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Die Rose von Byzanz

Die Rose von Byzanz

Titel: Die Rose von Byzanz
Autoren: Julie Gordon
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– dort gab es Frauen wie sie. Doch als sie sprach, hörte er den harten Akzent des Frankenreichs aus ihrer Stimme heraus.
    Er wollte mehr über sie wissen. Und obwohl die Befehle des Kaiserbruders in dieser Sache unmissverständlich gewesen waren – „keine Nordmädchen!“ – und Eirik um seine Angst vor Hexenwerk wusste, hatte er kurzerhand beschlossen, alle vier Mädchen in den Palast mitzunehmen. Vielleicht stimmten die anderen drei Mädchen Konstantin gnädig. Die Nubierin könnte ihm gefallen, oder das Mädchen mit den Haselnussaugen, das so schmal wirkte, als könnte ein Windstoß es im nächsten Moment davontragen.
    Der Sklavenhändler Kallistos hatte es sich nicht nehmen lassen, Eirik und die anderen beiden Wachen zum Palast zu begleiten. Eifrig schritt er neben Eirik aus und behielt die Mädchen im Auge. Nur die Feuerhexe schien ihn keinen Deut zu interessieren. Die Blicke aber, die sie in unbeobachteten Momenten in Kallistos’ Richtung warf, sprachen Bände. Unbändiger Hass, vor allem aber Abscheu. Wenn Eirik ihre Fesseln gelöst hätte, wäre sie dem Sklavenhändler wohl an die Gurgel gegangen. Doch Eirik passte auf. Er ließ seine Hand auf ihrer Schulter ruhen, während sie sich hinter den anderen durch die Menge schoben. Die Männer wichen beiseite, wenn sie kamen, bildeten eine Gasse, und mancher neigte ehrfurchtsvoll den Kopf. Die Warägergarde war in Byzanz bekannt und in manchen Kreisen wohl auch gefürchtet. Niemand legte sich freiwillig mit einem Waräger an.
    Der Sklavenmarkt lag im Hafenviertel. Der Kaiserliche Bezirk war einige Tausend Schritt entfernt, und Eirik hatte vorgesorgt, indem er drei Sänften am Eingang zum Sklavenmarkt postiert hatte. Kallistos gefiel sich in seiner Rolle als der Mann, der dem Kaiserbruder die neusten Konkubinen zuführen durfte. Er scheuchte die Nubierin und das Haselmädchen in die eine Sänfte und setzte sich zu dem dritten Mädchen, das so zart und hell wie ein Wasserwesen war. Als die zarten Vorhänge sich senkten, wollte Eirik gar nicht wissen, was sich vielleicht dahinter abspielte. Er nickte den anderen beiden Soldaten zu, die seinen Blick sofort richtig deuteten und sich diskret in der Nähe der Sänfte hielten, in der Kallistos mit dem blonden Mädchen saß. Es fehlte noch, dass der Sklavenhändler das Mädchen bedrängte – was er mit den Sklavinnen in seinen eigenen vier Wänden anstellte, konnte Eirik nicht verhindern, aber die Mädchen standen jetzt unter seinem Schutz, und er duldete keine Misshandlungen. Es war schlimm genug, was ihnen blühte, wenn der Kaiserbruder sich für sie entschied – und um einiges schlimmer würde ihr Los wohl sein, wenn er kein Interesse an ihnen zeigte.
    Er hielt für die Feuerhexe den Vorhang beiseite und streckte die Hand aus, um ihr in die Sänfte zu helfen.
    Der Blick, der ihn traf, war noch mörderischer und wutentbrannter als jene Blicke, die sie dem Sklavenhändler zugeworfen hatte. Sie entzog sich mit einer abrupten Bewegung seiner Hand, mit der er ihren Oberarm hatte umfassen wollen, und setzte sich in die Sänfte, den Blick gesenkt, die Hände noch immer hinter dem Rücken gefesselt. Es musste für sie schmerzhaft sein, so zu sitzen, die Arme in dieser unnatürlichen Haltung verrenkt.
    Er wollte ihr helfen.
    Sie zitterte. Fror sie etwa bei der mörderischen Sommerhitze, die sich wie ein schwerer Mantel über die Stadt legte? Erstaunt musterte er sie und dachte kurz nach. Dann traf er eine Entscheidung und gesellte sich zu ihr. Die luftigen Vorhänge fielen, und er setzte sich ihr gegenüber. Es war beengt in der Sänfte. Wenn man die Beine ausstrecken wollte, stieß man an die niedrige Bank auf der anderen Seite. Er räusperte sich, dann hob sich schwankend die Sänfte, und die vier Sklaven, die sie trugen, setzten sich langsam in Bewegung.
    Eirik beugte sich vor.
    „Soll ich dir die Fesseln abnehmen?“
    Ihr Kopf fuhr zu ihm herum. Ihre Stimme war dunkel und vom Durst rau. „Ich kann auf dein Mitleid verzichten.“
    Er schob seine Hand hinter ihren Rücken. Die Fessel war straff um die Handgelenke gebunden und fest verknotet. Das faserige Seil grub sich vermutlich in die Haut und schürfte sie auf. „Lass mich dir helfen“, murmelte er.
    Sie sog scharf die Luft ein, drehte sich von ihm weg. Zog sich so weit vor ihm zurück, wie es die Enge der Sänfte gestattete. „Ich kann auf Mitleid verzichten“, wiederholte sie stur.
    Eirik lehnte sich zurück. Wie ein wildes Tier war sie, das man in den
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