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Die Reise

Die Reise

Titel: Die Reise
Autoren: David Gregory
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vor mir mit der Schule fertig und wollte nach Stanford auf die Uni, und da hab’ ich kalte Füße bekommen. Ich hatte Angst, dass er da eine andere kennen lernen und mich dann verlassen würde, denn ich hatte vor, zum Studium zu Hause zu bleiben und nicht nach Stanford zu gehen. Wegen einer anderen sitzen gelassen werden – das wollte ich nicht riskieren, und er hatte auch ein paar Sachen gemacht, die mich ärgerten, und da hab’ ich, kurz bevor er ging, mit ihm Schluss gemacht. Es war das Dümmste, was ich je gemacht hab’ in meinem Leben.«
    »Dann glauben Sie, dass Sie mit Jason glücklicher geworden wären?«
    »Also …« Meine Lippen sträubten sich. Aber sie musste wohl heraus, die Wahrheit. »Ja, doch. Was nicht bedeutet, dass ich Nick nicht liebe. Oder nicht geliebt habe, sagen wir mal so.«
    Er beugte sich ein Stückchen nach vorne. »Sie wären mit Jason nicht glücklicher geworden als mit Nick.«
    Allerhand, der Mann ging ran!
»Woher wollen Sie das denn wissen?«
    »Weil ich Jason kenne.«
    »Sie kennen ihn? Sie kennen Jason Payne aus Evanston?« Ich versuchte, nicht zu aufgeregt zu klingen.
    »Ich bin ihm begegnet, nachdem er in die Silicon-Valley-Gegend gezogen war. Er wohnt noch dort.«
    »Und was macht er? Ist er verheiratet?«
    »Er war verheiratet. Zweimal.«
    »Zweimal? Er hat schon zwei Ehen hinter sich?«
    »Ja.«
    »Und was ist da passiert?«
    »Beide Frauen haben ihn verlassen.«
    »Verlassen? Wie ist das möglich, dass jemand Jason verlässt?«
    »Sagen wir mal, er hatte Probleme mit sich selbst. Aber er hat inzwischen schon gute Fortschritte gemacht.«
    »Haben Sie beruflich mit ihm zu tun gehabt, ich meine, in Ihrer Eigenschaft als Therapeut?«
    »Nein, eher persönlich.«
    Ich lehnte mich zurück und starrte auf einen unsichtbaren Punkt an der Wand gegenüber. Ich konnte es nicht glauben. Die ganzen Jahre hatte ich diesen Traum gehegt und gepflegt:
Was, wenn ich nicht mit Jason Schluss gemacht hätte damals?
Und jetzt war dieser Traum in keinen zwei Minuten in tausend Stücke zersprungen.
    Mein Flugzeugbekannter fuhr fort. »Und das kann ich Ihnen auch gleich sagen: Wenn er mit Ihnen zusammengeblieben wäre, das hätte ihm auch nicht geholfen. Er brauchte mehr als eine liebevolle Ehefrau.«
    Es ist echt schlimm, wie diese Psychologen manchmal Gedanken lesen können.
    Er fuhr fort: »Und eine Ehe mit Jason hätte auch Sie nicht glücklich gemacht. Selbst wenn er an seinen Problemen gearbeitet hätte.«
    »Und warum nicht?«
Reicht es Ihnen nicht, meine Träume zerbrochen zu haben? Müssen Sie auch noch auf den Scherben herumtrampeln?
    »Weil sich die Seele eines Menschen durch eine Beziehung zu einem anderen Menschen nicht wirklich füllen lässt. Gut, man erlebt das Feuer der Verliebtheit mit all seiner Romantik und den Glücksgefühlen im Gehirn, und das ist ja auch nichts Böses, aber das vergeht wieder. Früher oder später kommt der Beziehungsalltag, und die Leute entdecken, dass die tiefste Sehnsucht ihres Herzens doch nicht gestillt wird. Und sie kann auch gar nicht auf diese Art gestillt werden, so sind wir nicht konstruiert.«
    »Sie werden doch wohl nicht behaupten wollen, dass Beziehungen nicht wichtig sind.«
    »Das behaupte ich ganz und gar nicht«, erwiderte er. »Alles, was ich sage, ist, dass man echte innere Erfüllung nicht im Bereich des Geschöpflichen finden kann. Die tiefste Sehnsucht des menschlichen Herzens stillen kann allein Gott selbst. Sie sind für Gott erschaffen worden, und nichts und niemand anderes wird Sie glücklich machen.«
    »Das seh’ ich aber anders. Ich könnte Ihnen einen Haufen Menschen nennen, die glücklich sind.«
    »Wie gut kennen Sie diese Menschen? Woher wollen Sie wissen, dass es ihnen nicht im Grunde genauso geht wie Ihnen? Bestimmte Bereiche ihres Lebens funktionieren ganz gut, aber tief drinnen haben sie keine Erfüllung. Nicht, dass sie das nach außen zeigen; wie es innen aussieht, geht schließlich niemanden etwas an, und zu einem Lächeln und ›Danke, mir geht’s gut‹ reicht es meistens.«
    »Ich finde aber, dass viele Menschen durchaus Erfüllung haben – in ihrer Arbeit, in ihren Beziehungen, in Dingen, für die sie sich einsetzen, in allem Möglichen.«
    Er sah mich einen Moment lang an. »Glauben Sie das wirklich? Ich glaube nicht, dass Sie das tun. Schauen Sie sich doch die Gesellschaft, in der Sie leben, an. Die Liste der Dinge, mit denen die Menschen das Loch in ihrer Seele zu stopfen versuchen, ist beinahe endlos:
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