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Die Rache

Die Rache

Titel: Die Rache
Autoren: John T. Lescroart
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wegbleibst. Ich bin ein bißchen durcheinander, das ist alles. Es ist ein bißchen der Fall von vu jadé.«
    »Vu Jadé?«
    »Ja. Das Gegenteil von déjà vu. Das Gefühl, daß du noch nie irgendwo gewesen bist.«
    Jane lachte. »Du scheinst in Ordnung zu sein.«
    »Ich bin in Ordnung.«
    »Ich liebe dich«, sagte sie.
    »Wir könnten über langfristige Angelegenheiten sprechen, wenn du nach Hause kommst, was hältst du davon?«
    Ein Moment der Stille verstrich, aber es konnte auch an der technisch bedingten Verzögerung liegen. »Ja, vielleicht tun wir das«, sagte sie.
     
    Frank Batiste war nicht mehr sicher, ob er glücklich darüber war, Lieutenant geworden zu sein. Es bedeutete mehr Geld, und das war in Ordnung, aber den ganzen Tag hier im Büro zu sitzen, während Beschwerden und Anordnungen reinkamen und rausgingen, machte ihn fertig.
    In alten Zeiten hatte man den Überbringer schlechter Nachrichten umgebracht, und allmählich verstand er, warum. Vielleicht lösten sich die Nachrichten dann in Luft auf oder mußten nicht zur Kenntnis genommen werden.
    Aber er konnte sich nicht einfach den ganzen Tag hier verstecken. Er zwang sich aufzustehen, spürte einen Anflug von Rückenschmerzen und öffnete die Tür.
    Das Morddezernat bekam immer mehr das Ambiente eines Golfclubs – an einigen der Schreibtische lehnten Golftaschen.
    Er ging durch den Raum nach hinten, nickte den Männern zu und erntete eisige Blicke. Himmel, es war doch nicht seine Schuld. Er verstand die Männer sogar. Vielleicht sollte er als Lieutenant zurücktreten und jemand anderen sich mit dem Kram herumschlagen lassen. Aber was würde das ändern? Dann würde jemand anderes dort sitzen, einer, der weniger Verständnis für das Team hatte.
    Wenn nur die Stadtverwaltung, die doch sonst immer so gut Bescheid wußte, eine gottverdammte Ahnung hätte. Jetzt wußte sie nicht einmal, wie sie sich den eigenen Hintern wischen sollte. Und das wurde nirgendwo so deutlich wie hier im Morddezernat. Diese vierzehn Männer – komisch, aber leider wahr – stellten die Schutztruppe gegen die übelsten Elemente der Stadt dar. Niemand gelangte ins Morddezernat, ohne zehn Jahre lang solide Polizeiarbeit geleistet zu haben, ohne eine Menge Stolz und eine spezielle Mischung aus Killerinstinkt, Dickköpfigkeit und Cleverneß. Diese Männer waren die Elite, und wenn man ihre Moral in Frage stellte, bekam man Probleme.
    Aber letzte Woche, zum ersten Mal seit sieben Jahren, hatte die Staatsanwaltschaft gegen zwei Männer der Truppe Anklage erhoben. Vor einem Monat hatten diese beiden Beamten – Clarence Raines und Mario Valenti – Fred Treadwell, einen Angestellten der Telefongesellschaft, wegen Mordes an seinem Geliebten und dessen neuem Freund verhaftet. Treadwell widersetzte sich der Verhaftung – er trat ein Fenster in seiner Wohnung im zweiten Stock ein, verletzte sich beim Hinausspringen am Kopf, fiel hinunter auf die Straße, brach sich einen Knöchel, stieß sich den Kopf noch einmal beim Aufprall auf irgendwelche Mülltonnen und floh zu Fuß ins Büro seines Anwalts.
    Da Treadwell und die anderen Beteiligten dieser Dreiecksbeziehung schwul waren, berief der Anwalt umgehend eine Pressekonferenz ein und führte den armen Fred mit all seinen Wunden, Brüchen und Prellungen vor – als Opfer willkürlicher Polizeigewalt. Valenti und Raines, zwei Männer der Elitetruppe mit makellosen Karrieren, hätten allem Anschein nach plötzlich ihre Vorurteile gegen Schwule nicht länger beherrschen können (vielleicht als Ergebnis ihrer eigenen unterdrückten Homosexualität) und Fred fast zu Tode geprügelt. Danach hätten sie ihn in der Straße vor seiner Wohnung sich selbst überlassen.
    Irgend jemand nahm Freds lahme Geschichte – oder den berechtigten Zorn der homosexuellen Kreise – ernst genug, um Raines und Valenti in Schwierigkeiten zu bringen und eine förmliche Untersuchung einzuleiten.
    Zu allem Überfluß wurden, als die Anklage gerade erhoben worden war, die neuesten Budgetkürzungen bekannt. Mit sofortiger Wirkung wurden keine Überstunden mehr für ›Routinearbeit‹ angeschrieben, was vor allem Konsequenzen für die Erstellung der Berichte und die Übermittlung der Vorladungen hatte.
    Eine bedeutende Zahl der zu bearbeitenden Mordfälle trug die Bezeichnung ›KMB-Fälle‹ – keine Menschen beteiligt. Vorsichtig formuliert hieß das, daß Opfer, Verdächtige und Zeugen mindestens Kleinkriminelle waren.
    Diese Leute waren Polizisten nicht gerade
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