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Die Rebellen von Irland

Die Rebellen von Irland

Titel: Die Rebellen von Irland
Autoren: Edward Rutherfurd
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sofort. Zunächst ging sie zur Bank und hob Geld ab. Dann packte sie sorgfältig einige Sachen zusammen, darunter ein paar Dinge für den persönlichen Gebrauch. Sie besaß inzwischen ein Auto und fuhr es auch gerne selbst. Sorgfältig lud sie alles ein, sagte der Haushälterin, sie verreise für einige Tage, und fuhr nach Süden.
    Sie fand das Bauernhaus auf Anhieb. Es lag in der Nähe des Dorfes Blessington an der westlichen Flanke der Wicklow-Berge.
    Wieder hatte er sich bemerkenswert wenig verändert. Man sah ihm allerdings die Strapazen an, die er hinter sich hatte. Sie untersuchte sein Bein und sagte dann: »Es ist nicht gebrochen, aber verstaucht. Du musst es schonen.«
    »Ich wusste, du würdest kommen«, sagte Willy. »Danke.«
    »Was ist passiert?«, fragte sie.
    Die Geschichte war schnell erzählt. Willy O’Byrne hatte im Bürgerkrieg auf der Seite der republikanischen Truppen gegen den Vertrag gekämpft. Er war nach Blessington gekommen, wo sich republikanische Soldaten aus allen Teilen der Insel sammelten. Die Soldaten waren von den Truppen der provisorischen Regierung übel zugerichtet worden und mussten sich zurückziehen. Von Blessington aus zerstreuten sie sich in alle Winde. Willy konnte mit seinem wunden Fuß nicht gehen und hatte sich außerdem mit dem Anführer der Männer zerstritten, die in die Berge gezogen waren, deshalb hatte er beschlossen, allein am Fuß der Berge zu warten. »Für mich ist der Krieg vorbei«, sagte er. »Es lohnt sich nicht mehr zu kämpfen.« Doch konnte er auch nicht einfach nur warten, bis die Soldaten der provisorischen Regierung ihn aufgriffen. Der Bürgerkrieg verlief weitaus blutiger als der Krieg davor gegen die Briten. »Wenn die mich hier finden, bin ich ein toter Mann«, sagte er ruhig.
    »Ich kann dich in Dublin verstecken, wenn du willst«, sagte Caitlin.
    »Nein, ich möchte nach Rathconan«, erwiderte er. »Mein Vater kann mich versorgen. Und wenn nicht …«
    »Ich habe dir zweihundert Pfund mitgebracht«, sagte sie. »Damit kommst du notfalls nach Frankreich.«
    »Meine einzige Sorge sind die Burschen, die vor mir in die Berge gegangen sind. Sie waren ein undiszipliniertes Gesindel und hatten nicht viel für mich übrig.«
    »Ich fahre dich hin«, versprach Caitlin. »Und ich habe die Webley dabei.«
    Die Straße wand sich in vielen Kurven den Berg hinauf. Hin und wieder sahen sie unter sich die weite Ebene des Liffey bis nach Kildare hin ausgebreitet. Willy saß neben Caitlin auf dem Beifahrersitz. Er blickte vor allem nach vorn. Einmal kamen sie an einem Hirten vorbei. Willy fragte ihn, ob am Vortag ein Trupp Soldaten auf der Straße entlanggekommen sei. Der Mann bejahte, sagte aber, die Soldaten seien nach Süden abgezweigt. Sie waren also nicht über die Berge nach Rathconan marschiert. Willy schien darüber mächtig erleichtert. »Bald sind wir da«, sagte er, »und du wirst meinen Vater wiedersehen.« Sie waren auf dem Pass angelangt und fuhren auf der anderen Seite hinunter. Die Straße war kaum mehr als ein Feldweg. Endlich näherten sie sich Rathconan. Einige Kinder am Straßenrand starrten sie neugierig an und rannten fort, um die anderen zu benachrichtigen. Ein Auto war hier oben eine große Seltenheit. Der schöne Ausblick auf die Irische See ließ Caitlin lächeln. Als sie am Tor des Gutshauses vorbeifuhren, knallte der Auspuff. Caitlin lachte. Wenn die alte Rose Budge zu Hause war, hielt sie den Knall womöglich für eine Botschaft aus der Geisterwelt.
    Fintan O’Byrnes Häuschen schien verlassen. Caitlin sah hinein. Keine Spur von ihm.
    »Soll ich dir nach drinnen helfen?«, rief sie.
    »Nein«, sagte Willy. »Ich bleibe lieber hier in der Sonne sitzen. Geh die Straße entlang zu den Brennans. Die wissen wahrscheinlich, wo mein Vater steckt.«
    »Und du kommst allein zurecht?«
    »Natürlich, ich sitze doch vor dem Haus meines Vaters in Rathconan.«
    »Ich bin gleich wieder da«, sagte Caitlin.
    ***
    Die Nachmittagssonne schien ihm angenehm warm ins Gesicht. Es wäre nicht das Schlimmste, sich nach Kriegsende in Rathconan niederzulassen, dachte er. Vielleicht fand er eine Frau. Es war Zeit, dass er heiratete. Was für eine Frau? Ähnlich wie Caitlin vielleicht, aber nicht genauso wie sie. Geld war bei näherer Betrachtung etwas Schreckliches. Das hatten ihn die zehn Tage gelehrt, die er in Caitlins vornehmem Haus am Fitzwilliam Square verbracht hatte. Das Haus war bequem gewesen, luxuriös sogar, aber erstickend. Am Ende der zehn Tage
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