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Die Ruinen von Gorlan

Die Ruinen von Gorlan

Titel: Die Ruinen von Gorlan
Autoren: John Flanagan
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Pfeile traf, genau dort, wohin er gezielt hatte, genau so, wie er es in seinem Geist gesehen hatte, bevor er schoss. Er dachte an die Stunden, die er damit verbracht hatte, Spuren von Tieren und Menschen zu lesen und zu verfolgen. Wie er die Kunst erlernt hatte, sich beinahe unsichtbar zu machen. Er dachte an Reißer, an den Mut und die Treue dieses Ponys.
    Und er dachte an die Freude, die er verspürt hatte, sobald er Walts schlichtes »gut gemacht« hörte, wenn er eine Aufgabe zu dessen Zufriedenheit ausgeführt hatte. Und plötzlich wusste er es. Er blickte hoch zu dem Baron und sagte mit fester Stimme: »Ich bin ein Waldläufer, Mylord.«
    Von der Menge kam ein überraschtes Murmeln.
    Der Baron trat näher zu ihm und sagte leise: »Bist du sicher, Will? Du musst dieses Angebot nicht ablehnen, weil du vielleicht denkst, Walt wäre beleidigt oder enttäuscht. Er selbst bestand darauf, dass es deine Entscheidung ist. Das hat er mir bereits gesagt.«
    Will schüttelte den Kopf. Er war sich sicherer denn je.
    »Ich danke Euch für die Ehre, Mylord.« Er blickte zum Heeresmeister und sah zu seiner Überraschung, dass Sir Rodney lächelte und anerkennend mit dem Kopf nickte. »Und ich danke dem Heeresmeister und seinen Rittern für das großzügige Angebot. Aber ich bin ein Waldläufer.« Er zögerte. »Und ich möchte niemanden dadurch beleidigen, Mylord«, beendete er seine Erklärung verlegen.
    Ein herzliches Lächeln breitete sich auf dem Gesicht des Barons aus und er fasste Wills Hand mit seiner riesigen Pranke.
    »Und ich fühle mich auch überhaupt nicht beleidigt, Will. Ganz und gar nicht! Deine Treue zu deiner Zunft und deinem Lehrmeister ehrt dich und alle von uns, die dich kennen!« Er drückte Wills Hand noch einmal fest und entließ ihn.
    Will verbeugte sich und drehte sich, um diesen langen, langen Gang entlang zu laufen. Wieder wurde geklatscht und diesmal hielt Will den Kopf hoch erhoben. Dann, als er beinahe wieder bei den großen Türen angekommen war, bot sich ihm ein Anblick, bei dem er verblüfft stehen blieb.
    Denn ein wenig abseits von der Menge, in seinen graugrün gesprenkelten Umhang gehüllt, stand Walt.
    Und er lächelte.



S päter an diesem Nachmittag, nachdem all die Aufregung abgeklungen war, saß Will allein auf der schmalen Veranda von Walts Hütte. In seiner Hand hielt er ein kleines Bronzeamulett, das wie ein Eichenblatt geformt war, mit einer Stahlkette, die durch eine Öse daran gefädelt war.
    »Das ist unser Symbol«, hatte ihm sein Lehrmeister erklärt, als er es ihm nach den Ereignissen auf der Burg überreichte. »Das ist das Zunftzeichen der Waldläufer, was in etwa einem Wappen entspricht.«
    Dann hatte er an seinem Kragen gefummelt und ein genauso geformtes Eichenblatt herausgeholt, das er an einer Kette um den Hals trug. Die Form war die gleiche, doch Walts Amulett war aus Silber.
    »Bronze ist die Farbe der Lehrlinge«, hatte Walt ihm erklärt. »Wenn du mit deiner Ausbildung fertig bist, wirst du ein silbernes Eichenblatt erhalten wie dieses hier. Alle Waldläufer tragen sie, entweder in Silber oder in Bronze.« Er sah kurz in die Ferne, dann fügte er mit heiserer Stimme hinzu: »Eigentlich hättest du es erst erhalten sollen, nachdem du deine ersten Prüfungen bestanden hättest. Aber ich bezweifle, dass irgend jemand etwas einwenden würde, so wie die Dinge sich entwickelt haben.«
    Jetzt schimmerte das eigenartig geformte Stück Metall in Wills Hand, als er noch einmal über die Entscheidung nachdachte, die er getroffen hatte. Es kam ihm so merkwürdig vor, dass er freiwillig das aufgegeben hatte, auf das er die meiste Zeit seines Lebens gehofft hatte: Die Möglichkeit, in die Heeresschule zu gehen und seinen Platz als Ritter im Heer von Burg Redmont einzunehmen.
    Er drehte das Amulett an der Kette um den Zeigefinger und seufzte. Das Leben konnte so kompliziert sein. Tief innen spürte er genau, dass er die richtige Entscheidung getroffen hatte. Und doch nagte ein winziger Zweifel an ihm.
    Da merkte er, dass jemand neben ihm stand. Es war Walt, der sich jetzt neben ihn auf die Holztreppe der Veranda setzte. Vor ihnen fielen die letzten Sonnenstrahlen durch die grünen Blätter des Waldes und das Licht schien zu tanzen, als eine leichte Brise die Blätter bewegte.
    »Ein großer Tag«, sagte Walt leise und Will nickte.
    »Und eine große Entscheidung, die du getroffen hast«, sagte der Waldläufer nach einigen weiteren Minuten des Schweigens zwischen ihnen.
    Diesmal
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