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Die Raeuber

Die Raeuber

Titel: Die Raeuber
Autoren: Friedrich Schiller
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es war, Wurzel und Endpunkt des Gegenstandes seines beständigen Sinnens zu enthalten. […] Sich fremder Individualität nicht unterzuordnen, ist Eigenschaft jeder größeren Geisteskraft, jedes stärkeren Gemüts, aber die fremde Individualität ganz, als verschieden, zu durchschauen, vollkommen zu würdigen und aus dieser bewundernden Anschauung die Kraft zu schöpfen, die eigne nur noch entschiedener und richtiger ihrem Ziele zuzuwenden, gehört wenigen an und war in Sch. hervorstechender Charakterzug. Allerdings ist ein solches Verhältnis nur unter verwandten Geistern möglich, deren divergierende Bahnen in einem höher liegenden Punkte zusammentreffen, aber es setzt von Seiten der Intellectualität die klare Erkenntnis dieses Punktes, von Seiten des Charakters voraus, dass die Rücksicht auf die Person gänzlich zurückbleibe hinter dem Interesse an der Sache.« Diese »Sache« war für Sch. die ästhetische Erziehung des Menschen zur geistigen Freiheit. Die »Eigentümlichkeit seines intellektuellen Strebens« bestand gerade darin, die Identität des Ursprungs von Philosophie und Poesie »zu fassen und darzustellen« (Humboldt): Mit dem Blick auf die Verhältnisse in Europa fragte Sch. deshalb im 8. Brief zur ästhetischen Erziehung : »Woran liegt es, daß wir noch immer Barbaren sind? Es muß also, wenn es nicht in den Dingen liegt, in den Gemütern der Menschen etwas vorhanden sein, was der Aufnahme der Wahrheit […] im Wege steht. Ein alter Weiser hat es empfunden, und es liegt in dem viel bedeutenden Ausdrucke versteckt: sapere aude. Erkühne dich, weise zu sein. Energie des Muts gehört dazu, die Hindernisse zu bekämpfen, welche sowohl die Trägheit der Natur als die Feigheit des Herzens der Belehrung entgegensetzen.« Denn nach Sch. soll »alle Verbesserung im Politischen […] von Veredlung des Charakters ausgehen«. Glaubte Sch. also an diese »Wahrheit« und die Möglichkeit, eine Veredlung des menschlichen Charakters zu erreichen?
    Die ästhetischen und philosophischen Schriften, die ebenso wie die spätere Lyrik in enger Zusammenarbeit mit Johann Wolfgang Goethe entstanden (z.B. die großen Balladen und die Xenien), die großen Dramen (hier vor allem die Wallenstein -Trilogie (1798/99; Uraufführung aller drei Teile im gleichen Winter in Weimar), Maria Stuart (1800 uraufgeführt, 1801 als Buch) und das Fragment des Demetrius , aber auch den Gedichtentwurf Deutsche Größe (wohl 1797), umkreisen direkt oder indirekt die Frage der Veredlung des menschlichen Charakters. Eine Antwort kann nur mit Sch. gegeben werden: Immer wieder ist auf die »Unzulänglichkeit« seiner Helden hingewiesen worden – von Karl Moor über Fiesko bis Wallenstein und Demetrius. In seiner Ästhetik hat Georg Wilhelm Friedrich Hegel diese Frage am Beispiel Wallensteins erörtert; über ihn heißt es dort: »Kaum hat er sich entschlossen, als er die Mittel, deren er sich gewiß glaubt, unter seinen Händen zerlaufen, sein Werkzeug zerbrechen sieht. Denn was die Obristen und Generale letztlich bindet, ist nicht die Dankbarkeit für das, was er ihnen Dankenswertes durch Anstellung und Beförderung erwiesen hat, nicht sein Feldherrnruhm, sondern ihre Pflicht gegen die allgemein anerkannte Macht und Regierung, ihr Eid, den sie dem Oberhaupte des Staats, dem Kaiser […] geschworen haben.« Wo kann bei solch verwirrenden Beziehungen, wie Sch. sie Wallenstein vor den Augen des Zuschauers erleben lässt, der handelnden Figur Wahrheit erreichbar sein? Muss ein solcher Wallenstein sich nicht in seiner Schwäche an alte vertraute Fehler halten? Sind diese »Fehler« nicht gerade das »Menschliche« an Wallenstein?
    Kritische Beobachter haben früh erkannt, dass Sch. in der Struktur seiner Dramen, in Aufbau und Verknüpfung der Handlung viel stärker, als es auf den ersten Blick erscheinen mag, der Aufklärung verpflichtet geblieben ist. Seine als »Ideenträger« konzipierten Figuren verfügen nicht über eine reiche Psyche, sie repräsentieren selten ihr Unbewusstes dem Publikum; das unterscheidet sie deutlich von Dramenfiguren des 19. und 20. Jahrhunderts. Die Sprache dieser Figuren kann also nicht so sehr Ausdruck subjektiver Gedanken- und Gefühlswelt lebendiger Individuen sein, als vielmehr kommentierende, transzendierende Reflexion des Dichters, der den Reden der auftretenden Personen die Tendenz zum Ideell-Gültigen geben wollte (Sch. selbst nannte seine Betrachtungsweise »sentimentalistisch«; in dem Essay Über naive
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