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Die Prüfung: Kriminalroman (German Edition)

Die Prüfung: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Prüfung: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Kristian Schlüter
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toten Mann und schaute ihn sich genauer an.
    »Meinst du, du kannst uns schon irgendetwas sagen?«, fragte Schönlieb. »Was ist mit der Stelle dort am Hinterkopf? Die Wunde scheint frisch. Ich glaube, da läuft sogar immer noch Blut raus.«
    Schönlieb zeigte auf die Wunde am Kopf und hörte Wallner belustigt schnauben. Kalle hatte aufgrund seines dicken Bauches Schwierigkeiten, sich zur Bahre herunterzubeugen, ließ es bleiben und schaute lediglich von oben herab. »Das kann ich jetzt und hier noch nicht sagen …«, wiegelte er ab. Er hatte die Leichen lieber auf seinem Seziertisch liegen, auf Bauchhöhe, das war wesentlich bequemer.
    »Nicht mal einen ersten Eindruck?«, fragte Schönlieb.
    »Muss ich erst genauer untersuchen«, brummelte er nur. »Aber Blut läuft da nicht mehr, vermute ich mal. Das scheint mir eher das Wasser, das das Blut aus den Haaren wäscht.«
    »Ach so«, sagte Schönlieb und blickte zu Wallner, der ihn beinahe mitleidig ansah. »Übrigens war ich natürlich beim Spiel, musste aber ja abbrechen, wegen der Sache hier.«
    »Dreh mal seine Hand um«, sagte Kalle.
    Schönlieb sah ihn etwas verwirrt an, nahm aber brav die Hand des Toten und drehte sie, sodass Kalle die Innenflächen sehen konnte. Die Fingerspitzen waren noch nicht sehr runzelig.
    »Und?« Schönlieb schaute fragend zu Kalle hoch.
    »Er ist noch keine fünf Stunden tot. Eher zwei bis drei«, sagte Kalle. »Und wie war die erste Halbzeit?«
    »Null zu null!«
    »Ihr kriegt ja gar nichts mehr gebacken! Wie konnten wir damals nur das Derby verlieren? Das will mir bis heute nicht in den Kopf.« Kalle streichelte geistesabwesend seinen Bauch. Zumindest sah es so aus, als würde er seinen Bauch streicheln.
    »Nach wie vor ein Trauma für euch von der Müllverbrennungsanlage, oder?« Schönlieb schmunzelte. Der HSV spielte in einem Stadion am Rande der Stadt, das ungünstigerweise in der Nähe einer Müllverbrennungsanlage stand, was die Rivalen von St.Pauli immer wieder herauszustellen wussten.
    »Pah! Trauma!«, platzte es aus ihm heraus. »Wer spielt denn in der ersten Liga? Na? Wir sind noch nie abgestiegen!«
    Schönlieb beugte sich mit einem Schmunzeln auf den Lippen über die Leiche.
    »Vielleicht war es ja auch nur ein Unfall? Übers Eis gelaufen, ausgerutscht, eingebrochen. Doof hingefallen. Tot.«
    »Klar«, sagten Kalle und Wallner gleichzeitig.
    Sie beschlossen, die Leiche abtransportieren zu lassen. Kalle fuhr direkt mit in die Rechtsmedizin. Wallner und Schönlieb lehnten am offenen Kofferraum von Wallners Wagen und tauschten die großen Gummistiefel gegen ihre Schuhe.
    »Ich habe ein paar Leute mit dem Foto des Toten losgeschickt«, sagte Wallner. »Vielleicht ergibt sich etwas.«
    »Sehr gut«, sagte Schönlieb und nickte. »Mitten auf dem Campus liegt der, und keiner merkt es.«
    »Die Menschen merken immer weniger«, sagte Wallner in einem Ton, als trage er die Last der ganzen Welt auf seinen Schultern, »und wir sollen dagegen ankämpfen!«
    Jetzt hatte Wallner also plötzlich wieder so einen Melancholieanfall. Die waren eigentlich noch unerträglicher als seine Wutanfälle. Schönlieb zog schnell sein iPhone aus der Tasche, und seine Finger begannen, über das Display zu fliegen, während Wallner tief seufzte.
    »Die Jungen, die achten nicht mehr aufeinander«, murmelte Wallner. »Die achten auf gar nichts mehr. Da liegt einer an einem Freitagabend reglos hier mitten im See, und keine Sau interessiert es. Niemand kümmert es, dass hier ein Menschenleben ausgehaucht wurde. Für immer.«
    »Fuck!«, stieß Schönlieb wütend aus und blickte von seinem iPhone auf.
    Erschrocken blickte Wallner ihn an.
    St.Pauli hatte 1:0 verloren. Gegentor in der 85. Minute.
    Auch das noch.

Kapitel 3
    Wenn abends eine Leiche gefunden wird, dann heißt das: Nachtschicht. Schönlieb und Wallner waren direkt ins Büro gefahren. Dort verbrachte Schönlieb fast die ganze Nacht damit, alle Fakten und Hinweise im Computersystem möglichst akribisch festzuhalten. Kein Hinweis durfte verloren gehen. Die kleinste Spur, die einem jetzt noch unwichtig erschien, konnte in einigen Tagen oder Wochen wichtig sein. Zeitgleich koordinierten sie per Telefon die Beamten von der Schutzpolizei vor Ort, die die umliegende Umgebung und Mülleimer durchsuchten.
    Bei ihnen, den ermittelnden Kommissaren, liefen diese Spuren zusammen, sie waren dafür verantwortlich. Immer wieder hielt Schönlieb während des Schreibens kurz inne und versuchte, erste Schlüsse
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