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Die programmierten Musen

Die programmierten Musen

Titel: Die programmierten Musen
Autoren: Fritz Leiber
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Aufgaben gehört. Also – du wirst sicher nicht glauben, was dir Daddy jetzt erzählt, aber es stimmt. Vor der Erfindung der Wortmaschinen …
    S OHN : Es qualmt, Daddy.
    V ATER (der noch immer nicht hinschaut): Unterbrich mich nicht, wahrscheinlich hat sie nur etwas Öl verschüttet oder so. Vor der Erfindung der Wortmaschinen wurden die Geschichten tatsächlich von den Autoren selbst geschrieben! Sie mußten nach Themen suchen …
    S OHN : Die Autorin läuft weg, Daddy.
    V ATER : Unterbrich mich nicht. Sie mußten sich jedes Wort der Geschichte aus dem Gedächtnis zusammensuchen. Das muß eine …
    S OHN : E S raucht immer noch, Daddy. Da sind auch Funken.
    V ATER : Ich habe dir doch gesagt, du sollst mich nicht unterbrechen. Also, das muß eine fürchterlich anstrengende Arbeit gewesen sein, fast so mühsam wie der Bau der Pyramiden.
    S OHN : Ja, Daddy, es qualmt aber …
    Bumm! Mit ohrenbetäubendem Krach löste sich Gaspards Wortmaschine in Splitter auf. Vater und Sohn bekamen die volle Ladung der Explosion ab und wurden in türkisfarbene Stücke gerissen, die mit den Opalknöpfen durch die Gegend flogen. Ohne etwas zu spüren, verließen sie diese Welt, zufällige Opfer eines seltsamen Arbeitskampfes. Der Vorfall, der ihren Tod verursachte, war nur einer von vielen und wiederholte sich viele Male ganz in der Nähe, zum Glück ohne daß es zu weiteren Todesopfern kam.
    Überall in der Leser-Straße, von manchen auch Traumstraße genannt, waren die Autoren dabei, ihre Wortmaschinen zu vernichten. Sie verwüsteten und plünderten alles, was ihnen in den Weg kam. Kein Verlagshaus blieb verschont zwischen dem verkohlten Buchbaum, unter dem Gaspard schlummerte, und dem anderen Ende der Straße, wo die Startplätze der großen Buchschiffe lagen. Eine bunte Menge strömte durch das Zentrum des größten vollmechanisierten Verlagszentrums der Erde und des Sonnensystems, eine wild durcheinanderwirbelnde Menge, gekleidet in Kappen und Bademäntel, Togen und Kräuselkragen, Kimonos, Umhänge, Sporthemden, breite schwarze Krawatten, Spitzenblusen und hohe Hüte, Wams und Hosen, T-Shirts und Jeans – sie alle platzten blindwütig in die Romanfabriken und brachten Tod und Vernichtung über die Riesenmaschinen, deren Bedienung sie zuletzt nur gewesen waren. Diese Maschinen waren es, die letztlich den Lesestoff ausspuckten – Lesestoff, der die unterbewußten menschlichen Sehnsüchte auf drei Planeten, einem halben Dutzend Monde und in mehreren tausend Satelliten und Raumschiffen in Kreisbahnen und im freien Fall stillte.
    Sie wollten sich nicht mehr durch hohe Löhne und die Äußerlichkeiten ihrer Autorenschaft korrumpieren lassen – durch die alten Kostüme, die zur Berufskleidung geworden waren, durch die traditionsgeladenen Namen, die sie annehmen durften und sogar mußten, durch das exotische Liebesleben, das man ihnen gestattete, zu dem man sie förmlich drängte. Die Autoren machten kaputt und verübten Sabotage, sie tobten sich aus und schlugen rücksichtslos um sich, während die Polizei einer Labour-Regierung, die ohnehin die Macht der Verleger brechen wollte, selbstgefällig zusah. Die Robotwächter, die eilig von den zu spät alarmierten Verlegern gemietet worden waren, unternahmen ebenfalls nichts, da sie in letzter Minute von der Interplanetarischen Brüderschaft freier Geschäftsmaschinen daran gehindert wurden; auch sie standen nur herum machten eine traurige Figur, nahmen Backsteinbeulen und Säureflecken hin, bekamen in vorderster Front auch manchen schwärzenden Flammenstoß ab – und sahen zu, wie ihre stationären, geistlosen Vettern starben.
    Homer Hemingway schlug sich mit der Axt einen Weg durch die graue Kontrolltafel eines Random-House-Allschreibers und machte sich wild über die Röhren und Transistoren her.
    Sappho Wollestonecraft Shaw schob eine große Plastikröhre in die Gedächtnisbank eines Scribners-Skribenten und ließ zwei Gallonen rauchende Salpetersäure in die unvorstellbar empfindlichen Innereien fließen.
    Harriet Beecher Brontë überträufelte einen Norton-Novelist mit Benzin und wieherte, als die Flammen in den Himmel schossen.
    Heloise Ibsen, deren Bluse an den Schultern zerrissen war, schwenkte die graue Flagge mit der geheimnisvollen schwarzen »30«, die das Ende der Maschinenliteratur verkündete, und sprang auf drei verschreckte Vizepräsidenten los, die sich hatten ansehen wollen, wie die Roboter »diese unverschämten Schmierfinken« vertrieben. Einen Augenblick lang
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