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Die Prophezeiung der Seraphim

Die Prophezeiung der Seraphim

Titel: Die Prophezeiung der Seraphim
Autoren: Mascha Vassena
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Fédéric lachte, und noch bevor einer der Seraphim eingreifen konnte, schleuderte er das Ankh ins Feuer.
    Zuerst begriff Ruben nicht, was geschah. Die Cherubim erstarrten und zerfielen mit rasender Geschwindigkeit zu Staub. Es geschah vollkommen lautlos, und nach wenigen Augenblicken war von ihnen lediglich ein Halbkreis aus Aschehäufchen geblieben.
    Fédéric stemmte die Hände in die Seiten und grinste frech. »Na, was macht Ihr jetzt?«
    Kronos hob die Augenbrauen und schüttelte leicht den Kopf. »Sieh dich um, Junge, da ist jemand gar nicht begeistert von dem, was du getan hast!«
    Fédéric wirbelte herum und wich zurück. Aus dem Seitenschiff trat Dazaar.
    Ruben ballte die Fäuste. Warum war der Cherub nicht zu Staub zerfallen wie die anderen? Jetzt entstieg seiner Kehle ein dunkles Grollen, und er stürmte auf Fédéric los.
    »Krötenmist!«, stammelte dieser und stolperte rückwärts. Schon fiel der Schatten Dazaars über ihn, da gellte ein Raubvogelschrei durch die Kirche, und ein großer Adler stürzte im Sturzflug herab. Einen Wimpernschlag, bevor Dazaar Fédéric zerreißen konnte, packte der Greifvogel den Jungen mit seinen Klauen an den Schultern und zog ihn empor. Das konnte nur Leda sein!
    Dazaars Schwung ließ ihn in die Kirchenbänke krachen, wo er reglos liegen blieb. Der Vogel trug Fédéric in die Nähe der Eingangstür, wo er ihn aus geringer Höhe fallen ließ. Dort hatten sich inzwischen auch Alis und Plomion eingefunden. Ruben konnte nicht genau erkennen, was der Seraph tat, doch er schien die Kristallkanone einsatzbereit zu machen. Nur würde sie ihm ohne die beiden Amulette nichts nutzen.
    »Allmählich verliere ich die Geduld«, presste sein Vater zwischen den Zähnen hervor. Er nickte Agenor zu, der die ganze Zeit wie ein Leibwächter neben ihm gestanden hatte. Daraufhin rannte der Seraph den Mittelgang hinunter, zog im Laufen sein Schwert und schnellte sich mit einem löwenhaften Sprung in die Luft.
    Der Adler kreischte, als Agenors Schwert ihn am Flügel traf, dann stürzten beide zu Boden. Während der Seraph sich unversehrt erhob, blieb der Vogel reglos liegen. Das Federkleid verschwand, darunter kam Ledas Körper zum Vorschein. Ruben musste an sich halten, um ihren Namen nicht auszurufen und zu ihr zu eilen, doch er sagte sich, dass ihr nichts Schlimmes geschehen sein konnte.
    »Und nun zu dir, Tochter!« Auf einmal war Kronos nicht mehr neben Ruben, sondern stand hinter Julie. Ohne auf ihr Wimmern zu achten, packte er sie an den Haaren und hielt ihren Hals über eine flache Schale auf dem Altar. Glaukos, Perses, Eris und Agenor bildeten einen Halbkreis, fassten sich an den Händen und begannen, fremde, dunkel klingende Worte zu murmeln.
    »Ruben!« Mit einem Rucken des Kinns befahl Kronos ihn an seine Seite.
    »Nein!« Fédérics Schrei hallte durch die Kirche.
    Ruben sah ihn auf den Altar zurennen, und ihm war klar, dass Kronos Julie die Kehle durchschneiden würde, noch bevor Fédéric sie erreichte. Schon ritzte er die helle Haut, Blut quoll hervor und Julie wimmerte erneut. »Nein!«, brüllte Fédéric noch einmal, worauf Glaukos eine Hand hob; Fédéric erstarrte mitten im Lauf und fiel zu Boden.
    »Lass mich es tun, Vater, bitte!«, rief Ruben hastig.
    Kronos schüttelte den Kopf. »Ich kann dir nicht mehr vertrauen, mein Sohn. Du hast mich zu sehr enttäuscht.«
    »Lass ihn beweisen, dass er dir ergeben ist«, erklang plötzlich die sanfte Stimme der Comtesse. »Von wessen Hand sie stirbt, macht keinen Unterschied.«
    Erstaunt sah Ruben zu ihr hinüber und begegnete ihrem Blick, der nun wieder dunkel war. Sie zog leicht die Augenbrauen hoch und wies mit dem Kinn nach vorne, wie um ihm zu bedeuten, er solle es hinter sich bringen. Ruben straffte die Schultern und atmete einmal tief durch. »Ich kann es, Vater«, sagte er laut.
    Der Erzengel zögerte kurz, dann nickte er, und Ruben stieg die Stufen zum Altar hinauf. Als er an Elisabeth d’Ardevon vorüberging, streifte ihn ein Hauch ihres exotischen Dufts.
    »Achte darauf, den Richtigen zu treffen«, wisperte sie so leise, dass er sich nicht sicher war, ob er sich die Worte nicht nur eingebildet hatte. Wenn sie wusste, was er plante, weshalb hielt sie ihn nicht auf? Verwirrt drehte er den Kopf nach ihr, doch sie hatte den Blick starr auf Kronos und Julie gerichtet.
    Rubens Gedanken rasten, als er die wenigen Schritte bis zum Altar zurücklegte. Würde er wirklich den Mut finden, den er benötigte? Allerdings hatte er
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