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Die Rebellen von Irland

Die Rebellen von Irland

Titel: Die Rebellen von Irland
Autoren: Edward Rutherfurd
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kennen.«
    »Sie ist eine Tante von mir.« Er wurde ein wenig freundlicher.
    »Ich kann Ihnen nicht mit Ihrem Flüchtling weiterhelfen, Hauptmann Budge, aber ich hoffe doch, dass Sie mich einmal auf eine Tasse Tee besuchen werden.« Caitlin sah die anderen Männer an. »Ich kenne die Familie des Hauptmanns«, erklärte sie unnötigerweise und lächelte strahlend. »Setzen Sie sich. Ich lasse Tee kommen.«
    »Wir haben wirklich keine Zeit«, sagte Budge.
    »Ihre Tante ist wirklich eine unverwechselbare Persönlichkeit. Bestimmt wissen Sie, dass sie in ihrem nächsten Leben als Vogel nach Rathconan zurückkehren will? Ist das nicht herrlich?«
    Budge senkte verlegen den Blick zu Boden.
    »Es heißt, sie trage seit dreißig Jahren denselben Turban und habe ihn nicht ein Mal abgenommen«, fuhr Caitlin in einem scheinbar unbeschwerten Plauderton fort. »Bestimmt kennen Sie ihre Zeichnungen nackter indischer Tänzerinnen.«
    Budge war rot geworden. Seine Männer hingen an Caitlins Lippen.
    »Glauben Sie auch an die Seelenwanderung, Hauptmann Budge?«
    »Nein. Meine Tante ist eine exzentrische alte Dame und Mitglied der Kirche von England. Ich muss jetzt gehen.«
    »Wie sehr ich wünschte, dass Sie noch bleiben könnten«, sagte Caitlin bekümmert.
    Doch Budge schob seine Männer bereits aus dem Zimmer. Die Haustür fiel ins Schloss, und Stille kehrte ein. Dann kam Willys Stimme von hinter dem Vorhang.
    »Wenn ich gelacht hätte, wäre das mein Ende gewesen.«
    »Du bleibst am besten eine Weile hier«, sagte Caitlin.
    * **
    Am Abend aßen sie zusammen, dann saßen sie allein im Salon. Die Vor hänge hatten sie sorgfältig zugezogen. Nachdenklich betrachtete Caitlin Willy: ein verdammt gut aussehender Mann und gutherzig, auch wenn er, davon war sie überzeugt, nicht die Herzensgüte seines alten Vaters besaß. Immerhin hatte er in den meisten Dingen Recht gehabt. Wenn ihn das kalt machte, war es sein Schicksal.
    Willy erwiderte ihren Blick.
    »Hattest du je einen Freund?«, fragte er.
    »Nein.« Sie schwieg. »In deinem Leben gab es vermutlich viele Frauen.«
    »Einige, ja.« Er nickte, dann lächelte er. »Glaubst du, es ist an der Zeit?«
    »Ja«, sagte sie, »das glaube ich.«
    Das war es auch weiß Gott, für ihn wie für alle anderen, dachte sie. Willy versteckte sich zehn Tage lang bei ihr.
    ***
    Ihrer Liebe war keine Dauer beschieden, doch war Caitlin deswegen nicht gekränkt. Wahrscheinlich hatte sie es erwartet. Willy war wieder nach Amerika gereist. Danach war er wieder verschwunden.
    Sie war froh, dass sie nicht mehr an den Kämpfen teilgenommen hatte, denn sie hätte die darauf folgenden schmerzhaften Entscheidungen nicht treffen können. Ein Jahr später hatten die Unterhändler der Sinn Fein, darunter auch der skrupellose Collins, einen Vertrag mit England geschlossen, um den Konflikt zu beenden, doch der Vertrag hatte Mängel gehabt. Irland sollte ein Freistaat werden, ein Dominion des britischen Empire wie Kanada. Im Norden sollten sechs Grafschaften zusammengefasst werden. Die Protestanten würden dort unbehelligt leben können, die Katholiken würden unterdrückt werden. Nicht einmal der Verlauf der Grenze stand fest. Caitlin verstand, warum de Valera dem Vertrag seine Zustimmung verweigerte.
    Sie selbst dagegen konnte wie die Mehrheit der irischen Bevölkerung auch mit einem unvollkommenen Vertrag leben, vielleicht nicht für immer, aber doch für eine Generation. Als de Valera und seine Anhänger einen zweiten Krieg begannen, diesmal gegen ihre eigenen Landsleute, fragte sie nicht mehr nach dem Grund, sondern nur noch nach dem Ende. Der irische Bürgerkrieg war voller Merkwürdigkeiten.
    Collins, der Hitzkopf der IRB, verteidigte den Kompromiss mit England jetzt genauso skrupellos gegen die neue Armee der Republik, die so genannten Irregulars. Alte Kampfgenossen schossen aufeinander. Collins selbst kam noch vor Ende des Krieges ums Leben. Seltsamerweise hatten die meisten Frauen, die Caitlin von der Cumarin na mBan kannte, sich für de Valera entschieden, sogar die lustige, herzensgute Rita. Caitlin fand diesen Weg für sich verschlossen. Als der Krieg 1923 schließlich endete, war sie nur erleichtert, dass im irischen Freistaat trotz all seiner Mängel endlich Frieden einkehrte.
    ***
    Nur einmal wurde sie noch aktiv. Ende Juli 1922 bekam sie einen unerwarteten Brief. Er wurde von einem Jungen persönlich abgegeben, der mit dem Fahrrad gekommen war und nicht bleiben wollte.
    Sie las den Brief und handelte
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