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Die Prüfung: Kriminalroman (German Edition)

Die Prüfung: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Prüfung: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Kristian Schlüter
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sind hier auf dem Universitätsgelände. Was , frage ich dich, soll der junge Mann sonst hier gemacht haben?«
    Schönlieb nahm die Aufforderung von Wallner wörtlich und blickte in das dunkle Schneetreiben. Sie standen mitten in dem kleinen, nicht mal einen halben Meter tiefen künstlich angelegten See, der direkt vor dem großen Audimax-Gebäude der Universität Hamburg lag. Schönliebs Blick überflog die dünne Eisschicht, die mittlerweile an fast allen Stellen durch Schönlieb, Wallner und die Spurensicherung, die mit großen schwarzen Gummistiefeln hin und her stampften, auseinandergebrochen war. Der Rest des Platzes war mit einer weißen Schneeschicht bedeckt, der nur hier und da von frischen Fußspuren – ebenfalls von Gummistiefeln – durchzogen war.
    »Hätte es nicht Fußabdrücke geben müssen, bei dem Schnee?«, fragte Schönlieb in die Richtung von Wallner, der sich nur kopfschüttelnd von Schönlieb abwandte.
    »Der Schneefall hat erst später begonnen«, antwortete einer der mit weißen Einweganzügen bekleideten Mitarbeiter der Spurensicherung, den Schönlieb bei dem immer heftiger werdenden Schneefall kaum noch sah, »und er ist so stark, dass er in kürzester Zeit alles überdeckt. Ein Riesenglück für den oder die Täter, aber wir werden natürlich sehen, was wir machen können.«
    »Ja, ein Riesenglück«, antwortete Schönlieb und inspizierte weiter die Umgebung.
    Das Gelände war weiträumig abgesperrt worden, und der Tatort sah aus wie eine gut ausgeleuchtete Filmkulisse. Scheinwerfer waren an die Seiten des kleinen Sees gestellt worden und erleuchteten ihn. Schönlieb musste kurz an das Flutlicht und die schöne Atmosphäre im Stadion denken, verdrängte den Gedanken daran aber schnell wieder. Weit hinten, dort wo der Weg an einer kleinen Studentenkneipe und einem kleinen Kino vorbei zur Straße führte, sah man ein paar Schaulustige hinter einem rot-weißen Polizeiabsperrband stehen.
    Schönlieb beugte sich wieder zur Leiche hinunter.
    »Und woher weißt du nun wirklich, dass er ein Student ist?«, fragte Schönlieb.
    »Ich weiß sogar, dass er wahrscheinlich ein Jurastudent war«, antwortete Wallner.
    »Und woher weißt du, dass er wahrscheinlich ein Jurastudent war?«, hakte Schönlieb leicht gereizt nach. »Ist er schon identifiziert?«
    Wallner lächelte und genoss den Moment ganz offensichtlich. Schönlieb fragte sich, wie es wohl sein musste, mit einem Kollegen einfach nur zusammenarbeiten zu können. Ohne das ganze Machtgerangel. Warum konnten sie sich nicht einfach auf ihre Arbeit konzentrieren? Immerhin ging es hier um tote Menschen.
    »Nein, keine Ahnung, wie der Junge heißt, aber er hatte einen Flyer in der Manteltasche. Der war ein bisschen aufgeweicht, aber man konnte ihn noch gut lesen. Er wirbt für eine gewisse Jura-OE-Party im Oktober. OE …«
    »Orientierungseinheit. Ich weiß. Ein Studienanfänger?«
    »Nicht zwangsläufig.«
    »Wir müssen ihn jetzt mal da rausheben.« Einer der Schneemänner der Spurensicherung kam zu Wallner und Schönlieb. »Wir haben die Untersuchungen und das Fotografieren der Leiche so weit beendet. Jetzt muss er aus dem Wasser, damit Petersen ihn genauer untersuchen kann.«
    »In dem kalten Wasser wird er zwar schön frisch gehalten«, erklärte eine Schönlieb wohlbekannte und willkommene Stimme aus der Dunkelheit, »aber irgendwann kriegt er hässliche Flecken. Und wenn wir ihn zwei Wochen hier liegen lassen, dann können wir die Haut an seinen Händen abziehen, wie Handschuhe.«
    Schönlieb dachte an Handschuhe. Warme Handschuhe. Dann besann er sich und drehte sich um.
    »Hey, Kalle.«
    »Moin.« Kalle zwinkerte Schönlieb schelmisch zu. »Na, nicht beim Spiel, Christoph?«
    »Du bist ein Arsch, Kalle!« Schönlieb verfluchte sich erneut, ihm von seiner Liebe zum FC St.Pauli erzählt zu haben. Kalle war leidenschaftlicher Fan des HSV, des größeren der beiden Profivereine in Hamburg, der in ewiger und großer Rivalität zum FC St.Pauli stand. Kalle hieß eigentlich Karl-Heinz Petersen. Er war Rechtsmediziner. Schönlieb fand, dass Kalle aussah wie ein Seemann. Er war furchtbar groß und unglaublich dick. Dazu trug er stolz seinen Vollbart, und das Einzige, was aus diesem wuscheligen behaarten Gesicht herausstach, war eine dicke rote Knollnase und strahlend blaue Augen, die jetzt interessiert auf dem Toten ruhten.
    »So, Leiche raus!«, wies Kalle ein paar Leute an, und sie hievten die Leiche auf eine Bahre. Kalle stand neben dem jungen
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