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Die roten Blueten von Whakatu - Ein Neuseeland-Roman

Die roten Blueten von Whakatu - Ein Neuseeland-Roman

Titel: Die roten Blueten von Whakatu - Ein Neuseeland-Roman
Autoren: Inez Corbi
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zu.«
    »Also …«, versuchte Alexander es erneut. »Wenn ein Ehepaar verheiratet wurde, wenn aber in der Hochzeitsnacht … also, wenn dann nichts …« Er stockte abermals. Lina spürte, wie auch ihr die Hitze ins Gesicht stieg. Sie wusste, wie schwierig es war auszudrücken, was nicht stattgefunden hatte.
    »Wenn die beiden nicht das Bett miteinander geteilt haben?«, half Pastor Heine aus.
    »Genau.« Alexander nickte erleichtert. »Also, wenn das … nicht passiert ist – ist die Ehe dann überhaupt gültig?«
    Pastor Heine sah sie beide lange an.
    »Ja«, sagte er schließlich. »Vor Gott und dem Gesetz ist man dann verheiratet. Egal, was in der anschließenden Nacht passiert ist. Das war früher anders, aber wir leben ja nicht mehr im Mittelalter.«
    »Oh«, sagte Alexander. Es fiel ihm sichtlich schwer, seine Enttäuschung zu verbergen. »Das heißt …«
    »Das heißt«, erklärte Pastor Heine, »falls der Ehemann kurz darauf zu Tode gekommen ist, muss die Witwe auf jeden Fall das Trauerjahr einhalten, bevor sie wieder heiraten kann.«
    Linas Herz sank, sie kam sich vor, als hätte ihr jemand eine Schlinge um den Hals gelegt. Nur ganz locker, aber sie war trotzdem da. Ihre ganze zaghafte Hoffnung war mit einem Schlag zunichtegemacht.
    Ein Jahr! Das war eine schrecklich lange Zeit. So lange würde Alexander sicher nicht auf sie warten wollen …
    Sie musste einen Augenblick alleine sein. Rasch entschuldigte sie sich und ging nach draußen, hinter das Haus, wo sie für eine Weile durchatmen konnte.
    Das Haus lag wie eine kleine, trutzige Burg am Rande des Waldes, umgeben von Wiese und dem großen Gemüsegarten. Die Beete, die Rudolf Treban mit so viel Hingabe angelegt und gepflegt hatte, sahen auch jetzt recht ordentlich aus; die Bohnenstöcke standen in Reih und Glied, und das Grün von Karotten und Kartoffeln wuchs kräftig. Für das Unkraut, das nur zu gerne zwischen Kohlköpfen und Kürbissen wucherte, war nun Rieke verantwortlich. Dahinter verlor sich der schmale Trampelpfad, den sie inzwischen schon so oft gegangen war, zwischen hohen Bäumen.
    Sie griff in ihren Nacken und löste das Band, das ihren Zopf zusammenhielt. Locker flossen die Haare um ihre Schultern, den Rücken hinab. Es fühlte sich ungewohnt an und doch gut.
    Es dauerte nicht lange, bis sie Schritte hörte; Alexander tauchte neben ihr auf.
    »Geht es dir gut?«
    Sie nickte wortlos.
    »Unsere Gäste fragen schon, wo du bleibst.«
    »Ich komme gleich.«
    Seine Anwesenheit ließ ihr Herz schneller schlagen und erfüllte sie mit einem tiefen Gefühl der Freude. Und noch mehr, als sie spürte, wie er eine Strähne ihres Haares nahm und vorsichtig um seinen Finger wickelte.
    Schweigend standen sie da und sahen zu, wie die Sonne versank.
    Dort unten, hinter dem Wald, lag die kleine Stadt Nelson; mit all ihren Menschen und Häusern und Läden und Straßen. Linas Blick wanderte nach oben. Zu den farnbedeckten Hügeln, die den Ort umgaben. Zu den Bergen dahinter, die die untergehende Sonne mit einem rötlichen Schimmer überzog und auf deren Gipfel etwas Schnee zu sehen war.
    Die Berge blickten freundlich zurück.
    »Ein Jahr ist schnell vorüber«, sagte Alexander schließlich. Er ließ ihr Haar los und fasste nach ihrer Hand.
    »Wirklich?«, murmelte Lina.
    »Ja.« Sein Daumen strich sanft über ihren Handrücken. »Das ist es. Glaub mir.«
    Lina lächelte. Sie hatte sich verändert, seit sie vor acht Monaten hierhergekommen war: Sie war erwachsen geworden und reifer. Sie kam sich vor wie ein Baum, den man von seinem angestammten Platz genommen und in fremde Erde verpflanzt hatte. Der jetzt endlich anfing, Wurzeln zu schlagen und kleine Triebe und neue Blätter zu entwickeln, aus denen eines Tages kräftige Zweige werden würden. Genauso würde auch die kleine Stadt Nelson sich verändern, würde wachsen und gedeihen.
    Nur die Hügel und Berge würden dieselben bleiben. In einem Jahr und auch noch viel länger.
    Sie blickte auf und drückte Alexanders Finger. »Ich glaube dir.«

Nachwort und Dank
    Das 19. Jahrhundert war das Jahrhundert der Auswanderer. Viele zog es aus materieller Not in die Ferne; die meisten in die Vereinigten Staaten von Amerika, manche aber auch in die britischen Kronkolonien Australien und Neuseeland.
    Ab 1839 warb die englische New Zealand Company (im Buch Neuseeland-Compagnie genannt) auch in Deutschland mit Zeitungsanzeigen und Aushängen um Auswanderer. Jeder fleißige Arbeiter war willkommen, auch alleinstehende
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