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Die Rose des Propheten 2 - Das Buch Quar

Die Rose des Propheten 2 - Das Buch Quar

Titel: Die Rose des Propheten 2 - Das Buch Quar
Autoren: Margaret Weis & Tracy Hickman
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Mund zu, sonst verschluckst du noch eine Fliege.« Der Kalif knuffte seinen jüngeren Bruder in die Rippen, als sie sich dem Palast näherten. »Es ist nur ein Gebäude, von Menschen errichtet. Wer sind wir, daß wir uns von Menschenwerk beeindrucken lassen? Wir haben doch die Wunder Akhrans mit eigenen Augen gesehen.«
    Die siebzehn Jahre seines Lebens hatte Achmed zwischen Akhrans sandigen Wundern verbracht, nie aber hatte er etwas Strahlenderes und Schöneres gesehen als den Palast mit seinen goldenen Kuppeln und den Minaretten, die in der Sonne leuchteten. Doch obwohl Achmed meinte, er habe ein Recht darauf, beeindruckt zu sein, schloß er aus Achtung und Liebe zu dem älteren Bruder unverzüglich den vor Staunen weit geöffneten Mund und bemühte sich um ein gleichgültiges Gesicht. Außerdem gebot ihm sein Stolz, vor den Soldaten als ganzer Mann zu erscheinen, und inbrünstig wünschte er sich, solch einen Säbel zu tragen wie Khardan.
    Unter dem prüfenden Blick weiterer Wachen betraten sie den Palast. Khardan war überrascht, den riesigen Wartesaal nahezu leer vorzufinden. Zu Zeiten des Sultans hatten sich hier Bittsteller, Würdenträger und Gesandte aus nah und fern gedrängt. Jetzt hallten die Stiefeltritte der Nomaden hohl unter der Balkendecke wider. Für die Schnitzarbeiten an den verschlungenen Mustern in den Wacholder- und Rosenholzbalken hatten mehrere Künstler wohl nicht weniger als dreißig Jahre gebraucht. Sprachlos vor Staunen über die Schönheit der großartigen Deckenkonstruktion, den kunstvoll geknüpften Wandteppichen und dem wundervoll gemusterten Fliesenboden unter den Füßen blieb Achmed endgültig stehen und schaute sich bewundernd um.
    »Ich mag das mit jedem Mal weniger!« knurrte Khardan. Er packte seinen vom Reichtum geblendeten Bruder und stieß ihn vorwärts. Ein Diener im seidenen Kaftan glitt auf ihn zu und erkundigte sich nach Namen und Anliegen. Auf Khardans Antwort, er werde erwartet, führte der Diener die Nomaden in eine Vorhalle außerhalb des Audienzsaals. Sofort nahm Khardan den Säbel und den Dolch ab und händigte beide Waffen dem Hauptmann der Wachen aus. Auch Achmed gab seinen Dolch ab und öffnete seinen Umhang, um zu zeigen, daß er keinen Säbel trug. Als die Brüder auf die Tür des Audienzsaals zugingen, hielt der Hauptmann sie zurück.
    »Wartet. Ihr dürft noch nicht weitergehen.«
    »Warum nicht?« Khardan schaute den Mann überrascht an. »Ich habe doch meine Waffen abgegeben.«
    »Das schon, aber ihr seid noch nicht durchsucht worden.« Der Hauptmann schnippte befehlend mit den Fingern. Als Khardan sich umdrehte, sah er einen Eunuchen auf sich zukommen.
    »Was hat das zu bedeuten?« fragte Khardan verärgert. »Ich bin Kalif meines Volkes! Ihr habt mein Ehrenwort, daß weder mein Bruder noch ich irgendwelche Waffen tragen!«
    »Es ist nicht die Absicht des Emirs, den Kalifen der Wüste zu beleidigen«, lächelte der Hauptmann spöttisch, »aber inzwischen herrscht Quars Gesetz, das uns durch seinen heiligsten Imam gegeben wurde. Es verlangt, alle Kafirn zu durchsuchen, bevor ihnen erlaubt wird, vor den Emir zu treten.«
    So ist das also, dachte Achmed und straffte sich, Khardan wird sich kaum noch mehr bieten lassen. Und zuerst sah es so aus, als würde auch Khardan so denken. Blaß vor Wut bedachte der Kalif den Eunuchen mit einem so grimmigen Blick, daß der große, aber schlaff wirkende Mann zögerte und den Hauptmann hilfesuchend anschaute. Dieser schnippte abermals mit den Fingern, worauf zwei mit Säbeln bewaffnete Wachen vortraten, die zuvor zu beiden Seiten des Eingangs zum Audienzsaal gestanden hatten. Sie zogen ihre blitzenden Klingen und kreuzten sie vor der Tür.
    Achmed bemerkte den in Khardan tobenden Kampf. Am liebsten hätte der Kalif, um seine tiefe Verachtung zu demonstrieren, auf der Stelle den Ort verlassen, ohne auch nur ein Wort an die Anwesenden zu verschwenden. Doch um ein weiteres Jahr überleben zu können, benötigte sein Volk das Geld und die Waren, die man davon kaufen konnte. Sein Stamm würde für seinen Stolz büßen müssen, gleichgültig, wie viel Befriedigung er im Augenblick aus so einer Tat gewinnen mochte. Zitternd vor Wut, fügte sich Khardan der Durchsuchung, die äußerst beleidigend und demütigend verlief. Die dicken Finger des Eunuchen drangen in den Umhang des Kalifen ein, stießen ihn und ließen keinen Teil von Khardans Körper unberührt.
    Achmed, der ebenfalls durchsucht wurde, starb dabei fast vor Scham.
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