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Die Reiter der Sarmaten

Die Reiter der Sarmaten

Titel: Die Reiter der Sarmaten
Autoren: Gillian Bradshaw
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um uns in den Tod zu schicken«, erwiderte Arshak ruhig. Er hob nie die Stimme, wenn er zornig war, fluchte nie und verlor nie die Beherrschung. Er gehörte dem königlichen Klan an, er war der zweite Sohn des leiblichen Bruders des Königs, und man hatte ihn gelehrt, daß ein Edelmann Beleidigungen nur mit dem Speer beantwortet. Es war ein Glück, daß sein Speer in einem der Wagen mit den Rüstungen und Waffen verstaut war und daß Facilis’ Männer sie bewachten. Andernfalls würde der Zenturio schon längst ein toter Mann sein – und Arshak wäre wegen Ermordung eines römischen Offiziers verurteilt und hingerichtet worden.
    Facilis starrte ihn haßerfüllt an. Langsam strich er mit den Händen die Seiten seiner Tunika hinab. »Der Kaiser will euch lebendig haben«, erklärte er leise mit drohendem Unterton. »Er will euch in seinem Heer haben. Er hat geschworen, euch ehrenvolle Aufgaben zuzuweisen, und ihr habt geschworen, ihm treu zu dienen. Habt ihr die Absicht, jetzt euren Eid zu brechen, bloß weil ihr das Meer gesehen habt?«
    »Der Kaiser wollte unser ganzes Volk ausrotten«, gab Arshak zurück. »Er hat uns belogen.«
    »Wenn wir dorthin gehen«, rief Gatalas entsetzt, die Faust gegen das Meer vorstoßend, »werden wir im Wasser umkommen.«
    »Nein!« erwiderte Facilis kopfschüttelnd. Wohlweislich verzichtete er darauf zu leugnen, daß der Kaiser unser ganzes Volk hatte ausrotten wollen – jedermann wußte, daß es die Wahrheit war. »Es gibt dort drüben eine Insel«, sagte er.
    Wir alle starrten ihn an.
    »Es gibt eine riesengroße Insel dort, ihr dummen Barbaren. Eine ganze römische Provinz mit Städten und Straßen und drei Legionen und die Götter wissen wie vielen Hilfstruppen. Das Meer ist größer als der stinkende Danuvius. Ihr könnt nicht erwarten, daß ihr seht, was hinter dem Horizont liegt!«
    Arshak warf einen kurzen Blick zurück, den Hügel hinauf. Hinter einer Handvoll unserer Offiziere standen Facilis’ Legionäre in Wartestellung, auf ihre Speere gestützt, und beobachteten uns. Eine ganze Kohorte Legionäre, achthundert Mann, je sechs Mann nebeneinander. Ihre Reihen zogen sich die Straße hinauf und kamen hinter der Höhe außer Sicht. Unsere Abteilungen folgten hinter ihnen, und die Wagen mit den Waffen waren noch weiter zurück beim Troß. Von den beiden Abteilungen der römischen Auxiliarreiterei bildete eine die Spitze und zog vor uns Offizieren den Hang hinab, die zweite Abteilung bewachte den Troß.
    Arshak wandte die Augen zu Facilis zurück und lächelte spöttisch. Dann, ohne ein Wort zu sagen, ließ er mit leichtem Fersendruck sein Pferd antraben und ritt die Hangstraße hinunter; wir folgten ihm schweigend. Facilis fluchte leise vor sich hin, als wir an ihm vorbeiritten.
    »Wir werden nicht auf ihre Schiffe gehen«, sagte Gatalas, als wir weit genug von Facilis entfernt waren.
    »Natürlich nicht«, bekräftigte Arshak. »Es ist eine Falle. Auf einem Schiff wären wir völlig wehrlos. Unsere Pferde würden wie die Schafe im Laderaum zusammengepfercht sein und unsere Waffen an Land zurückbleiben. Sie müßten nicht mal ihre Schwerter gebrauchen. Ein paar gute Schwimmer unter den Ruderern und Legionären würden genügen; sie könnten das Schiff aus dem Hafen aufs Meer hinausbringen und uns mit dem Schiff versenken. Dann könnten sie gefahrlos an Land zurückschwimmen.«
    »Der Tod in der Schlacht ist besser als Ertrinken«, erklärte Gatalas, das Heft seines unter dem Mantel versteckten Dolches mit den Fingern reibend. »Aber mir wäre wohler, wenn ich zum Kämpfen etwas mehr als diesen Dolch und eine Leine hätte. Glaubt ihr, wir könnten an unsere Waffen kommen?«
    »Wahrscheinlich.« Arshak griff die Andeutung begierig auf. »Meine Männer haben es geschafft, dreißig Bogen, vierzig Köcher mit Pfeilen und sechzig Schwerter zu behalten und in unseren Wagen zu verstecken. Wie viele haben eure Leute?«
    »Fünfzig Bogen und siebenundzwanzig Schwerter«, antwortete Gatalas prompt. »Aber nur dreißig Köcher mit Pfeilen.«
    »Ariantes?«
    »Neunundfünfzig Bogen, sechzig Köcher mit Pfeilen und ein Dutzend Schwerter«, sagte ich zögernd. »Aber sie sind alle gut versteckt, es braucht Zeit, sie herauszuholen. Und Facilis ist argwöhnisch. Er wird einen Weg finden, um es zu verhindern. Entweder läßt man uns nicht in die Nähe unserer Wagen, oder man erlaubt uns nicht, Kontakt mit unseren Männern aufzunehmen. Oder beides.«
    »In Bononia hat Facilis nichts mehr zu
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