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Die Rebellin

Die Rebellin

Titel: Die Rebellin
Autoren: Martina Kempff
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traute diese Aufgabe eigentlich nur Männern zu.
    Da sein ganzes Leben vom geplanten Befreiungskampf geprägt war, fragte er sich, welche Rolle ein von ihm ausgebildetes Mädchen darin spielen könnte. Als Erstes musste Mando vernünftig Griechisch lernen und dann würde er weitersehen. Vielleicht könnte man für das Mädchen einen geeigneten Ehemann finden, den sie bei seinem Kampf für die griechische Sache im Hintergrund unterstützen könnte. Ihr Briefwechsel mit den Damen der ausländischen Salons würde sich eventuell noch als hilfreich erweisen. Viele dieser Damen waren reich, und, was der Angelegenheit zu Gute kommen konnte, hoffnungslos romantisch. Man musste das Klavier nur richtig stimmen, dann würden sie sich dem humanistischen Zeitgeist verpflichtet fühlen und es als Ehre empfinden, den Urenkeln der alten Hellenen zu Hilfe zu eilen. Ja, den Takt zu dieser Musik konnte auch ein Mädchen angeben.
    Er erhob sich.
    »Das ist also geregelt. Zakarati und Mando kommen zu uns nach Tinos.«
    Dann könnte uns Jakinthos ja jeden Tag besuchen, dachte Mando, wusste aber nicht recht, ob sie das auch wirklich wollte.
    »Warte.« Marcus packte sie am Arm, als sie das Zimmer verlassen wollte. »Ich möchte mit dir reden.«
    Mando schüttelte ihn ab.
    »Dein Pech«, sagte sie nur, öffnete die Tür, stieß Vassiliki zur Seite, die nicht schnell genug vom Schlüsselloch wegkam, und rannte die Treppe zu ihrem Zimmer hinauf. Doch bevor sie die Tür hinter sich zuziehen konnte, war Marcus bereits eingetreten. Er setzte sich auf einen der Stühle neben dem Fenster und musterte Mando mit zusammengezogenen Augenbrauen.
    »Was fällt dir ein!«, fuhr sie ihn an. »Verschwinde!«
    »Warum hasst du eigentlich deine Mutter so?«, fragte er in ganz normalem Konversationston.
    »Das geht dich überhaupt nichts an!«
    »Ich denke schon. Deine Brüder werden morgen wieder aufs Festland fahren, du ziehst nach Tinos und befindest dich dann im Dunstkreis der mykoniatischen Mavrojenous-Sippe, deren Oberhaupt ich irgendwann sein werde …«
    »Bilde dir nur nicht ein, dass ich mir von dir etwas sagen lassen werde!«
    »Meine Zustimmung wird auch erforderlich sein, wenn du deinen hübschen Reederssohn aus Hydra heiraten willst«, sagte Marcus, dem nicht entgangen war, wie Jakinthos Mando auf dem Schiff angestarrt hatte.
    »Was für ein Unsinn!«
    »Das ist wohl dein Lieblingsausdruck. Etwas erbärmlich, angesichts der teuren Ausbildung, die dir deine Eltern haben zukommen lassen. Warum also hasst du deine Mutter?«
    »Ich hasse sie nicht.«
    Mando war so überrascht über die Worte, die ihr entfahren waren, dass ihre Wut augenblicklich verrauchte. Es stimmte, sie hasste ihre Mutter nicht. Sie konnte sie nicht leiden, aber das war etwas ganz anderes, und daran war weniger die Mutter selber als der Vater schuld, um dessen Gunst sie beide gebuhlt hatten. Jetzt war er tot. Es gab keinen Grund mehr, die Mutter nicht zu mögen. Aber gab es einen, sie zu mögen? Langsam ließ sie sich auf den Stuhl an der anderen Seite des Fensters nieder.
    »Deine Mutter braucht dich jetzt«, sagte Marcus sanft.
    »Sie hat ja Irini. Mit der hat sie sich schon immer besser verstanden.«
    »Aber Irini wird sich gerade jetzt weniger um sie kümmern können.«
    »Wieso, wir ziehen doch zu ihr nach Tinos!«
    »Sie wird Kraft und Hilfe der Mutter brauchen, jetzt, wo sie ein Kind erwartet.«
    Mando sprang auf.
    »Was?! Irini ist endlich schwanger? Und das erfahre ich von dir!« Sie stellte sich vor ihn hin und funkelte ihn wütend an. »Was für eine Familie ist das überhaupt!«
    »Das«, sagte Marcus und erhob sich höflich, »habe ich mich schon oft gefragt.« Er ging zur Tür und verbeugte sich. »Kopf hoch, vielleicht stellt sich heraus, dass du ein Findling bist.«
    Er bückte sich und wich damit der kleinen Vase mit dem Basilikumsträußchen aus, die durch die geöffnete Tür segelte und Vassiliki vor die Füße fiel.
    »Warum bin ich nur ein Mädchen!«, heulte Mando, als Vassiliki die Scherben einsammelte. »Wenn ich ein Mann wäre, könnte ich alle zum Teufel schicken!«
    »Und wo würdest du selber hingehen?«, fragte Vassiliki interessiert.
    »Nach Paris! Stattdessen sitze ich auf Paros. Ein einziger Buchstabe nur, und dazwischen liegt eine ganze Welt!«
    »Tinos hat andere Buchstaben.«
    »Ich weiß ja, dass du gelauscht hast, aber lass dich bloß nicht von Mutter erwischen! Wenn ich ein Mann wäre, hätte ich heute ein Vermögen geerbt.«
    »Deine
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