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Die Radleys

Titel: Die Radleys
Autoren: Matt Haig
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Fisch. Keine Pflanze.
    Metall.
    Will beugt sich über ihn, will seinen Sohn wieder untertauchen.
    Verzweifelt packt Rowan das Metall.
    Schmerz.
    Schneidet sich an der scharfen Klinge.
    »Dauert eine Weile, bis man einen Vampir ersäuft hat«, sagt Will mit gebleckten Reißzähnen und taucht Rowan mit beiden Händen unter, »aber die Nacht ist ja noch jung.«
    »Lass ihn los!« Das sind Clara und ihre Mutter, die aus der Luft auf sie zueilen. Will blickt hoch, als Rowan etwas unter dem Metall ertastet. Einen Stiel.
    Will lacht ein wahnsinniges Lachen. Das Lachen eines Verdammten. Er wendet sich wieder Rowan zu, aber nicht schnell genug, um zu sehen, wie die tropfnasse Klinge der Axt blitzartig wie die Schwanzflosse eines Delphins aus demWasser schnellt und mit solcher Wucht in seinen Hals fährt, dass sich das Blatt ein letztes Mal zugunsten des Sohnes wendet und er Rowans urtümlichen Überlebensschrei kaum wahrnimmt. Will versucht, mit der Hand den Blutschwall zu stoppen, der sich aus seinem Hals über die Axt ergießt, und wird ins Wasser zurückgeworfen. Rowan hält ihn mit der Klinge unten, während sich im Wasser schwarze Blutwolken bilden.
    Mutter und Schwester landen gerade auf dem Rasen, als er spürt, wie Will wieder zu Kräften kommt und auftauchen will, aber Rowan hält die Axt jetzt fest in beiden Händen und lässt nicht nach. Als Will den Kopf hebt, fährt die Klinge auch durch den Rest seines Halses, und endlich entweicht das Leben aus seinem Körper. Rowan kann das Gesicht – das Gesicht seines Vaters – schemenhaft erkennen, wie es von unten zu ihm hochstarrt. Ruhig. Sogar dankbar. Als wäre dies der einzige Weg gewesen, Frieden zu finden, durch die endgültige Trennung seines gierigen Körpers von seinem denkenden Verstand, umspült vom flüssigen Nebel seines eigenen Bluts.
    Rowan bleibt noch eine Weile neben ihm stehen und sieht zu, wie die Regentropfen ins Wasser fallen. Einige Zeit vergeht, bis er sich an seine Schwester und seine Mutter erinnert, die schweigend aus einiger Entfernung der Szene beiwohnen.
    »Geht es euch gut?«, fragt er.
    Helen starrt in den Teich. »Ja«, sagt sie. Ihre Stimme hört sich ruhiger und irgendwie natürlicher an als sonst. »Uns allen geht es gut.«
    Mit seinen geschärften Sinnen hört Rowan im Haus Schritte. Sein Vater – oder der Mann, den er bisher für seinen Vater gehalten hat – tritt hinaus auf die Terrasse. Er hat seinen Mantel an und die Autoschlüssel in der Hand,da er gerade erst zurückgekehrt ist. Einen nach dem anderen sieht er sie an. Endlich fällt sein Blick auf den Teich, und während er sich darauf zubewegt, sieht Rowan, wie seine Miene erstarrt, als er begreift, was passiert ist.
    »O mein Gott«, sagt Peter und beugt sich über das Wasser. Seine Stimme ist kaum zu hören. »O mein Gott, o mein Gott, o mein Gott …«
    »Er wollte Mum töten«, erklärt Clara. »Rowan hat sie gerettet.«
    Irgendwann hört Peter auf zu murmeln und starrt seinen Bruder in dem dunklen, blutvernebelten Wasser an.
    Als Rowan von Wills Körper klettert, fällt ihm Eve ein, und wieder ergreift ihn die Panik.
    »Wo ist Eve?«, sagt er zu Clara und zu seiner Mutter. »Was hat er mit ihr angestellt?«
    Sie schütteln ihre Köpfe.
    Und Rowan schrumpft innerlich, als er sich vorstellt, wie Eves schlaffer Körper im Meer versinkt.

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    VERÄNDERUNG
    Den ganzen Weg bis Bishopthorpe redet Jared auf seine Tochter ein und beobachtet sie im Rückspiegel. Sie liegt auf dem Rücksitz, fest eingewickelt in seinen Pullover. Der Wind fährt ihr durchs Haar, und der Regen sprenkelt ihre Haut und vermischt sich mit dem Blut, während er mit hundertfünfzig Stundenkilometern über die kurvenreiche Straße rast.
    »Eve«, spricht er sie an, schreit fast, damit sie ihn durch den Wind und den Regen hören kann. »Eve, bitte, bleib wach.« Er denkt daran, wie sie ihn vorhin verachtet hat, an ihre Frustration und die Wut, die er seit zwei Jahren in ihren Augen sieht. »Es wird alles gut. Ich werde mich ändern. Es wird alles anders werden. Ich verspreche es dir.«
    Eve macht die Augen nicht auf, und er weiß genau, dass es zu spät ist. Bäume und Straßenschilder rasen unbeachtet am Fenster vorbei. Wenige Minuten, nachdem er Thirsk hinter sich gelassen hat, fährt er in Bishopthorpe die Hauptstraße entlang. Die Abzweigung zum Lowfield Close saust rechts an ihm vorbei, aber er fährt weiter. Ein Mann, der aus dem Pub tritt, bleibt stehen und sieht den Corolla doppelt so schnell
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