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Die programmierten Musen

Die programmierten Musen

Titel: Die programmierten Musen
Autoren: Fritz Leiber
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ihrer Seite stand Homer Hemingway, ein kahlrasierter Autor, den Gaspard bisher als ungeschlachten Tölpel abgeschrieben hatte, obwohl Heloise in letzter Zeit immer öfter seine blödsinnig lakonischen Bemerkungen zitiert hatte. An Homers Kleidung fiel ihm besonders die Kordweste voller gewaltiger Feuerwerkskörper auf sowie ein breiter Gürtel, an dem eine ledergeschützte Axt baumelte. Seine behaarten Hände hielten die rauchende Mündung eines Flammenwerfers.
    Hinter den beiden standen zwei Gesellenschriftsteller in gestreiften Pullovern und dunkelgrünen Kappen. Einer trug die Hauptlast des Flammenwerfers, der andere ein Maschinengewehr und an einem kurzen Stab ein Banner mit einer schwarzen »30« auf grauem Grund.
    »Was hast du vor, Heloise?« fragte Gaspard schwach; er hatte sich von seinem Schock noch nicht erholt.
    Seine Walküre stemmte die Fäuste in die Hüfte. »Das ist verdammt meine eigene Sache, du Nachtwandler!« grinste sie ihn an. »Klaub dir das Wachs aus den Ohren! Nimm die Scheuklappen ab! Lüfte mal in deinem Gehirnkasten!«
    »Aber warum verbrennst du Bücher, Liebling?«
    »Du nennst diesen Maschinenerguß Bücher? Du Wurm! Du Tiefflieger! Hast du dir nie gewünscht, etwas zu schreiben, das wirklich aus dir selbst kommt? Etwas, das alles andere überragt?«
    »Natürlich nicht«, erwiderte Gaspard alarmiert. »Wie könnte ich das? Liebling, du hast mir noch nicht gesagt, warum du Bücher …«
    »Das ist nur ein Vorgeschmack!« schnappte sie. »Ein Symbol.« Wieder trat der wilde Ausdruck auf ihr Gesicht, als sie fortfuhr: »Damit fängt die Zerstörung erst an! Komm, Gaspard, du kannst uns helfen. Hör auf zu faulenzen, und spiel mal zur Abwechslung den Mann!«
    »Wobei soll ich euch helfen? Liebling, du hast mir noch nicht gesagt …«
    Homer Hemingway schaltete sich ein. »Zeitverschwendung, Baby.« Er bedachte Gaspard mit einem verächtlichen Blick.
    Dieser kümmerte sich nicht um ihn. »Und was ist das für eine schwarze Eisenkugel, die du da in der Hand hast, Heloise?« erkundigte er sich.
    Die Frage schien seine athletische Bettgenossin zu amüsieren. »Du liest doch eine Menge Bücher, nicht wahr, Gaspard? Hast du schon mal vom Nihilismus und den Nihilisten gehört?«
    »Nein, Liebes, nicht.«
    »Also, Süßer, dazu ist es noch nicht zu spät, du wirst das noch nachholen, in der Tat. Du wirst sogar erleben, wie es sich anfühlt, wenn man einer ist. Gib ihm deine Axt, Homer.«
    Plötzlich mußte Gaspard an Zanes Frage denken. »Wollt ihr etwa streiken ?« fragte er ungläubig. »Heloise, davon hast du mir aber kein Wort gesagt.«
    »Natürlich nicht! Ich konnte dir doch nicht trauen. Du hast deine Schwächen – besonders für die Wortmaschinen. Aber jetzt hast du Gelegenheit, dich zu bewähren. Nimm Homers Axt.«
    »Hört mal, mit Gewalt kommt ihr doch nicht weiter«, protestierte Gaspard verzweifelt. »Auf der Straße wimmelt es nur so von Robotwächtern.«
    »Die stören uns nicht, Kleiner«, bemerkte Homer Hemingway rätselhaft. »Wir wissen Bescheid über diese Blechtypen. Wenn du dir nur darüber Sorgen gemacht hast, Kleiner, kannst du dir ruhig ‘ne Axt schnappen und auch ein paar Wortmaschinen zerschlagen.«
    »Wortmaschinen zerschlagen?« Gaspards keuchender Tonfall hätte auch zu den Fragen »Den Papst erschießen?«, »Den Michigan-See vergiften?« oder »Die Sonne sprengen?« gepaßt.
    »Ja, die Wortmaschinen zerschlagen!« schnappte seine Liebesdienerin. »Schnell, Gaspard, entscheide dich! Bist du ein richtiger Autor oder nur ein Streikbrecher? Bist du ein Held oder ein Verlegergünstling?«
    Gaspard machte ein finster entschlossenes Gesicht. »Heloise«, sagte er fest und trat neben sie, »du kommst jetzt sofort mit nach Hause.«
    Eine große, haarige Pranke stoppte ihn und riß ihn zurück, so daß er sich unsanft auf das Gummipflaster setzte.
    »Die Dame geht nach Hause, wann es ihr verdammt paßt, Kleiner«, sagte Homer Hemingway. »Und zwar mit mir.«
    Gaspard sprang auf und holte zu einem wilden Schlag aus, wurde jedoch mit einem leichten Brusthieb abgewehrt, der ihm den Atem raubte.
    »Du willst Autor sein, Kleiner?« fragte Homer erstaunt, als er nun seinerseits zu einem größeren Gegenschlag ausholte, der gleich darauf Gaspards Bewußtsein auslöschte. »Du bist ja nicht mal im Training.«
     
     

3
     
    Herausgeputzt in identischen türkisfarbenen Hosenanzügen mit Opalknöpfen, so standen Vater und Sohn nachdenklich vor Gaspards Wortmaschine. Der Autor der
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