schatten war eher lästig als furchteinflößend. Das traf auf diese Gespenster ganz und gar nicht zu.
    Das Klappern verärgerter Gespenster wurde lauter, als ihr wirbelndes Knäuel auseinanderflog, um jeden Winkel des Dachbodens zu verdunkeln. Sorcha wusste, dass sie weit mehr bekommen hatte, als sie wollte.
    »Bleibt, wo Ihr seid«, brüllte sie Merrick zu und duckte sich dabei unter den dunklen Streifen weg, die allmählich skeletthafte Gestalt annahmen.
    Ein Nest von Gespenstern war besonders gefährlich. Diese Tatsache wurde Sorcha bewusst, als ihr die Dinge auf dem Dachboden um die Ohren zu fliegen begannen. Es war ziemlich schwer, sich zu konzentrieren, wenn man ständig ausweichen musste. Ein großes Glasgebilde, anscheinend eine Leuchtturmlinse, kippte um, riss Sorcha von den Füßen und zerschmetterte auf dem Boden in tausend Stücke.
    Mit einer Hand beschwor Sorcha Shayst, die Sechste Rune der Herrschaft, und der Dachboden flammte grün auf. Shayst saugte den Gespenstern die Macht aus, zumindest jenen, die sie mit der Rune treffen konnte. Die Macht ging auf sie über und reichte aus, damit sie die Linsenhalterung hochstemmen und darunter hervorkriechen konnte.
    Aus dem Augenwinkel sah sie Merrick auf sich zukommen und nach seinem Riemen greifen, dem Talisman der Sensiblen.
    Sorcha konnte seine Furcht schmecken. »Wagt es nicht, ein Aktiver zu werden!«
    Obwohl jeder Diakon beide Talente in sich trug, war ein Sensibler, der seine Aktive Macht benutzte, lächerlich gefährlich und letztendlich nutzlos. Er verzog das Gesicht. »Ich denke, ich habe etwas Besseres.« Er beschwor Masa, die Dritte Rune der Sicht, und ihr gemeinsames Zentrum verschwamm und vertiefte sich, und jetzt sah Sorcha doppelt. Während die Gegenstände auf dem Dachboden durcheinanderfielen und die Gespenster kreisten, zischten und Sorcha damit bewarfen, konnte sie alles sehen, bevor es geschah.
    Die Aktive duckte sich und rollte zur Seite, als ein hoher Apparat mit langen Reihen von Zahnrädern von der Wand stürzte. Man konnte nur ahnen, was die Witwe Vashill draußen dachte. Es konnte nichts Gutes sein.
    Ein wirbelnder Gespensterschwarm schoss auf sie herab, schrie nach Rache und war kurz davor, sich in Sorchas Körper zu bohren und sich seiner zu bemächtigen. Sorcha ließ sich auf den Rücken fallen und hob die Handschuhe; einer leuchtete im blauen Feuer von Aydien und hielt die Mehrzahl der Gespenster zurück, während sie Shayst auf die unmittelbaren Angreifer richtete.
    Schweiß trat ihr auf die Oberlippe, als sie ihnen die Kraft entzog, und in ihrem Hinterkopf summte es vor Freude.
    Nimm es. Nimm alles. Alles.
Der heimtückische, verführerische Ruf bedrängte sie, weil es sich so unwahrscheinlich
gut
anfühlte.
    Sorcha war so damit beschäftigt, die Gespenster zu entmachten, die unter der Decke umherschwärmten, dass sie beinahe die Nachzügler übersehen hätte, die zwischen den Kisten hindurch auf den Dachboden huschten und stolperten.
    Sorcha!
Merrick, der immer noch reglos
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