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Die populaersten Irrtuemer ueber das lernen

Titel: Die populaersten Irrtuemer ueber das lernen
Autoren: Claudia Jacobs
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Zweitens betreffen kritische Phasen elementare Eigenschaften –
     Sehen, Hören, Bewegung und Muttersprache z. B. und womöglich einige emotionale und soziale Verhaltensweisen. Für die Herausbildung dieser Eigenschaften
     bedarf es im Normalfall keiner besonderen Anregung von Eltern und Fachleuten, die dafür viel Geld verlangen. Die Stimuli, die das kindliche Gehirn für
     seine gesunde Entwicklung braucht, sind überall anzutreffen. In der hippen Schwabinger Loftwohnung ebenso wie in der letzten „Jurte der Mongolei“, wie
     der Entwicklungsexperte John T. Bruer versichert. Das Erlernen kulturell vermittelter Fähigkeiten (Lesen, Rechnen, Schreiben, Musizieren, Häkeln, Bowlen,
     Auto fahren, Soufflée kochen) ist überdies keineswegs an eine bestimmte Zeit gebunden. Wie schlecht Ihr Kind auch immer in der Schule sein mag, es liegt
     nicht daran, dass Sie mit ihm als Baby womöglich zu wenig unternommen haben. Für verunsicherte Mütter und Väter müsste die Botschaft geradezu erlösend
     sein: Egal, ob der Nachwuchs der Nachbarin zum Baby-Schwimmen oder in die Pekip-Gruppe gefahren wird – ein Kleinkind muss später keine Nachteile
     ausbaden, weil seine Eltern es vorgezogen haben, zur gleichen Zeit mit ihm den Garten zu erobern. Selbstverständlich können Eltern und Kinder auch beim
     Baby-Schwimmen Spaß haben.
    ■
    Normal entwickelte, gesunde Kinder benötigen keine speziellen Förderprogramme. Damit kleine
Kinder gedeihen, brauchen sie vor allem emotionale Sicherheit sowie ausreichend Gelegenheit, ihre Umwelt zu erkunden. Kinder sind von Geburt an
lernfreudig und neugierig. Babys brauchen keine Geschenke, die blinken, piepsen und sich auf Knopfdruck fortbewegen. Selbst noch so ausgeklügeltes
Lernmaterial und pädagogisch wertvolles Spielzeug kann echte, mit allen Sinnen gemachte Erfahrung nicht ersetzen. Babys brauchen Zeit. Wenn ein Kind
sich mit einer Rassel beschäftigt, müssen wir ihm nicht auch noch einen Schlüssel, einen Löffel oder einen Ball in die Hand drücken. Eine Rassel ist
nicht zu wenig. Wenn das Kind Gelegenheit hat, sie in aller Ruhe zu erkunden, wird es eine Menge lernen. Erwachsene sollten auf ihre Intuition
vertrauen: So handeln wir automatisch richtig, wenn wir Babys begegnen. Wir machen z. B. große Augen und reden in ruhigen, freundlichen, einfachen
Worten. Viele Leute assoziieren mit Frühförderung eine Extraportion Aktivität. Zuviel Input bewirkt indes das Gegenteil von dem, was Eltern sich für ihr
Kind wünschen. Mütter und Väter, die ihr Kind am Alltag teilhaben lassen und es unaufgeregt beobachten, werden spüren, was es gerade braucht. Eltern und
Erziehern, die sich dem wachsenden Förder-Druck kaum entziehen können, sei das Buch „Der Mythos der ersten drei Jahre“ des ausgezeichneten
Wissenschaftsjournalisten und Entwicklungsexperten John T. Bruer empfohlen. Wer es gelesen hat, dürfte selbst jenen Paroli bieten können, welche mit
Verve Ergebnisse der Hirnforschung simplifizieren und verfälschen.

    John T. Bruer verdanke ich neben vielen Einsichten die Bekanntschaft mit einem sehr beruhigenden Ausspruch
     des Neurowissenschaftlers Steve Petersen. Eltern, die die Hirnentwicklung ihrer Kinder positiv beeinflussen wollen, rät er: „Ziehen Sie Ihr Kind nicht in
     einem Schrank auf, lassen sie es nicht verhungern und schlagen Sie es nicht mit einer Bratpfanne auf den Kopf.“

Irrtum: Fremdsprachen lernt man am besten als Knirps
    Kinder sind kein Sparbuch. Man weiß nie, ob sich das, was man für sie getan hat, eines fernen Tages wirklich „auszahlt“. Eltern, die
     jedoch in frühe Sprachkurse ihrer Kinder investieren, haben zumindest die vage Hoffnung, dass sie das Geld nicht gleich zum Fenster hinauswerfen. Genau
     das aber tun sie.

    Politiker fordern frühe Sprachkurse zum Teil vehement, und prompt bangen selbst geerdete Eltern um ihren Nachwuchs: Deutsch zählt in
     der globalisierten Welt nicht. Englisch muss man können. Haben Kinder, die hier aufwachsen, da nicht tatsächlich einen Wettbewerbsnachteil? Außerdem
     schicken alle anderen ihre Kinder auch immer früher in Sprachkurse, da will man schließlich nicht hintanstehen. Doch wie war das noch mit den blinden
     Lemmingen? Nur weil sie alle denselben Weg wählen, bedeutet das noch lange nicht, dass es auch der richtige ist.

    Neurobiologen sprechen gern von Synapsenvernetzung und Zeitfenstern, die sich bei Kindern schon früh wieder schließen. Viele folgern
     daraus, Kinder sollten schon im
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