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Die Rattenhexe

Die Rattenhexe

Titel: Die Rattenhexe
Autoren: Jason Dark
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einem schiefen Grinsen. Abermals erlebte ich etwas Filmisches oder Romanhaftes. In meinem Kopf hatten sich Gedanken bereits aneinandergereiht, und ich war auch zu einer Lösung gekommen.
    Dieses Streichholzheftchen hatte nicht zufällig dort gelegen. Senta de Fries mußte es als Botschaft oder Spur für mich hinterlassen haben. Das sicherlich nicht ohne Grund. Das Grinsen wurde zu einem Lächeln, als ich das Streichholzheftchen einsteckte. Ich stellte mir die Frau wieder vor. Sie war schon ein verdammt heißer Feger, und der Hinweis auf die Bar konnte auch die Spur zu ihrem Arbeitsplatz sein.
    Was war sie? Eine Bardame? Eine Stripperin? Oder vielleicht sogar die Besitzerin?
    Nein, das weniger. Dann hätte sie mir nichts von ihrem Chef erzählt, obwohl das nicht unbedingt stimmen mußte. Ich machte mir deswegen jetzt keine Gedanken. Wichtig war die Weiterfahrt, die ich trotzdem verzögerte, obwohl ich schon im Wagen saß und die Tür zugezogen hatte. Ich überlegte nämlich, ob diese Ratte auch etwas mit Senta de Fries zu tun haben könnte.
    Ja, nein?
    Eher nein.
    Eine Frau wie sie und eine Ratte, das paßte einfach nicht zu ihr. Das Tier hatte sich bestimmt nur verlaufen und war dabei auf mich gestoßen.
    Ich fuhr endlich an. Mindestens eine halbe Stunde hatte ich mich auf dem Gelände der Tankstelle aufgehalten. Letztendlich war es doch egal, wann ich in London eintraf. Müde fühlte ich mich jedenfalls nicht. Zudem hatte der Himmel ein Einsehen, denn er schickte mir nur mehr einen dünnen Sprüh aus den Wolken.
    Alles war naß. In der Dunkelheit und vom Licht der Scheinwerfer gestreift, schimmerte die Nässe an manchen Stellen silbrig auf. Das Fahren über Land hatte ich mir abgeschminkt. Ich wollte jetzt so schnell wie möglich auf die Autobahn und dann ab in Richtung London.
    Schon bald erschien das erste Hinweisschild. Ich mußte rechts ab. Die Straße war breiter und glich schon einem Zubringer. Hinter mir sah ich keine Scheinwerfer. Nur einmal kamen mir zwei Lastwagen entgegen, deren Licht mich blendete.
    Zu beiden Seiten war die Fahrbahn von Buschwerk bewachsen und eingefriedet. Dabei kam in mir der Eindruck auf, durch einen Kanal zu fahren, auch deshalb, weil der Weg schnurgerade verlief. Am Himmel lagen dicke Wolkenberge, manchmal regnete es auch stärker, aber insgesamt gesehen ließ sich die Fahrt schon ertragen.
    Ich hatte das Gebläse eingeschaltet, um die Feuchtigkeit zu vertreiben.
    Beschlagene Scheiben mochte ich nicht, und das Geräusch des Gebläses begleitete mich.
    Als die Scheiben klar waren, stellte ich es kleiner.
    Noch drei Kilometer bis zur Auffahrt. Ein Katzensprung. An mir rauschte plötzlich ein Wagen vorbei, der zumindest einem BMW ähnelte. Er war so schnell vorbei und zudem von einer Gischtfahne umgeben, daß ich die Marke nicht mit Sicherheit erkannte.
    Ich wollte wieder das Radio einschalten. Musik kann lange Fahrten und Einsamkeit erträglich machen, aber wieder blieb meine Hand auf dem Weg dorthin stehen.
    Ich hatte etwas gehört.
    Nicht von draußen, wo die Reifen ihr gleichmäßiges Rauschen auf dem nassen Asphalt hinterließen. Das Geräusch war im Innern und in meiner unmittelbaren Nähe aufgeklungen.
    Oder hatte ich mich geirrt?
    Nein, nicht. Da war es wieder.
    Schrill und sehr hoch. Ein Piepen und…
    Ich drehte den Kopf nach links.
    Der Blick fiel auf den rechten Beifahrersitz. Der Schreck bohrte sich wie eine glühende Messerspitze in meinen Leib.
    Es war unglaublich, aber leider wahr. Auf dem Beifahrersitz hockte die Ratte!
    ***
    Wie sie dorthin gekommen war, wußte ich nicht. In diesen Augenblicken nach der Entdeckung wußte ich überhaupt nichts mehr, ich war konsterniert und fuhr einfach weiter, immer geradeaus. Ich bemerkte nicht mal, daß die Abfahrt zur Autobahn an mir vorbeihuschte, der Anblick der Ratte hatte mich gelähmt. Dann reagierte ich doch.
    Ich fuhr langsamer, schielte dabei zur Seite. Die Ratte saß einfach nur da wie jemand, der eine Fahrt mit dem Auto genießt. Sie traf auch keinerlei Anstalten, mich anzugreifen, und der klopfende Herzschlag ging allmählich wieder in einen normalen über.
    Ich wollte nicht weiterfahren und rollte an den Straßenrand, wo ich auch stoppte.
    Als der Wagen endlich stand, atmete ich tief durch, ohne dabei die Ratte aus den Augen zu lassen. Sie hatte sich nicht vom Fleck gerührt und schien den gesamten Sitz für sich zu reklamieren. Jetzt erst fiel mir auf, daß sie nicht hockte, sondern lag. Ausgestreckt, mit nach vorn
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