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Die Rose von Byzanz

Die Rose von Byzanz

Titel: Die Rose von Byzanz
Autoren: Julie Gordon
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Seine Berührungen brannten auf ihrer Haut, sie versuchte, nach ihm zu schlagen, zerrte an ihren Fesseln und wand sich in seinem Arm.
    „Seid vorsichtig mit ihr, das ist eine Feuerhexe“, warnte Kallistos den Warägeroffizier. „Ich würde sie nur einem Herrn empfehlen, der es versteht, ihr mit harter Hand ihre Fehler auszutreiben.“ Dabei schwenkte er vielsagend die Gerte.
    Statt zu antworten, stellte der Nordmann sie wieder auf die Füße. Er war so viel größer als sie, und Johanna senkte den Blick. Dieser Mann hatte sie berührt, hatte sie festgehalten, hatte ihr frisches Wasser eingeflößt. Sie hasste ihn. Er hatte sie in einem Moment großer Schwäche erlebt. Und sie hatte sich geschworen, nie wieder Schwäche zu zeigen.
    „Mein Herr interessiert sich für vieles“, sagte der Mann unbestimmt. Er blickte Johanna ein letztes Mal prüfend ins Gesicht. „Vor allem interessiert er sich für das Besondere“, fügte er hinzu. Dann wandte er sich abrupt von ihr ab und konzentrierte seine Aufmerksamkeit auf den Sklavenhändler.
    „Mein Name ist Eirik Hallgrimsson, und ich bin Offizier der Warägergarde. Sagt Euch mein Name etwas?“
    Kallistos wurde erst blass, dann knallrot. „Natürlich“, stammelte er.
    „Gut. Ich möchte meinem Herrn diese vier Mädchen zeigen. In seinem Palast“, fügte er hinzu, als bedürfte es dieser Ergänzung.
    „Jederzeit, wann immer Euer Herr will“, sagte Kallistos eifrig. Er hätte dem Nordmann vermutlich sogar die Stiefel geleckt, wenn dieser es verlangt hätte.
    „Gut“, sagte Eirik Hallgrimsson. „Dann machen wir es sofort. Und um Eure Feuerhexe kümmere ich mich persönlich.“
    Er drehte sich zu Johanna um und legte die Hand auf ihre Schulter. Sie zuckte ganz unwillkürlich unter der erneuten Berührung zusammen.
    „Keine Angst“, flüsterte er.
    Sie atmete tief durch.
    Sie ahnte, dass es gute Gründe gab, seiner Beschwichtigung zum Trotz Angst zu empfinden. Für den Moment aber wollte sie sich allein auf seine Gegenwart konzentrieren und hoffen, dass er nicht allzu bald verschwand. Er schenkte ihr das trügerische Gefühl von Sicherheit.
    Sie wollte es genießen, solange dieses Gefühl andauerte. Wollte von einem Augenblick zum nächsten leben.
    Nur so hatte sie in den letzten Monaten überlebt.
    Eirik verabscheute den Sklavenmarkt.
    Es waren nicht nur der Lärm, der Staub, die Rufe der Sklavenhändler. Auch die gierigen Blicke der anderen Männer waren ihm zuwider, die sich an der Angst der jungen Mädchen weideten, die auf den Podesten der Händler standen. Viele trugen nichts am Leib außer einer dünnen, bodenlangen Tunika, die kaum ihre Silhouette verbarg, sondern umschmeichelte und alle Vorzüge zur Geltung brachte. Genau das Richtige für die Gaffer, die sich Zeit nahmen, jedes der Mädchen ausgiebig zu berühren, ehe sie bedauernd den Kopf schüttelten und zum nächsten Stand schlenderten.
    Den Sklavenhändlern war es egal, wie oft die Mädchen von dreckigen Händen abgetastet und mit abschätzenden Blicken bedacht wurden. Irgendwann fand sich doch einer, der dem Blick nicht widerstehen konnte, den eine Sklavin ihm zuwarf, oder der sich an seine zu früh verstorbene Frau erinnert fühlte. Oder glaubte, mit einem so jungen Ding seine Manneskraft wiederzubeleben. Es wurde um jede Drachme gefeilscht, ehe ein Beutel Münzen und ein Menschenleib den Besitzer wechselten.
    Er verabscheute diese Art des Handels. Doch sein Auftrag duldete keinen Aufschub, und er hoffte, schnell ein paar Mädchen zu finden, die seinem Dienstherrn gefallen könnten.
    Und dann sah er sie.
    Sie war anders als die anderen Mädchen, die mit gesenkten Köpfen dastanden wie Vieh, das im nächsten Moment zur Schlachtbank geführt würde. Furchtlos. Trotzig. Sie hatte sich nicht von ihrem Sklavenhändler brechen lassen. Es würde ihn nicht wundern, wenn sie es wagte, ihrem Herrn Widerworte zu geben, statt sich stumm in ihr Schicksal zu fügen.
    Eine Weile beobachtete er sie von der anderen Seite des kleinen Platzes aus. Wütend schoss ihr Blick hin und her, begegnete jedem Mann, der an die Bude trat und die Stufen zum Podest hinaufstieg, mit einem trotzigen Mut, dem er Bewunderung zollte. Auch sie trug kaum mehr als ein Hemd, das allenfalls zum Schlafen schicklich war. Ihre Knie waren rot und aufgeschürft, ihre Haut von jenem cremigen Weiß, um das sie jede byzantinische Adlige beneidet hätte.
    Woher sie wohl stammte? Das rote Haar und die blasse Haut ließen ihn an seine Heimat denken
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