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Die Rache des schönen Geschlechts

Titel: Die Rache des schönen Geschlechts
Autoren: Andrea Camilleri
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gerufen, weil sie nach der Befragung durch Staatsanwalt Tommaseo und Dottor Gribaudo fix und fertig war. Sie setzen die Befragung morgen Früh fort.«
    »In Montelusa?«
    Fazio schien verlegen.
    »Nein, hier. Dottor Gribaudo hat gesagt, ich soll fragen, ob Sie ihr ein Zimmer herrichten können.«
    »Dann richte eins her.«
    »Welches denn? Wir haben ja nicht mal Platz für.«
    »Oh nein! Stopp! Hast du das Sprichwort vergessen? >Raum ist in der kleinsten Hütte.< Richte das kleine  Zimmer neben dem Klo her.«
    »Aber das ist doch nicht viel größer als eine Abstellkammer! Und voller Papierkram, da sieht es aus wie Kraut und Rüben!«
    »Dann schaffst du eben ein bisschen Platz, ja? Eins wollte ich noch wissen: Haben sie Grazia gefragt, wie sie sich die Sache mit dem Bett erklärt, das auf beiden Seiten benutzt war?«
    Fazio musste lachen.
    »Dottore mio, Sie kennen doch Staatsanwalt Tommaseo. Seiner Meinung nach, ich zitiere wörtlich, handelt es sich um das >klassische Verbrechen, wie es in den finsteren homosexuellen Kreisen heranreifte Kurz gesagt: Gerlando Piccolo hat einen Mann mit nach Hause genommen, höchstwahrscheinlich einen Immigranten, und der hat ihn nach dem Beischlaf erschossen, um ihn auszurauben.«
    »Teilt Gribaudo diese Auffassung?«
    »Dottor Gribaudo sagt, dass es keine Rolle spielt, ob die Person, die mit im Bett lag, Männlein oder Weiblein, Ausländer oder nicht Ausländer war, wichtig ist seiner Meinung nach, dass es sich ganz sicher um einen Komplizen handelt. Um eine Person, die nach dem Beischlaf gegangen ist und dem Dieb und Mörder die Haustür offen gelassen hat.«
    »Und Grazia?«
    »Sie sagt, dass sie schon manchmal, wenn sie das Bett machte, gemerkt hat, dass der Onkel in Gesellschaft gewesen war. Und auch gewisse nächtliche Geräusche, die aus seinem Zimmer kamen, ließen daran keinen Zweifel. Genauso wenig hatte sie Zweifel, dass es sich um Frauen und nicht um Männer handelte. Aber sie sagt, dass der Onkel nie und nimmer jemand durch die Haustür hereingelassen hätte. Die Besucherinnen sind über die
    Außentreppe gekommen, und der Onkel brauchte nur die Glastür des Büros zu öffnen. Wenn sie fertig waren, gingen sie denselben Weg zurück. Und der Onkel legte die Eisenstange wieder vor die Tür.«
    »Wie wir sie vorgefunden haben.«
    »Genau. Aber Grazia hat noch etwas gesagt.«
    »Was denn?«
    »Sie meint, dass beide Bettseiten benutzt waren, muss nicht unbedingt bedeuten, dass der Onkel in Gesellschaft war. Zu Lebzeiten hat er gefressen wie ein Schwein, und keine Nacht ist ohne Übelkeit, Atemnot und Sodbrennen vergangen. Dann hat er sich von einer Seite auf die andere gewälzt.«
    »Genau wie ich heute Nacht«, sagte der Commissario.
    »Vom Essen?«
    »Vom Lesen.«
    »Tommaseo und Gribaudo«, fuhr Fazio fort, »haben Dottor Arqua vorsichtshalber geraten, diese Bettseite von der Spurensicherung sorgfältig untersuchen zu lassen.«
    »Und Arqua?«
    »Der war sauer. Er hat gesagt, das brauchten sie ihm nicht zu sagen. Jedenfalls ist klar, zu welcher Auffassung sie neigen: ein Einbruch, der übel, mit Mord, ausgegangen ist.«
    Sie sahen sich an und grinsten. Sie hatten sich verstanden. Die Auffassung war löchrig wie ein Sieb.
    Als Montalbano nach dem Essen in der Trattoria San Calogero und seinem üblichen Denk- und Verdauungsspaziergang bis zum Ende der Mole ins Kommissariat zurückkam, hatte er Gelegenheit, mit Galluzzo zu reden. »Wie geht's Grazia?«
    »Sie schläft. Der Arzt hat ihr eine Spritze gegeben. Er sagt, wenn sie aufwacht, geht es ihr wieder gut. Meiner Frau tut sie auch Leid.«
    »Um wie viel Uhr hat Gribaudo sie einbestellt?«
    »Morgen um neun, hier bei uns.«
    »Hat dieses Mädchen denn wirklich niemanden, Verwandte, eine Freundin?«
    »Niemand, Dottore. Nach dem, was sie erzählt, hat wohl nicht viel gefehlt und die Piccolos hätten sie an die Kette gelegt. Erst nach dem Tod der Tante hatte sie mehr Freiheit, aber damit war es auch nicht weit her. Der Onkel erlaubte ihr, einmal die Woche in die Stadt zu fahren, und nach spätestens zwei Stunden musste sie zurück sein.«
    »Was hat sie jetzt vor?«
    »Keine Ahnung. Als Dottor Gribaudo ihr sagte, sie müsse für ein paar Tage woanders wohnen, ist sie durchgedreht. Sie wollte partout nicht weg. Ich musste lange an sie hinreden, bis sie einverstanden war und mitkam.«
    »Sag mal - pure Neugier -, hast du sie eigentlich nach dem Revolver gefragt?«
    »Ich verstehe nicht, Dottore.«
    »Na ja, Galluzzo, so ein
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