Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rache

Die Rache

Titel: Die Rache
Autoren: John T. Lescroart
Vom Netzwerk:
einmal.
    Wahrscheinlich hatten sie doch gesagt, sie würden erst am nächsten Morgen anfangen.
    Hardy war nicht müde. Nichts von alldem schien besonders realistisch, aber als er sich aufs Bett legte, nahm er die Special aus der Schublade. Er knipste das Licht aus und zog eine Decke über sich. Die Kleider hatte er noch an, die Pistole hielt er in der Hand. Er sah auf die Uhr neben seinem Bett. Eine Minute nach elf.
    Kein Anruf.

2
     
    Es war dunkel, als das Telefon in der Küche klingelte. Hardy erwachte mit der Waffe in der Hand aus einem kurzen, unruhigen Schlaf, schaltete das Licht in der Küche ein und nahm den Hörer ab, noch bevor es zum zweiten Mal klingelte.
    »Rusty?
    »Wer ist Rusty?«
    Die Stimme einer Frau, von weither, drang mit einiger Verzögerung und begleitet von einem Rauschen aus dem Hörer.
    Ihr Klang ließ Hardy schlagartig wach werden. »Bei Gott, es ist schön, deine Stimme zu hören.«
    »Hast du geschlafen?«
    Die Uhr über dem Herd zeigte zehn nach drei. »Hier ist es drei Uhr morgens«, antwortete er. »Ich bin gerade um den Block gejoggt, als ich das Telefon klingeln hörte.«
    »Drei Uhr morgens? Ich komme damit einfach nicht zurecht.«
    »Ist schon gut.«
    »Ich weiß nicht einmal, was für ein Datum heute ist. Bei euch drüben, meine ich.«
    »Das macht nichts. Ich bin hier und weiß auch nicht, was für ein Datum wir haben.«
    »Und wer ist Rusty?«
    Jane war auf der anderen Seite der Erdkugel, und es gab keinen Grund, sie zu beunruhigen. »Ein alter Bürokollege. Ich glaube, ich habe von ihm geträumt.«
    Er hielt den Hörer in der einen Hand und bemerkte plötzlich die Waffe in der anderen. Flüchtig spielte er mit dem Gedanken, es ihr zu erzählen. Schau, Schätzchen, ich stehe hier in der Küche mit einer geladenen .38er Special und ziehe die Möglichkeit in Betrag, daß jemand, der sich vermutlich darauf versteht, versuchen wird, mich zu erschießen. Aber mach dir keine Sorgen. Hab eine schöne Zeit in Hongkong. Denk nicht an Tiger.
    Statt dessen fragte er sie, wie die Reise verlief.
    »Gut, abgesehen davon, daß es so aussieht, als müßte ich eine Woche länger bleiben. Oder sogar zehn Tage.«
    »Mist.«
    Schweigen.
    »Dismas?«
    »Ich bin noch da. Ich habe nur gerade ein paar Purzelbäume geschlagen.«
    »So was passiert, das weißt du.«
    »Ich weiß, tut mir leid. Ich würde dich gern sehen.«
    »Ich dich auch.« Sie begann, ihm etwas von Problemen mit den Warenlieferungen zu erzählen. Schiffe, die Tausende Ballen Stoff aus den billigen Fabriken auf den Philippinen, in Thailand und Korea transportierten, kamen nach Hongkong, wo die Ballen von den – relativ – billigen Schneidern zu Designerkleidung verarbeitet wurden.
    »Aber wir können das wirklich nicht machen, ich meine, kaufen, ohne daß wir die Farben gesehen und die Qualität des Stoffes gefühlt haben.«
    »Ich weiß«, sagte Hardy. »Fühl die Qualität …«
    »Und zwei der Schiffe haben Verspätung. Vielleicht kommen sie bald, aber selbst dann wird es ein paar Tage dauern, die Ballen durchzusehen.«
    »Ich habe verstanden, wirklich.« Hardy legte die Waffe auf den Küchentisch. »Ich bin nicht begeistert, aber ich werde es überleben.« Armer Dismas. »Und sonst, wie ist die Reise?«
    »Nun, die Leute fangen an, wegen 1997 nervös zu werden. Überall spürt man das. Niemand will über langfristige Angelegenheiten sprechen … Als könnten nächstes Jahr irgendwelche neue Pläne auftauchen und die Briten plötzlich weg sein. Es ist unheimlich.«
    »Es ist besser so«, erwiderte Hardy. »Die Leute sollten sich daran erinnern, daß jeder nächstes Jahr weg sein könnte.«
    Jane machte eine Pause. »Mein amüsanter Ex-Mann.«
    »Na, so Ex nicht …«
    »Auch nicht so amüsant. Nächstes Jahr weg! Wie kann man mit so einer Einstellung leben?«
    Hardy wollte sagen, daß es nicht schlecht wäre, wenn jeder so denken würde, und daß ein Jahr sogar ziemlich optimistisch war. Er war versucht, sie daran zu erinnern, daß ihr Sohn nicht einmal dieses eine Jahr lang gelebt hatte … Aber er unterließ es. Sie mußte nicht daran erinnert werden. »Du hast recht«, sagte er. »So kann man nicht leben.«
    »Dismas, bist du in Ordnung?« fragte sie. »Tust du irgendwas, das dir Spaß macht?«
    »Ich mache die Stadt unsicher. Ich würde es nur vorziehen, das mit dir zu tun.« Ihm wurde klar, daß er ziemlich viel Blödsinn sagte. »Es tut mir leid. Es ist drei Uhr am Morgen, und du erzählst mir, daß du noch eine Woche lang
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher