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Die Rückkehr der Templerin

Die Rückkehr der Templerin

Titel: Die Rückkehr der Templerin
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Gespräch führen zu hören, erschien ihr schier ungeheuerlich.
    Sie war mittlerweile endgültig außer Hörweite der beiden Ritter und schritt nun ein wenig schneller aus, um nicht den Anschluss an die anderen zu verlieren. Vor ihnen machte der Korridor eine sanfte Biegung nach links, hinter der helles Tageslicht schimmerte, aber die Männer traten durch eine schmale Seitentür, die nicht nur so niedrig war, dass Robin sich hindurchbücken musste, sondern auch so schmal, dass sie sich allen Ernstes fragte, wie etwa ein Mann von Abbés Statur hindurchpassen sollte.
    Dahinter führte eine steile, kaum beleuchtete Treppe in die Höhe. Robin schleppte sich die Stufen mit hängenden Schultern und gesenktem Kopf empor. Der Stein fühlte sich unter ihren Füßen so glatt poliert wie Eis an, als hätten ihn Tausende und Tausende und Abertausende von Füßen in ebenso vielen Jahren blank gescheuert, doch die Tür, zu der die ausgetretenen Stufen hinaufführten, mündete in einen Raum von geradezu profaner Schlichtheit: braungelber Sandstein ohne den geringsten Schmuck oder Zierrat, Fußboden und eine leicht gewölbte Decke aus demselben Material. Helles Sonnenlicht und ein Schwall erstickender Wärme drangen durch zwei schmale Fenster auf der Rückseite, und es gab gleich drei Türen, die aus der Kammer herausführten.
    Zwei davon standen auf. Die eine führte ins Freie, auch wenn Robins an das trübe Zwielicht gewöhnten Augen kaum mehr als einen verschwommenen Fleck gleißender Helligkeit wahrnahmen. Hinter der anderen konnte sie einen schmalen Ausschnitt eines gewaltigen, lichtdurchfluteten Raumes erkennen. Überall blitzte und schimmerte es von Gold und Silber. Prachtvolle Gemälde und kunstvolle Schnitzereien und Skulpturen säumten die Wände, und Dutzende schneeweißer Säulen trugen die hohe, reich verzierte Decke. Der Duft von Weihrauch lag in der Luft. Von der Decke hingen bunte Banner mit verschlungenen Schriftzeichen, die Fahnen der Heere der Ungläubigen, die von den Tempelrittern erbeutet worden waren. Sie befanden sich im Templum Domini. Vor ihr lag eines der Wunder, die zu sehen Robin vom anderen Ende der Welt hierher gekommen war.
    Dennoch wandte sie sich in die entgegengesetzte Richtung.
    Die meisten Männer, die mit ihr heraufgekommen waren, betraten das Kirchenschiff, um zu beten und Gott für die glückliche Rückkehr von ihrer gefährlichen Mission zu danken, aber sie musste raus hier. Ihr Schwindelgefühl wurde immer schlimmer. Ihr Herz pochte bis zum Hals, und im Nachhinein fragte sie sich fast selbst, wie sie es die Treppe heraufgeschafft hatte. Ihre Knie zitterten so stark, dass die Glieder ihres Kettenhemdes leise klimperten, wenn sie still stand.
    Hitze und Licht trafen sie wie ein Faustschlag ins Gesicht, als sie ins Freie trat. Im allerersten Moment war sie fast blind. Die Luft, die sie atmete, brannte wie flüssiges Pech in ihrer Kehle, und ihre Augen drohten zu verbrennen. Alles verschwamm vor ihrem Blick. Der Platz, der sich vor ihr ausbreitete, war derselbe, vor dem sie vorhin mit Nemeth gestanden hatte, nur von der anderen Seite her betrachtet, aber er kam ihr plötzlich
    viel größer vor und auf unheimliche Weise verzerrt. Alles schien in beständiger, Schwindel machender Bewegung. Der Boden schwankte wie die Planken eines kleinen Schiffchens im Sturm. Das Schwindelgefühl wurde stärker, obwohl sie es noch vor einem Augenblick gar nicht für möglich gehalten hätte.
    Blindlings taumelte sie los. Ihre Schulter begann wieder zu schmerzen. Plötzlich konnte sie sich nicht mehr erinnern, in welcher Richtung das Assassinenhaus lag oder der Basar, aber sie musste es einfach finden. Sie machte einen weiteren, taumelnden Schritt in die lodernde Mittagshitze hinaus, und ein weiß glühender Schmerz explodierte in ihrem Leib und ließ sie wie von einem Axthieb gefällt zusammenbrechen.

22. KAPITEL
    Der Raum, in dem sie untergebracht war (Robin vermied es sorgfältig, auch nur in Gedanken das Wort gefangen zu benutzen), hatte nur ein einziges, schmales Fenster, das nach Osten hinausführte und selbst für sie zu schmal gewesen wäre, um sich hindurchzuzwängen, trotzdem aber zusätzlich vergittert war. Da das Zimmer im dritten Stock des Gebäudes lag, reichte ihr Blick ungehindert über die Dächer der gesamten Stadt und die Mauer bis über den Ölberg. Müde fragte sie sich, ob auch Jesus auf den Ölberg blicken konnte, als er vor so langer Zeit hier eingekerkert gewesen war.
    Seltsam - seit
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