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Die Rose von Byzanz

Die Rose von Byzanz

Titel: Die Rose von Byzanz
Autoren: Julie Gordon
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Käfig sperrte. Ihre Augen funkelten ihn so erbost an, dass er ein Grinsen nicht verkneifen konnte.
    „Was ist so lustig?“, fragte sie aggressiv.
    „Wenn du mich so anschaust, bist du nicht so gefährlich, wie du vielleicht glaubst“, neckte er sie. Sogleich tat ihm leid, was er gesagt hatte. Denn sie waren einander in diesem Moment nicht ebenbürtig. Sie war eine Gefangene, die sich ihm ausgeliefert fühlte. Wäre er mit Irene zusammen gewesen, hätte diese seine Worte verstanden, doch Irene war nie so gedemütigt worden wie dieses Mädchen.
    Er wollte lieber nicht darüber nachdenken, wie viele Demütigungen, Schmähungen und Gewalttaten sie hatte ertragen müssen, seit sie aus ihrer Heimat entführt worden war.
    „Es tut mir leid.“
    Sie blickte ihn überrascht an.
    „Das hat lange keiner zu mir gesagt.“
    „Was?“ Nun war er überrascht.
    Sie rutschte nervös auf dem zarten Kissen herum. „Dass ihm etwas leidtut, das er mir angetan hat“, flüsterte sie dann und senkte den Blick.
    In diesem Moment verspürte er das erste Mal das Verlangen, dieses wunderschöne Feuerhexenmädchen zu küssen.
    Dieser Soldat verwirrte sie. Er schien über Macht zu verfügen, die so weit reichte, dass Kallistos sich beinahe überschlug, ihm zu Gefallen zu sein. Ehe sich Johanna recht versah, wurde sie über den Sklavenmarkt geführt und saß in einer Sänfte. Das Kissen unter ihrem Hintern fühlte sich so weich an, und wie gerne hätte sie sich zurückgelehnt und die Augen geschlossen. Plötzlich übermannten Erschöpfung, der brennende Durst und die Müdigkeit, die seit Monaten ihr ständiger Begleiter war, sie.
    Doch sie blieb wachsam, obwohl sie kaum die Augen offenhalten konnte. Dieser Waräger war ihr unheimlich. Nein, das war kaum das richtige Wort. Seine hellen Augen, die sie so aufmerksam musterten, schienen direkt in ihre Seele zu blicken. Und was er dort sah, gefiel ihm offensichtlich. Als er sich vorgebeugt hatte, um nach ihrer Fessel zu tasten, roch sie seinen männlichen Duft, den Schweiß auf seiner Haut. Sie hätte nach ihm beißen sollen, sein Hals lag nackt und verletzlich so nah an ihrem Gesicht, dass es den Versuch wert gewesen wäre. Bei jedem anderen Soldaten, bei Kallistos und allen anderen Männern hätte sie es getan, auch wenn sie der Geschmack von Blut ekelte. Aber es wäre vielleicht die Chance gewesen, zu entkommen. Doch wo sollte sie in dieser großen Stadt hin? Selbst wenn es ihr mit den Fesseln gelang, von den Sänften fortzulaufen und auf einem der überfüllten Märkte unterzutauchen, waren doch gerade die Fesseln ein Problem, dessen sie sich schnell entledigen müsste.
    Und als ihre Gedanken an diesem Punkt angelangt waren, zog er sich zurück, und die Gelegenheit war vorbei. Sie sehnte sich nach dem Geruch seiner Haut. Wenn doch nur …
    Ach, wenn doch nur! Sie schalt sich selbst eine Närrin. Was erwartete sie denn von diesem Mann? Sollte er sie befreien? Das war so lächerlich. Nur weil er ihre Fesseln lösen und ihr damit eine gewisse Erleichterung verschaffen wollte, würde er ihr bestimmt nicht zur Flucht verhelfen.
    Sie könnte ihn benutzen, um ihre Flucht zumindest zu vereinfachen …
    Sie versuchte, sich in die Kissen zurücksinken zu lassen, und verzog das Gesicht. Diese Schmerzen musste sie nicht einmal spielen, denn seit sie Tag um Tag gefesselt wurde, fühlten sich ihre Arme schwer an, wie Fremdkörper, die nicht länger zu ihrem Körper gehörten. Und ihre Hände, in denen das Blut abgeschnürt wurde, spürte sie kaum.
    Es war ganz einfach, nachdem sie erst den Plan gefasst hatte. Sie warf ihm ein paar verstohlene Blicke zu, wählte ihre Worte mit Bedacht. Und als sie ihm gestand, dass es noch niemandem leidgetan habe, was er mit ihr tat, da sah sie etwas in seinem Blick. Verständnis. Mitgefühl. Ja, irgendwie schien ihm zu gefallen, was er sah.
    Johanna ließ ein paar Augenblicke verstreichen, die sich für sie unendlich dehnten. Eine Fliege hatte sich in das Innere der Sänfte verirrt und setzte sich auf ihre verschwitzte Wange. Unwillig schüttelte Johanna den Kopf, doch der Fliege schien es zu gefallen, ihre Haut zu kitzeln und zu reizen. Fast hätte Johanna aufgeschluchzt. Es war unerträglich! Wieder nahm die Hilflosigkeit überhand.
    „Warte.“ Seine Hand fegte sanft über ihre Wange. Die Fliege summte aufgescheucht davon. Seine Finger legten sich an ihr Kinn, hoben es an, damit sie ihm ins Gesicht blickte. „Ich kann wirklich deine Fesseln lockern, wenn es dir
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