Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Reiter der Sarmaten

Die Reiter der Sarmaten

Titel: Die Reiter der Sarmaten
Autoren: Gillian Bradshaw
Vom Netzwerk:
wissen, daß dies eine schreckliche Drohung war – zum Glück waren unsere Männer noch nicht da.
    Ich wartete auf dem Werftgelände auf meine Leute, dann wartete ich mit ihnen auf die Wagen, dann sorgte ich dafür, daß die Wagen richtig aufgestellt und die Männer ordnungsgemäß untergebracht wurden. Meine Leibwächter boten mir an, mich zu dem Besuch bei Facilis und beim Prokurator zu begleiten, und sie erboten sich auch, allerdings ein wenig ängstlich, mit mir auf das Schiff zu gehen, wenn ich die Erlaubnis dazu erhielte. Ich lehnte beides ab. Sie hatten einen ausgeprägten Sinn dafür, welche Achtung mir als ihrem Fürsten und Kommandeur gebührte, und Facilis würde mit Sicherheit nicht mit Beleidigungen sparen. Außerdem gab es keinen Grund, ihre stolze Loyalität unnötig in Anspruch zu nehmen und ihnen die Schrecken einer Fahrt über das Meer zuzumuten, wo es sich voraussichtlich nur um eine überflüssige Reise handelte. Es war dunkel, als ich mich allein auf den Weg zur Mitte des Stützpunkts machte.
    Das Stabsquartier war geschlossen; die Wachen sagten mir, der Prokurator befinde sich in seinem Haus, gleich nebenan, und Facilis sei bei ihm. Ich ging zu dem Haus und bat einen Diener, mich dem Prokurator zu melden. Man gab mir zu verstehen, ich müsse mich etwas gedulden; und als ich mein Pferd angebunden hatte, wurde ich in den Innenhof geführt. Wahrscheinlich waren meine Kleider zu schmutzig und ich roch zu sehr nach Pferden, um mich ins Haus zu lassen. Der Hof war mit Fliesen ausgelegt und hatte ringsum einen Säulengang. Ein paar Rosmarinsträucher blühten in Terrakottatöpfen. Durch die beleuchteten Fenster fiel Licht in den Hof, aus der Küche kam Kochgeruch. Ich setzte mich in den Schatten einer Kolonnade und wartete, den Kopf auf die Knie gelehnt und mein steifes Bein massierend.
    »Wenn es nach mir ginge, Herr«, hörte ich Facilis’ Stimme von der gegenüberliegenden Seite des Hofes, »ich hätte sie alle umbringen lassen, bevor sie noch Aquincum verließen.«
    Ich horchte auf, hob den Kopf. Ein Fensterladen war auf gestoßen worden. Der Prokurator stand am offenen Fenster und schaute in die Nacht hinaus. Facilis mußte hinter ihm stehen. Ich blieb, wo ich war, im Schatten der Kolonnade, und horchte.
    »Aber der Kaiser will sie lebend haben«, fuhr Facilis fort. »Es ist also meine Aufgabe, dafür zu sorgen, daß sie nach Britannien kommen. Der Kaiser hat mir selbst den Befehl gegeben, Herr. Ich bin von Geburt Pannonier, und ich kenne die Sarmaten. Er wußte, er konnte sich darauf verlassen, daß ich mit ihnen fertig werde.«
    »Nichts von dem, was Ihr gesagt habt, kann mich überzeugen, daß auch nur der geringste Grund zur Besorgnis besteht«, erwiderte der Prokurator gereizt. »Ich weiß, daß der Kaiser Euch die Verantwortung für sie übertragen hat, Marcus Flavius, aber er hat mich mit der Verantwortung für die britannische Flotte betraut. Ich werde meinem eigenen Urteil folgen, wie ich die Barbaren über den Kanal schaffe. Und ich denke, wenn ich ihre Führer in Ketten legen lasse, werden die Mannschaften mit Sicherheit meutern.« (Ich fand es bemerkenswert, daß Facilis den Prokurator dominus, »Herr«, nannte, während dieser den Zenturio zwanglos mit Vor- und Familiennamen anredete; er sprach mit der herablassenden Selbstsicherheit eines Mannes von adliger Geburt und von hohem Rang, und der Zenturio war gezwungen, das zu respektieren.)
    »Ihr wißt nichts von ihnen!« sagte Facilis. »Ihr scheint zu glauben, daß sie wie die Gallier oder die Germanen sind, anständige, zuverlässige, unterworfene Barbaren, die mehr oder weniger willig tun, was man ihnen sagt, vorausgesetzt, man behandelt sie vernünftig. Die Sarmaten sind anders. Sie haben es sich in den Kopf gesetzt, daß wir sie täuschen und daß wir die Absicht haben, sie zu ermorden. Sie werden versuchen, uns zu überfallen, sobald wir einmal nicht wachsam sind. Ich würde mein Schwert darauf wetten, daß sie es geschafft haben, einige Waffen in ihren Wagen zu verstecken, trotz all unserer Vorsichtsmaßnahmen, und daß sie jetzt um ihre Feuer sitzen und aushecken, wie sie uns töten können.«
    Wie recht er hatte!
    »Also wirklich«, rief der Prokurator verärgert aus. »Wenn ich mich richtig erinnere, habe ich gehört, daß unser unbesiegbarer Kaiser sie unterworfen hat , durch die Gunst der unsterblichen Götter.«
    »Sein ›Donnersieg‹«, antwortete Facilis, dessen Stimme nicht weniger verärgert klang. »Ja. Ich war
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher