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Die Riesen vom Ganymed

Die Riesen vom Ganymed

Titel: Die Riesen vom Ganymed
Autoren: James P. Hogan
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selektiv?« fragte er.
    »In der Tat.«
    »Das ist einfach lächerlich«, erklärte der Professor entschieden. Sein Ton ließ keinen Raum für Widerspruch.
    Hunt zuckte mit den Schultern.
    »Es scheint den Tatsachen zu entsprechen. Schauen Sie sich doch die Zahlen an.«
    »Aber es gibt keine Möglichkeit, wie sich ein solcher Prozeß entwickeln konnte«, insistierte Danchekker.
    »Weiß ich, aber so war's eben.«
    »Rein chemische Prozesse können kein radioaktives Iso-

    top von einem normalen Isotop unterscheiden«, hob Danchekker ungeduldig hervor. »Enzyme werden durch chemische Prozesse gebildet. Solche Prozesse sind nicht in der Lage, radioaktive Isotope zu selektieren, um sie für den Aufbau von Enzymen zu verwenden.«
    Hunt hatte halbwegs erwartet, daß Danchekkers unmittelbare Reaktion auf die von ihm soeben vorgetragene Annahme kompromißlose und völlige Abwehr ausdrückte.
    Nachdem er mehr als zwei Jahre lang mit Danchekker eng zusammengearbeitet hatte, hatte sich Hunt an die Tendenz des Professors zu einer instinktiven Verschanzung hinter orthodoxen Lehrsätzen gewöhnt, sobald irgendein seinen Überzeugungen fremdartiger Gedanke an ihn herangetra-gen wurde. Hunt wußte jedoch, daß Danchekker ebenso innovativ wie jeder einzelne Wissenschaftler der jüngeren Generation sein konnte, der hier im Raum anwesend war, wenn ihm etwas Zeit zu Überlegungen gelassen wurde.
    Daher verhielt sich Hunt im Augenblick ruhig, pfiff unme-lodisch vor sich hin und trommelte dabei abwesend mit seinen Fingern auf dem Tisch herum.
    Danchekker wartete ab und wurde sichtlich irritierter, als die Sekunden dahinschlichen. »Chemische Prozesse können kein radioaktives Isotop ausmachen«, wiederholte er schließlich. »Daher kann kein Enzym so produziert werden, wie Sie es behaupten. Und selbst wenn dem so wäre, würde kein Sinn damit verfolgt. In chemischer Hinsicht verhält sich ein Enzym völlig gleich, ganz egal, ob es radioaktive Isotope in sich birgt oder nicht. Was Sie sagen, ist widernatürlich.«
    Hunt seufzte und deutete mit einer müden Handbewegung auf den Schirm.

    »Ich sage es ja nicht, Chris«, erinnerte er den Professor.
    »Die Zahlen tun es. Hier sind die Tatsachen – überprüfen Sie sie.« Hunt beugte sich nach vorn und legte den Kopf zur Seite. Gleichzeitig verzog er sein Gesicht und setzte eine Miene auf, als sei ihm ein plötzlicher Gedanke durch den Kopf geschossen. » Was sagten Sie doch gleich wieder vor einer Minute über Leute, die sich Beweise zusammen-schustern, um die Antworten zu untermauern, von denen sie längst überzeugt sind?« fragte er.

    2
    Im Alter von elf Jahren war Victor Hunt aus dem Tollhaus im Londoner East End gezogen, in dem seine Familie lebte, und zu einem Onkel und einer Tante nach Worcester übergesiedelt. Sein Onkel – aus der Art der Familie Hunt geschlagen – arbeitete als Planungsingenieur in den nahegelegenen Laboratorien eines führenden Computerherstellers, und unter seiner geduldigen Anleitung waren dem Jungen die Aufregungen und Mysterien der Welt der Elektronik eröffnet worden.
    Eine Weile später veranlaßten den jungen Victor seine frisch entdeckte Faszination an den Gesetzen der formalen Logik und den Techniken elektronischer Schaltplanentwür-fe dazu, seinen ersten praktischen Test durchzuführen. Er entwarf und baute einen festverdrahteten Spezialprozessor, der eine Zahl von eins bis sieben anzeigte und damit einen zugeordneten Wochentag benannte, nachdem er alle Daten seit der Einführung des Gregorianischen Kalenders im Jahre 1582 gespeichert hatte. Als er atemlos vor Erwartung zum erstenmal die Apparatur in Gang setzte, rührte sich nichts. Es stellte sich heraus, daß er eine Kapazitätsdiode verkehrt herum angeschlossen und damit die Stromversorgung kurzgeschlossen hatte.
    Diese Erfahrung lehrte ihn zwei Dinge: Die meisten Probleme haben einfache Lösungen, wenn man sie nur von der rechten Seite her betrachtet, und die Freude über den letzt-endlichen Erfolg rechtfertigt alle Anstrengungen. Sie diente auch der Verstärkung seines intuitiven Verständnisses von der Notwendigkeit eines Tests als dem einzigen probaten Mittel zur Tauglichkeitsüberprüfung einer guten Idee. Als ihn seine weitere Ausbildung aus dem Bereich der Elektronik zur mathematischen Physik und von da zur Nukleonik führte, wurden diese Grundlagen zu Fundamenten seiner fortwährenden geistigen Höhenflüge. In fast dreißigjähriger Tätigkeit hatte er niemals seine Hingabe an die
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