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Die Ritter der vierzig Inseln - Rycari Soroka Ostrovov

Titel: Die Ritter der vierzig Inseln - Rycari Soroka Ostrovov
Autoren: Sergej Lukianenko
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an. »Das ist verboten! Dann wird man bestraft.«
    »Von wem?«
    Er blickte zum Himmel und sagte widerwillig: »Na, von diesen Außerirdischen eben. Wir hatten einen Jungen bei uns, er hieß Rostik, der hat einmal nach Sonnenuntergang, als der Spalt in der Brücke schon offen war, einen Pfeil abgeschossen. Am selben Abend ist er dann beim Baden im Meer ertrunken.«
    Besorgt blickte ich zum Himmel, der sich blau und klar über das Meer wölbte. Es waren weder fliegende Untertassen noch geflügelte Monster zu sehen. Trotzdem hatte ich, wie Maljok wahrscheinlich auch, das Gefühl, dass wir von dort oben beobachtet wurden, von etwas Unsichtbarem und Bedrohlichem. Bis jetzt war ich noch guten Mutes gewesen, schließlich war es ja nur ein Spiel. Viel mehr als ein paar Beulen konnte man mit einem Holzschwert auch nicht anrichten. Aber dieser Rostik war ertrunken. Und weswegen? Wegen einer blödsinnigen Spielregel!
    »Und warum darf man bei Sonnenuntergang nicht zum Himmel schauen?«, fragte ich, als mir diese noch viel blödsinnigere Regel wieder einfiel.

    »Keine Ahnung«, gab Maljok zu, »aber wenn du es machst, wirst du auf der Stelle blind.«
    Das Rauschen der Brandung und die wärmende Sonne waren mir jetzt gründlich verleidet. Wir waren nicht nur auf einer Insel gefangen, es drohte auch noch Unheil von oben. Der feine Sand, auf dem ich eben noch so wohlig gelegen hatte, fühlte sich auf einmal kratzig an und ekelhaft trocken wie schmutziger Straßenstaub. Ich stand auf.
    »Los, gehen wir frühstücken«, schlug ich vor.
    »Okay«, seufzte Maljok, dessen Laune nun auch etwas getrübt schien.
    Auf dem Rückweg wateten wir noch ein Stück durchs seichte Wasser und ließen uns kleine Wellen um die Beine plätschern. Am Grund huschten kleine Fischchen umher.
    »Zum Angeln ist es sehr praktisch, dass die Burg direkt am Meer steht«, sagte Maljok. »Wir können die Angelleinen von der Mauerbrüstung herunter ins Meer auswerfen. Die Mädchen kochen eine leckere Fischsuppe.«
    Rosa glühte die Burg in der Sonne. In diesem Licht sah sie aus wie eine bemalte Spielzeugburg aus Holz.
    Man müsste diese Außerirdischen vernichten und hier ein Feriencamp einrichten, dachte ich.
    Das war natürlich ein absurder Gedanke. Wie sollten wir Außerirdische vernichten, die uns entführt und - mir nichts, dir nichts - auf einen anderen Planeten verfrachtet hatten? Sie waren uns Menschen gewiss technisch haushoch überlegen. Vermutlich konnte nicht einmal eine ganze Armee etwas gegen sie ausrichten. Nein, nein, dieses Spiel mussten wir nach ihren Regeln gewinnen.
    Wir waren schon kurz vor dem Tor, als es sich plötzlich
quietschend öffnete und Rita uns entgegengelaufen kam. Sie sah so verschreckt aus, dass ich unwillkürlich in das Tor hineinspähte. War da jemand hinter ihr her?
    »Maljok, Dima! Auf der Südbrücke...«, keuchte Rita, und mehr erfuhren wir nicht von ihr, denn vor lauter Schluchzen und Weinen konnte sie kein Wort herausbringen. Aber es war auch so klar, dass etwas passiert war. Ich folgte Maljok, der bereits durchs Tor gerannt war.

5
    HOLZ UND STAHL
    Die Brücke maß kaum mehr als zwei Meter in der Breite und war an ihren Rändern durch eine schmale, etwa einen Meter hohe Balustrade begrenzt, die aus demselben rosa Marmor bestand wie die Brücke selbst und unsere Burg. Der Marmor war höllisch glatt, man musste aufpassen, dass man nicht ausrutschte. Etwas mehr Halt fand ich näher am Rand, wo die Marmorplatten nicht ganz so blank poliert waren. Allerdings überkam mich so nahe an der Balustrade ein ziemlich mulmiges Gefühl, denn von dort sah man bereits in gähnender Tiefe die Meeresoberfläche glitzern.
    Maljok und ich folgten schon seit geraumer Zeit dem ansteigenden Brückenbogen. Unsere Burg hatten wir weit hinter uns gelassen, und die besorgten Stimmen der Mädchen, die uns die besten Wünsche hinterherriefen und zur Vorsicht mahnten, waren längst in der Ferne verklungen. Das war auch gut so. Zwar hatten sie uns die Waffen gebracht, dann aber versucht, mich davon abzubringen, mit auf die Brücke zu gehen - mit der Begründung, am ersten Tag bräuchte ich ja nicht am Spiel teilzunehmen. Wofür hielten sie mich eigentlich, für einen Drückeberger?
    Auf der Südbrücke, wo nur drei Jungen Wache hielten, war ein heftiger Kampf entbrannt. Tanja, die heute für den Wachturmdienst eingeteilt war, hatte es gesehen und Alarm geschlagen.

    Es ging mir nicht aus dem Kopf, dass die Mädchen mich daran hindern wollten, den
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