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Die Rose des Propheten 5 - Das Buch der Nomaden

Die Rose des Propheten 5 - Das Buch der Nomaden

Titel: Die Rose des Propheten 5 - Das Buch der Nomaden
Autoren: Margaret Weis & Tracy Hickman
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sich, weil sie sichergehen wollte, daß sie allein war, dann griff sie in ihre Gewänder. Sie holte einen Kristall aus schwarzem Turmalin hervor, in Gestalt eines Dreiecks geschnitten, der an einer Silberkette um ihren Hals hing.
    Den Edelstein hob sie gen Himmel und flüsterte: »Kaug, Diener des Quar, ich bedarf deiner Dienste. Bring mich so schnell wie der Wind in die Stadt Bastine. Ich muß mit dem Imam reden.«
     

4
    Achmed stieg die scheinbar endlosen Marmorstufen empor, die zum Tempel des Quar in der besetzen Stadt Bastine führten. Der frühere Tempel des Gotts Uevin in der einstmals freien Hauptstadt des Landes Bad erschien Achmed außerordentlich häßlich. Mit seinen unförmigen Säulen, spitzen Winkeln und scharfen Ecken gebrach es dem Tempel an der Anmut und zarten Lieblichkeit der Türme, der Minarette und des Gitterwerks, die Quars Tempel in Kich zierten. Auch der Imam verabscheute den Tempel und hätte ihn auf der Stelle niederreißen lassen, doch Qannadi hatte das verhindert.
    »Das Volk von Bastine hat schon genug bittere Medizin schlucken müssen…«
    »Nur zum Wohl ihrer Seelen«, hatte Feisal fromm versetzt.
    »Natürlich«, hatte der Emir erwidert. »Aber wir wollen den Patienten heilen und nicht vergiften, Imam. Ich verfüge nicht über genug Männer, um eine Rebellion zu unterdrücken. Wenn in einem Monat die Verstärkung des Kaisers eintrifft, kannst du den Tempel niederreißen.«
    Feisal schnitt eine wütende Grimasse; die dunklen Augen in den eingefallenen Höhlen seines ausgemergelten Gesichts brannten vor Zorn, doch er wußte nichts einzuwenden. Indem er die Zerstörung des Tempels zu einer militärischen Angelegenheit erklärt hatte, hatte Qannadi sie den Händen des Priesters entrissen. Wenn er auch ein religiöser Mensch war, so war der Kaiser von Tarakan zugleich ein sehr praktisch denkender Mann, der den Reichtum des neuerworbenen Gebiets von Bas genoß. Außerdem vertraute der Kaiser seinem General Abul Qasim Qannadi und bewunderte ihn. Sollte Feisal sich der Entscheidung des Emirs widersetzen, würde der Imam von seinem Kaiser keine Unterstützung erfahren, und der war nun einmal die letzte Instanz des Priesters hier auf Erden.
    Und wenn er sich an die höchste Instanz wendete? Wenn Feisal zu Quar gebetet haben sollte, daß ein feindlicher Pfeil sich in die Brust des Emirs graben mochte, so wußten nur der Imam und der Gott davon. Und offenbar war auch der Gott mit dem Werk zufrieden, das Qannadi in Seinem Heiligen Namen vollzog, denn das einzige Mal, da der Emir während des gesamten Feldzugs ernsthaft in Gefahr geraten war, war der junge Achmed aufgetaucht, um ihn zu retten. Zwar hatte der Imam Quar öffentlich für diese Heldentat gedankt, doch sowohl Priester wie auch Gott mußten es als Ironie empfinden, daß ein ehemaliger Anhänger des Akhran wesentlich dazu beigetragen hatte, Qannadis Leben zu retten.
    Auf dem fünften Absatz der langen Stufenreihe, die zum Tempel hinaufführte, blieb Achmed stehen, um auf die Menschenmenge hinunterzublicken, die geduldig in der Hitze des späten Vormittags auf eine Audienz beim Imam wartete. Der junge Mann wunderte sich über Qannadis Entscheidung. Er konnte keinerlei Anzeichen eines Aufstands wahrnehmen, anders als in den früheren Städten, die sie erobert hatten. Nirgends wurden in der Nacht Parolen an Mauern gekritzelt, keine Altäre Quars wurden beschädigt, keine verlassenen Gebäude gingen auf geheimnisvolle Weise in Flammen auf. Trotz der Tatsache, daß ihre Soldaten einen erbitterten und blutigen Kampf geführt und verloren hatten, schien die Stadt Bastine nur zu froh über die Herrschaft des Kaisers und seines Gotts zu sein. Zweifellos hatte die sofortige Wiedereröffnung der Handelswege zwischen Tarakan und Bastine wie auch die Wohltaten des Quar an seine neuen Gläubigen etwas damit zu tun.
    Das war der Honig, von dem das Volk von Bastine im Augenblick zehrte. Das bittere Kraut, das die Leute hatten schlucken müssen, war das Abschlachten von fünftausend Nachbarn, Freunden und Verwandten gewesen. Solange er den traumgepeinigten Schlaf der Sterblichen schlief, würde Achmed sich jenes schrecklichen Tages erinnern. Und er wußte auch, daß niemand in dieser Stadt ihn jemals vergessen würde. Aber wurden diese Menschen denn von Furcht beherrscht? Der junge Mann betrachtete die Reihen der Bittsteller und schüttelte den Kopf. Er stieg die verbliebenen drei Treppenstufen hinauf, begrüßte die Wachen des Emirs und betrat die
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