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Die Rattenhexe

Die Rattenhexe

Titel: Die Rattenhexe
Autoren: Jason Dark
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die Fahrertür öffnete. Dann kam ich mir vor wie in einem Film, denn da hätte die Szene nicht besser gedreht werden können.
    Zwei Beine.
    Herrlich gewachsen, lang, unendlich lang. Ein sehr kurzer, schwarzer Rock, der die Oberschenkel erst weit oben umschloß. Zum Rock paßte der enge, weiße, dünne Pullover, und diese Farbe fand sich auch in den Haaren der Frau wieder, die superblond und kurzgeschnitten auf dem Kopf lagen. Sie waren zu Strähnen zusammengefügt, die dort ein geordnetes Chaos bildeten. Ein sehr hübsches, rundes Gesicht mit großen Augen, in denen sich der Schrecken abmalte, was durchaus im Licht der einzigen Lampe zu sehen war.
    Die Fahrerin strich mit der linken Hand über ihre Wange. »Meine Güte, was werden Sie jetzt von mir denken, Mister?«
    »Das sage ich Ihnen lieber nicht«, erwiderte ich und lächelte dabei, denn der große Zorn war schon verraucht, was bei einem Fahrer natürlich anders gewesen wäre.
    »Ich – wissen Sie, es kam so plötzlich. Ich wollte tanken. Ich war in Gedanken, dann habe ich zu spät gebremst. Das ist mir noch nie passiert.«
    »Es erwischt jeden irgendwann.«
    »Danke, daß Sie es so sehen.«
    »Mal schauen, was passiert ist.« Ich sah mir die Stelle an, wo der BMW meinen Rover erwischt hatte. Viel war nicht zu erkennen. Die Wagen standen zu dicht beisammen, außerdem war das Licht nicht optimal.
    »Soll ich mal etwas zurückfahren?«
    »Das wäre gut.«
    »Einen Moment.« Die Blonde stöckelte auf ihren hohen Absätzen zu ihrem Fahrzeug und stieg ein. Im Licht der Innenbeleuchtung gelang mir ein Blick in den BMW. Ich sah, daß sie eine Kiste oder etwas Ähnliches auf dem Rücksitz stehen hatte, dann konzentrierte ich mich wieder auf die Fahrerin, die ihre Karosse behutsam zurücksetzte. Sie stoppte nach einem halben Meter. Der Zwischenraum war groß genug, um den Schaden begutachten zu können. Als die Frau ausstieg, hatte ich mich schon gebückt und schaute mir meine Stoßstange an.
    Da war wirklich nicht viel passiert. Leicht eingedrückt in der Mitte, mehr nicht. Ich leuchtete mit meiner kleinen Lampe noch andere Stellen der Rückfront ab, ohne jedoch etwas zu finden.
    »Und?« hörte ich die zitternde Stimme in meiner Nähe.
    Ich richtete mich wieder auf. »Es hält sich in Grenzen«, erklärte ich lächelnd.
    »Was heißt das denn?« Sie war noch immer unsicher und sah so aus, als erwartete sie ein gewaltiges Donnerwetter, aber ich schüttelte nur den Kopf. »Das wird keine Probleme geben.«
    Sie preßte ihre Hand gegen die linke Brust. »Da bin ich aber froh. Sie wollen nicht die Polizei einschalten?« erkundigte sich die Frau noch einmal.
    »Nein, warum? Fürchten Sie die Polizei? Haben Sie den Wagen vielleicht gestohlen?«
    »Nein, das nicht. Um Himmels willen. Ich habe ihn nicht gestohlen. Er gehört mir nur nicht.«
    »Aha.«
    »Mein Chef hat ihn mir geliehen.«
    »Zu einem solchen Chef kann man Ihnen nur gratulieren. Aber was treibt Sie überhaupt in diese nächtliche Einsamkeit hinein?«
    »Ich muß nach London.«
    »Sie auch?«
    Die Frau lachte. »Ah, Sie ebenfalls. Das ist aber ein netter Zufall.« Sie kam näher und streckte mir die Hand entgegen. »Ich heiße übrigens Senta de Fries.«
    »John Sinclair«, sagte ich und faßte ihre Hand, wobei ich zugleich das Streicheln ihrer Finger auf meiner Haut spürte und dann den Blick ihrer Augen sah, der schon einem Versprechen glich. Wenn mich nicht alles täuschte, hatte diese Frau sehr helle und sehr blaue Augen, beinahe schon strahlend. Unsere Hände lösten sich wieder voneinander, und ich fragte sie, was wohl ihr Chef zu diesem kleinen Unfall sagen würde.
    »Ach, der wird es kaum merken.«
    »Meinen Sie?«
    »Klar. Außerdem kommen wir gut miteinander aus.«
    Ich wollte mich trotzdem überzeugen und trat dicht an ihren BMW heran.
    Dort war wirklich nicht viel zu sehen. Ein paar Schrammen, das war alles. »Glück gehabt«, sagte ich.
    Sie konnte mich nicht hören, weil sie bereits wieder im Auto saß. Auf dem Fahrersitz hatte sich Senta de Fries gedreht und fuhrwerkte mit der Hand auf dem Rücksitz herum. Was sie dort, sah ich nicht, aber sie hörte auf, als sie mich an ihren BMW herantreten sah. Überraschend schnell stieg sie aus, ohne die Tür zu schließen. Ich bemerkte dies so nebenbei, dachte mir aber nichts.
    Sie trat an eine Zapfsäule.
    »Da werden Sie Pech haben, Miß de Fries. Der Pächter hat gerade Feierabend gemacht.«
    »Was?«
    »Leider.« Ich hob die Schultern. »Ich war sein
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