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Die Rückkehr der Templerin

Die Rückkehr der Templerin

Titel: Die Rückkehr der Templerin
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Jerusalem noch vor Ablauf der nächsten Stunde verlassen, und wir werden uns nicht wiedersehen.«
    Robin starrte ihn beinahe entsetzt an. Noch vor einem Moment war sie so wütend auf ihn gewesen, wie selten zuvor auf irgendjemanden. Aber ihn niemals wiedersehen? Ein einziger Blick in Abbés Gesicht machte ihr klar, dass er auf keine der tausend Fragen antworten würde, die ihr plötzlich auf der Zunge brannten. Wenigstens jetzt nicht. Schweigend legten sie den restlichen Weg nach unten zurück.
    Als sie das Gebäude verlassen wollten, traten ihnen zwei Männer in weißen Templeruniformen entgegen. Beide hatten ihre Schilde abgenommen und am linken Arm befestigt, und ihre Hände lagen auf den Schwertern. »Ritter Robin von Tronthoff?«, sprach sie der eine an.
    Robin war so überrascht, dass sie im allerersten Moment gar nicht reagierte, sondern den Mann nur verwirrt anblickte. Er war überdurchschnittlich groß, und die Schultern unter dem weißen Hemd schienen beständig darum bemüht zu sein, ihr Gefängnis aus Stoff und Kettengewebe zu sprengen. Auch sein Begleiter war von ähnlich beeindruckendem Wuchs, und jetzt fiel Robin auch auf, dass die beiden Männer nicht allein gekommen waren. Vier weitere Ritter, alle mit ihren Schilden an den Armen, standen wie zufällig ganz in der Nähe, aber sie blickten bestimmt ganz und gar n icht zufällig in ihre Richtung.
    »Was geht hier vor?«, fragte Abbé scharf. Er trat mit einem einzigen Schritt zwischen Robin und den Ritter und funkelte ihn an. Abbé reichte dem bärtigen Hünen kaum bis zum Adamsapfel, doch es war nicht das erste Mal, dass Robin Zeuge wurde, wie der kahlköpfige, dicke Mann andere einfach dadurch in die Flucht schlug, dass er sie anstarrte.
    So weit kam es diesmal nicht, aber das herausfordernde Glitzern in den Augen des Hünen machte für einen Moment Verwirrung und dann deutlicher Unsicherheit Platz. »Verzeiht, Bruder Abbé«, sagte er. »Ich habe Euch nicht gleich erkannt.«
    »Ja, ja, schon gut«, unterbrach ihn Abbé unwillig. »Was soll das? Was fällt Euch ein, uns aufzuhalten?«
    »Es tut mir Leid, Euch Ungelegenheiten zu bereiten«, antwortete der Mann. Er fühlte sich sichtlich mit jedem Wort weniger wohl in seiner Haut. Er wich Abbés Blick aus, doch er sprach trotzdem weiter. »Aber ich fürchte, wir müssen Bruder Robin von Tronthoff mit uns nehmen.«
    »Auf wessen Anweisung?«, fragte Abbé lauernd.
    »Der Befehl kommt von Ordensmarschall von Ridefort persönlich, Bruder Abbé. Unsere Order lautet, Robin von Tronthoff unverzüglich zu ihm zu bringen, damit Anklage gegen ihn erhoben werden kann.«
    »Anklage?«, ächzte Abbé. »Weswegen?«
    »Man beschuldigt ihn der Feigheit im Angesicht des Feindes«, antwortete der Ritter. »Aus diesem Grunde soll über ihn zu Gericht gesessen werden. Jetzt gleich.«
    23. KAPITEL
    Der Raum, in dem über sie geurteilt werden sollte, gehörte zwar noch offiziell zum Templum Domini, aber gewiss nicht zu jenem Teil der ausgedehnten Tempelanlage, die jedem Besucher zugänglich war und vermutlich nicht einmal jedem Ritter. Es war eine kleine, schäbige Kammer abseits des Kirchenschiffes und der prachtvollen Kreuzgänge, in die nur wenig Licht und noch weniger frische Luft gelangten. Es brannten nur einige wenige Kerzen, die ein unheilträchtiges, rotes Licht verbreiteten. Darüber hinaus war der Raum fast leer. Es gab einen hohen Lehnstuhl, in dem ein Pater des Templerordens saß; kein Ritter, sondern ein Priester in weißer Kutte, mit dem Tatzenkreuz über dem Herzen. Auf einem schmalen Tisch vor ihm lagen einige Pergamente, in denen er angelegentlich herumkramte, seit man Robin hereingeführt hatte. Obwohl seither mindestens eine halbe Stunde vergangen war, hatte er sie in der ganzen Zeit nicht eines einzigen Blickes gewürdigt - obwohl Robin bezweifelte, dass seine trüben, von tausend winzigen Fältchen eingerahmten Augen in dem flackernden Licht gut genug sehen konnten, um zu lesen.
    Sie fühlte sich hilflos. Hilflos und auf eine Art allein gelassen, die ihre Angst noch schürte. Bruder Abbé hatte nicht einmal versucht, den grotesken Vorwurf zu entkräften, sondern war nahezu kommentarlos verschwunden, und die sechs Ritter hatten sie hierher gebracht. Bevor sie den Raum betreten durfte, hatte man ihr befohlen, nicht nur Schwert und Ordensrock, sondern auch das schwere Kettenhemd und die Stiefel auszuziehen. Zumindest für das Kettenhemd war sie im Stillen dankbar. Sie wusste nicht, wie lange sie das
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