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Die Pubertistin - eine Herausforderung

Titel: Die Pubertistin - eine Herausforderung
Autoren: Baumhaus
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Deutschlehrerin gute Besserung. Aber was wird jetzt aus der diesjährigen Abschlussprüfung, schaffen unsere Kinder den Stoff? Man werdesehen und zeitnah informieren, sagt der freundliche Lehrer, aber jetzt husch, husch, seine Bahn fährt gleich zurück in den hauptstädtischen Feierabend. Eine ganz normale Elternversammlung ist zu Ende.
     
    Daheim beginne ich, die Pubertistin einzuvernehmen. Du hast seit Mai keinen Deutschunterricht mehr? Ich find’s gut, sagt die Pubertistin. Deutsch!, insistiere ich, das hast du doch immer so gemocht! Pah!, macht die Pubertistin. Ich, warnend: Du hast in acht Monaten Prüfungen in dem Fach! Nachsichtig lächelt sie mich an. Mama, das ist nur Schule, das macht keinen Spaß, nie, hat es dir doch auch nicht gemacht, oder? Das, sage ich, steht hier doch gar nicht zur Debatte.
     
    Die Pubertistin hat da einen wunden Punkt angesprochen, den ich tunlichst meide. Es ist nämlich so, dass ich ab Beginn der Adoleszenz eine schlechte Schülerin war. Eine wirklich schlechte. Bei dem Pensum, das ich – erschöpft von meinem ausschweifenden Jugendleben – in der Schule weggeschlafen habe, grenzt es an ein Wunder, dass ich heute in der Lage bin, einfachste Zusammenhänge zu begreifen. Deutsch, Englisch, das ging gerade noch. Aber Mathe?Hören Sie auf! Physik, ich sag’s ungern, habe ich mit einer Vier abgeschlossen. Und in Geographie muss ich komplett gefehlt haben. Immer mal wieder schocke ich den Pubertistinnenvater mit meiner Unkenntnis der Welt. Wer also bin ich, dass ich von meinem Kind Interesse an der Schule erwarte, gar Spaß?
     
    Es ist das Misstrauen in die Verhältnisse, das mich dazu bringt, von der Pubertistin jene Leistung zu fordern, die ich selbst in ihrem Alter sorglos verweigert habe. Die Maschen jenes Netzes, das einst selbst Versagerinnen in der Findungsphase, wie ich eine war, aufgefangen hat, sind seither deutlich größer geworden. Was, wenn sie den Schulabschluss nicht schafft? Die falschen Freunde hat? Mit siebzehn schwanger wird? ...
     
    Stopp!, gebietet der Vater, brems mal deine durchgeknallte Phantasie! Tatsächlich hat er ausnahmsweise mal recht. Dieses Kind gibt doch zu allerlei Hoffnungen Anlass. Sie steht jeden Morgen, wenn auch nur unter gutem Zureden, auf. Sie spricht bei direkter Kontaktaufnahme in vollständigen Sätzen, und von einer Versetzungsgefährdung oder dergleichen ist uns bislang nichts zu Ohren gekommen.
     
    Was rege ich Schulversagerin und Studienabbrecherin mich eigentlich auf? Die Welt, in der Schule Spaß macht, ist offenbar noch nicht gebaut. Aber beim nächsten Mal, wende ich mich an die Pubertistin, sagst du eher Bescheid, wenn der Unterricht so lange ausfällt. Ja klar, sagt sie. Höre ich da Spott in ihrer Stimme?

Den muss ich bei einem Discounter kaufen, dessen berüchtigte Arbeitnehmerpolitik ich streng ablehne. Aber was zählt schon die Kritik einer bewussten Konsumentin, wenn doch das Kind so gern diese Formfleischscheiben isst? Was? Nichts. Eben.
     
    Soll ich dir meine Regenjacke borgen, frage ich besorgt die Pubertistin, als sie sich anschickt, in einem die Nieren nur unzureichend bedeckenden Sommerjäckchen das Haus zu verlassen. Na vielen Dank, patzt die junge Dame, du willst wohl, dass alle über mich lachen? – Aber es regnet draußen, und nächste Woche fahren wir in den Urlaub, sage ich, wär doch blöd, wenn du da krank bist. – Waaas?, jammert sie nun, nächste Woche ist das schon? Könnt ihr da nicht alleine hinfahren? Dann schultert sie ihren Schulrucksack, sattelt ihr stählernes Pferd und reitet – mal wieder ohne Licht – durch den dichten Regen gen Schule.
     
    Es sind Momente wie dieser, in denen ich mich tatsächlich frage, ob ich mit diesem Kind überhaupt noch verreisen möchte. Was ist so schlimm an zwei Wochen Qualitätszeit mit den eigenen Eltern? Haben nicht auch wir ein Recht auf Generationendialog?Die Pubertistin ist nur genervt von unserem Reiseangebot. Wozu vier Stunden fliegen, unsere Freunde in jenem fernen Land besuchen und deren Kultur kennenlernen, wenn sie doch in vierzig Minuten in der hässlichsten Mall der Hauptstadt sein kann, um dort Elektra und Yasmin zu treffen und fachfraulich das aktuelle Jungsangebot zu sichten?
     
    Dass ihre Prioritäten in diese Richtung gehen, nicht aber in Richtung historische Altstädte, überrascht uns natürlich nicht. Dennoch macht sie uns in den nächsten beiden Urlaubswochen fast wahnsinnig damit, wie demonstrativ desinteressiert sie während der
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