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Die Puppenkönigin – Das Geheimnis eines Sommers (German Edition)

Die Puppenkönigin – Das Geheimnis eines Sommers (German Edition)

Titel: Die Puppenkönigin – Das Geheimnis eines Sommers (German Edition)
Autoren: Holly Black
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sie hätte sein sollen. Doch als er sich in der Bibliothek umschaute, schien alles an seinem Platz zu sein. Die Sofas waren nicht aufgeschlitzt, das Polster nicht herausgezerrt und auch die Lebensmittel aus dem Pausenraum lagen nirgends herum.
    In der Zwischenzeit war die Gelegenheit zur Flucht verstrichen. Die Bibliothekarin scheuchte sie von den Sofas und er konnte mit keinem der Mädchen Blickkontakt aufnehmen. Wenn er abhauen würde, war nicht sicher, ob sie mitkämen.
    »Kommt mit nach hinten, dann koche ich euch einen Tee«, sagte die Frau mit der pinkfarbenen Frisur. »Ihr wirkt, als hättet ihr einen nötig.«
    Anscheinend sahen sie in den Sachen, die sie Tag und Nacht getragen hatten, ziemlich heruntergekommen aus, als sie nun zum Pausenraum schlurften. Die Katzenohren an Alice’ Kapuzenpulli waren komisch verknickt und Poppy hatte Tinte auf der Wange, als wäre einer ihrer vielen Kulis ausgelaufen. Dachte die Bibliothekarin, sie wären obdachlos? Zach fragte sich, ob sie sie davonkommen lassen würde, wenn er das behauptete.
    Auf halbem Weg durch den Lesesaal blieb Poppy stehen. »Halt, wo ist die Königin?« Ihre Stimme war schrill vor Panik.
    »Das weißt du nicht?«, fragte Zach. Er sah sich noch einmal um, als erwartete er, die Puppe gleich irgendwo auftauchen zu sehen.
    Die Bibliothekarin zog die Augenbrauen hoch, als würde sie eine Erklärung erwarten.
    »Sie meint ihre Puppe«, sagte Zach. »Sie ist sehr alt. Poppy hat sie wohl verloren.«
    »Und wann hast du sie das letzte Mal gesehen?«, fragte Alice.
    »Ich hatte sie bei mir, als ich mich aufs Sofa gesetzt habe«, antwortete Poppy. »Das weiß ich genau. Sie lag direkt neben mir , als ich eingeschlafen bin.«
    »Davor lag sie auf dem Kartentisch«, steuerte Zach bei. »Vielleicht hast du sie da vergessen … «
    »Ich habe die Puppe gesehen, als wir eingeschlafen sind«, schnitt Alice ihm das Wort ab. » Irgendwer ist anscheinend aufgestanden und hat sie woanders hingetan.«
    Poppy wollte zurückgehen und nachsehen, doch die Bibliothekarin nahm ihren Arm.
    »Ihr geht jetzt alle«, sagte sie mit beeindruckender Entschlossenheit, »mit mir in den Pausenraum und dann kümmern wir uns um die vermisste Puppe und um eure Eltern und alles andere. Die Bibliothek ist geschlossen. Wenn die Puppe hier ist, finden wir sie auch. Sie kann also nirgends hin. Und jetzt los.«
    Zach hoffte inständig, dass die Puppe wirklich nirgends hinkonnte.
    Sie nahmen auf den Klappstühlen rund um den Tisch Platz, während die Frau den Wasserkocher einschaltete. Sie suchte in den Schränken, bis sie eine Packung Fruchtriegel gefunden hatte, die sie auf den Tisch legte.
    »Ich bin Katherine Rausse«, sagte sie. »Ihr könnt Miss Katherine zu mir sagen. Nicht Kathy. Katherine. «
    »Ich heiße Poppy«, sagte Poppy. »Poppy Bell. Und das sind Alice Magnaye und Zachary Barlow.«
    »Das sind sehr melodische Namen«, sagte die Bibliothekarin und holte Becher aus einem Hängeschrank. Das Wasser kochte bereits, sodass sie jeweils einen Teebeutel in die Becher tat und aufgoss. Dampf quoll hoch und es duftete tröstlich nach zerkleinerten Teeblättern. »Milch haben wir nicht, aber ich stelle Zucker auf den Tisch. Und jetzt rufe ich die Direktorin an und berichte ihr, was hier los ist. Ich schließe euch ein, aber ich bin gleich wieder da. Falls ihr also auf die Toilette müsst, braucht ihr nicht lange warten. Ich bringe euch dann dahin.«
    Sie ging hinaus und ließ sie allein. Die Drehung des Schlüssels bewies, dass sie das mit dem Einschließen nicht scherzhaft gemeint hatte.
    Zach fiel nicht ein, wie sie aus dem Pausenraum hätten entkommen sollen. Oder wie sie die Königin wiederfinden könnten. Er hatte keine Ahnung, was ihnen übrig blieb, außer in Schimpf und Schande nach Hause zurückzukehren. Dann wäre die Mission gescheitert. Die Vorstellung, aufzuhören, obwohl sie so nah dran waren, nagte an ihm. Es machte ihn wahnsinnig, dass die Mission bereits erledigt sein könnte, wenn sie nur in der Nacht auf den Friedhof gegangen wären – und er nicht so eine Schlafmütze gewesen wäre.
    Poppy starrte in ihren Teebecher. Dann wischte sie sich plötzlich die Augen. »Tut mir leid«, sagte sie.
    Alice seufzte. »Es ist nicht deine Schuld. Ich bin schließlich hier eingebrochen.«
    »Und ich bin einfach eingeschlafen«, sagte Zach. »Du hast uns wenigstens noch ermahnt, Poppy. Es ist wirklich nicht deine Schuld … «
    Poppy unterbrach ihn. »Das meine ich auch nicht. Ich dachte,
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